Mehl
Bio-Mehl und Mischungen: Von den Basics hin zu den Trends

Mehl gehört zu den Warengruppen mit einem seit Jahren relativ stabilen Absatz. Relativ, da in der Adventszeit generell mehr gebacken wird. Die Fülle an Bio-Mehlsorten und -qualitäten zeigt, dass das Mehl-regal keinesfalls staubtrocken sein muss. Zumal sich mit Spezialmehlen neue Kundengruppen erreichen lassen. Und wer mit Convenience in schmeckbarer Qualität punkten will, findet allerlei Bio-Backmischungen.
Mehl ist eine Wissenschaft für sich: Die Qualität, sprich die Backeigenschaften, erfordert regelmäßige rheologische und chemische Untersuchungen sowie viel Knowhow. Das gilt gleichermaßen für Bio-Mühlenbetriebe, -bäcker und Anbieter, doch kommt hier ein intensiver Austausch mit den Partnerlandwirten dazu. Primär ist die Mehlqualität für das Backgewerbe und andere verarbeitende Betriebe relevant. Zugleich gehören Mehle zu den Basisprodukten im Haushalt. Hier überzeugen Bio-Mühlen und Anbieter ebenfalls mit einer umfassenden Auswahl, sei es bezüglich des eingesetzten Korns, des Ausmahlungsgrads oder der Inhaltsstoffe.
Was sollte im Bio-Mehlregal keinesfalls fehlen?
Steuern Kunden das Regal mit den Backzutaten an, suchen sie meistens Standardprodukte. Insofern bieten sich auf jeden Fall die Klassiker aus Weizen und Roggen an – ergänzt durch Dinkelmehl als einem der Bio-Favoriten. Weizen dürfte insgesamt bei der Absatzmenge vorn liegen, Dinkel beim Umsatz.
Waren für Bio dabei früher vor allem hoch ausgemahlene, dunkle und Vollkornmehle typisch, so geht die Entwicklung eindeutig zu hellen Mehlen mit niedrigeren Typenzahlen. „Grundsätzlich laufen helle Mehle besser als die Vollkornmehle“, bestätigt Charlotte Ruck, Marketingleiterin der Spielberger Mühle. Weizenmehl Type 550 sei das meistverkaufte Produkt, dicht gefolgt von Dinkelmehl 630 und Weizenmehl 405.
„Eine stabile Zielgruppe legt aber weiterhin Wert auf hochwertige und vollwertige Mehle“, ergänzt sie. Ein Blick auf das Vollsortiment in Demeter- oder Bio-Qualität, mit dem die Spielberger Mühle den Bio-Fachhandel versorgt, mag das breite Spektrum an Möglichkeiten exemplarisch verdeutlichen:
- Weizenmehl der Typen 405, 550, 1050 und Weizen-Vollkornmehl,
- Dinkelmehl Type 630 und 1050 sowie Dinkel-Vollkornmehl,
- Roggenmehl Type 1150 und Vollkornmehl, Einkorn- und Emmer-Vollkornmehl, Soja-, Buchweizen-, Mais- und Reismehl, daneben Spezialmehle und Mischungen.
Bei anderen breit aufgestellten Bio-Mühlenbetrieben ist ähnliches zu hören. Insofern sollte man für ein Bio-Mehl-Sortiment pro Getreide zumindest zwei, drei Varianten vorrätig halten. Einer übersichtlichen Optik wegen bietet es sich an, sich dabei auf eher wenige Herstellermarken zu beschränken − und diese sinnvollerweise ansprechend in Sichthöhe zu präsentieren.
Dabei kommt ein regionaler Bezug immer gut an. Während unter anderem das Gros im Getreide-Vollsortiment der Mahlerzeugnisse bei der Antersdorfer Mühle zusätzlich das ‚regional & fair‘- Logo trägt, ist es bei der klassischen ‚Mehlzauber‘-Auswahl der Kunstmühle Reisgang das Bayrische Bio-Siegel.
Darüber hinaus gilt, dass die Siegel der anerkannten Bio-Verbände in der Bevölkerung hohes Vertrauen genießen, wobei deren Richtlinien tatsächlich über das Niveau des europäischen Bio-Siegels hinausgehen.
