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Trendgetränk Cascara
Murnauer Kaffeerösterei vertreibt Bio-Kaffeekirschentee

Dass Kaffee aus Kaffeebohnen hergestellt wird, weiß in Deutschland jedes Kind. Dass es sich dabei um die Samen der Kaffeekirsche handelt und sich auch deren Fruchtfleisch zu einem aromatischen Tee aufbrühen lässt, ist dagegen eine bei uns noch weithin unbekannte Erkenntnis. Erst im letzten Jahr wurde der Kaffeekirschentee ‚Cascara‘ in der EU als Lebensmittel zugelassen. Einer der Vorreiter, die ihn bereits im Sortiment haben, ist die Murnauer Kaffeerösterei.
‚Cáscara‘ ist spanisch für Hülle. Für das gleichnamige Aufguss-Getränk aus Kaffeekirschen wird die Schale inklusive des anhaftenden Fruchtfleischs verwendet. Beide sind reich an Nährstoffen, etwa Polyphenolen und Flavonoiden, und enthalten sehr viel Koffein – deutlich mehr als die Bohnen. Geschmacklich ist das Ergebnis sehr vielseitig und hängt von den verwendeten Sorten, dem Anbaugebiet sowie von der Herstellungsart ab. Testtrinker berichten von Hibiskusnoten und den Aromen süßer Früchte wie Pflaume, Aprikose oder Dattel, verbunden mit einem herben Abgang, der an schwarzen oder Mate-Tee erinnert. Das Aufguss-Getränk ist sowohl als purer Tee als auch als Latte, mit Gewürzen oder als kalter Drink mit Zitronenlimonade oder Tonic Water genießbar.
Verkaufsstopp durch EU-Prüfung
Die ersten Cascaras kamen schon vor ein paar Jahren auf den europäischen Markt. Im Dezember 2016 wurde die Kaffeekirsche dann allerdings in den Novel-Food-Katalog der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) aufgenommen. Damit durften Cascara-Produkte ab 2017 nicht mehr verkauft werden, bevor die „eingehende Prüfung“ durch nationale Lebensmittelbehörden nicht erfolgt war.
Im Jahr 2022 wurde der Cascara schließlich nach der Novel-Food-Verordnung als traditionelles Lebensmittel aus Drittländern zugelassen und darf seither als fertiges Aufgussgetränk oder in getrockneter Form zur Zubereitung von Aufgussgetränken in der EU verkauft werden.
Direktbezug von peruanischen Kaffeebauern
Der Cascara der Murnauer Kaffeerösterei kommt aus Peru, von der Kaffeekooperative Asociación Miguel Grau. Mit dem Projekt ‚Coffee Cherry Tea‘, das die Kaffeerösterei gemeinsam mit der Kaffeemarke Pacha Mama ins Leben gerufen hat, gab sie der Kooperative eine Hilfestellung dabei, die Cascara-Herstellung innerhalb von drei Jahren gewinnbringend und auf nachhaltige Weise als zusätzliches Standbein aufzubauen. Während des Verkaufsstopps in Europa habe man vor Ort an der Weiterentwicklung des Produktes, der Steigerung der Qualität und der Ausarbeitung des Geschmacksprofils gearbeitet.
Natural versus Washed Cascara
Im Herstellungsprozess unterscheidet man zwischen Natural und Washed Cascara. Bei der Natural-Methode wird das Fruchtfleisch erst nach dem Trocknen der gesamten Frucht von der Bohne entfernt. Die Trennung erfolgt maschinell durch Reibung und Druck, weshalb Natural Cascara auch viel ‚zersplitterter‘ aussieht als die ‚Washed‘-Variante.
Für die Murnauer Kaffeerösterei ist die nasse Aufbereitung die bessere Wahl. Dabei werden die Kirschen zunächst in einem Wasserbecken gewaschen, wobei un- oder überreife Früchte nach oben treiben und aussortiert werden können. Nach dem Waschen wird das Fruchtfleisch der Kaffeekirschen entfernt und dann für circa drei Tage in der Sonne getrocknet. „Die ersten 24 Stunden sind die heikelste Phase, es muss alles schnell trocknen, sonst ist die Ware verdorben“, berichtet Walter Knauer, der Import und Vertrieb bei Pacha Mama verantwortet.
Bestes Aroma durch gründliches Trocknen und die richtigen Sorten
Pacha Mama und die Murnauer Kaffeerösterei haben die Kooperative bei der Anschaffung von Gewächshauszelten und sogenannten ‚African Beds‘ unterstützt. Das sind Hochgestelle, die ein homogenes und schnelles Trocknen von oben und unten gleichzeitig ermöglichen. Die Zelte sind winddurchlässig und schützen den Cascara vor Regen. „Das ist wichtig, denn selbst wenn das Fruchtfleisch nur leicht angeregnet wird, kann man die Ernte vergessen“, so Knauer. Eine gute Trocknung sei auch Voraussetzung dafür, dass sich das Aroma optimal entwickeln kann.
Ein gutes Aroma erreiche man außerdem nicht mit jeder Kaffeesorte. Deshalb werden viele unterschiedliche Varietäten für Cascara getestet. „Das Fruchtfleisch muss eine gute Balance zwischen süß und sauer haben. Bisher erfüllen das bei uns die Varietäten Caturra und Catuai“, erklärt Senilda Quispe, Herstellerin der Asociación Miguel Grau. Dass keinerlei Chemikalien zum Einsatz kommen, versteht sich in der Asociación, die selbst einen ökologischen Anbau verfolgt, von selbst.
Traditionsgetränk mit Mehrwert
Auch wenn Cascara in Europa erst jetzt auf den Markt kommt, ist es global betrachtet kein neues Getränk. „Menschen tranken Cascara wohl schon lange, bevor man daran dachte, die Bohnen aus der Kaffeekirsche zu lösen und zu rösten“, erzählt Knauer. Bauern im Jemen, in Arabien oder Bolivien sollen den Kaffeekirschentee bereits vor hunderten Jahren getrunken haben. Auch beim Aufkommen des Kaffeehandels blieben sie dabei, weil das Getränk deutlich billiger war als Bohnenkaffee. Darauf, auch das Fruchtfleisch der Kaffeekirsche zu verkaufen, kam man allerdings erst in den letzten Jahren.
„Gegenüber der Bohne war das Fruchtfleisch nicht interessant genug, schon gar nicht im industriellen Maßstab. Es wurde meistens als natürlicher Dünger, Tierfutter oder Brennmaterial verwendet, oft genug landete es auch auf dem Kompost“, weiß Knauer. Indem die Kaffeefrucht kommerziell verwertet wird, können die Hersteller ein zusätzliches Einkommen erzielen. So konnten die Kaffeebauern der Asociación Miguel Grau ihre Einkünfte um 25 Prozent steigern.
Deutsche Endverbraucher können den Cascara der Murnauer Kaffeerösterei aktuell in zwei verschiedenen Größen kaufen: im 50-Gramm-Pack für 4,90 Euro oder in der 120-Gramm-Packung für 9,90 Euro.
Lena Renner