Manche Hersteller wollen die Wertigkeit ihrer Mehle, auch bei Standardsorten, noch deutlicher herausstellen und durch ein frisches Design zugleich junge Bio-Zielgruppen erreichen.
Beispielsweise Landmacher, eine Erzeugermarke von rund 150 Landwirten aus Süddeutschland. Hier ziehen die weißen Papiertüten mit einer großen Fotoabbildung der jeweiligen Getreidesorte und einem daneben gezeichneten Trecker den Blick auf sich.
Auch der Bauckhof will mit einem aktuellen Verpackungsrelaunch Wertigkeit und Modernität stärker vereinen. In diesem Fall bilden je nach Getreide unterschiedlich farbige Verpackungen einen schönen Kontrast zum abgebildeten Mehl. Größe, Preis und EAN sind praktischerweise gleich geblieben.
Eine gefragte Spezialität unter den Standardmehlen sind solche aus besonderen, alten Brotgetreidearten. Bei konventionellen Anbietern Mangelware, findet man bei Bio-Mühlen zum Beispiel Emmer-, Einkorn-, Gelbweizen- oder Khorasanmehl.
Wie kommt man dem Wunsch nach gluten- oder weizenfreien Alternativen entgegen?
Genauso wie beim Ganzkorngetreide bietet der Bio-Markt zahlreiche Spezialmehle und Mischungen ohne das Klebereiweiß Gluten. Die Klassiker für Zöliakiebetroffene sind Reis- und Maismehl. Dank Herstellern wie Bauckhof oder Naturkornmühle Werz stehen daneben auch Vollkorn- und helle Mehle aus Buchweizen, Hirse und der Zwerghirse Teff zur Auswahl.
Genauso finden sich vermahlene Rohstoffe aus Pflanzen, die weder zum Getreide noch zum Pseudogetreide zählen. Mal ergänzen etwa Kichererbsen- oder glutenfreies Hafermehl die Auswahl (Bauck), mal die Trendprodukte Amaranth, Quinoa, Braunhirse und Kokos (Werz).
Mittlerweile greifen bei den populären Alternativen auch viele Menschen zu, die nicht unter Glutenunverträglichkeit oder Weizeneiweißallergie leiden, und verarbeiten die Mehle als Zusatz beim Backen und Kochen. Soweit die Mehle sicher verpackt sind und die durchgestrichene Ähre der Deutschen Zöliakie Gesellschaft Orientierung gibt, bleibt zu überlegen, ob sich die bislang übliche Einordnung in ein Allergiker-Spezialregal vielleicht erübrigt.
Was ist aktuell bei Veganern oder anders gesundheitsorientierten Verbrauchern angesagt?
Der Übergang zu den Spezialitätenmehlen ist fließend, wobei in diesem Fall ein besonderes Aroma oder die besondere Nährwertzusammensetzung im Mittelpunkt des Interesses stehen.
Im Zuge dessen sind auch Anbieter, die sich ansonsten weniger auf Mühlenprodukte konzentrieren, in diesem Bereich aktiv geworden. So umfasst etwa das Portfolio von Govinda Natur ebenfalls Mehl aus Amaranth, Teff, Kokosnuss und Kichererbse, dazu Braunhirse, Kastanien, Süßlupinen und Traubenkernen.
Die Kilo-Preise liegen generell deutlich über denen für normale Mehle − zwischen knapp 9 Euro für Braunhirse- und 22 Euro für Kastanien- oder Traubenkernmehl. Für die gesundheitsorientierte und / oder eifreie Ernährung kommen die Mehle dennoch gut an, zumal in der Regel weniger eingesetzt wird und sich die Kosten dadurch relativieren.
Die steigende Nachfrage werde den Markt für getreide- und glutenfreie Backwaren weiter ebnen und durch das steigende Bewusstsein für nachhaltig angebaute Bio-Produkte ergänzt werden, heißt es dazu bei agaSaat. Selber greift das Saatgut-Unternehmen das Thema mit einem teilentölten Bio-Leinmehl in wiederverschließbaren 250-Gramm-Alu-Membrandosen auf.
Betont wird zum einen der Gehalt an Eiweiß (Protein), Ballaststoffen und an zu den Phytoöstrogenen zählenden Lignanen. Zum anderen zeichne sich Leinmehl durch gute Quellfähigkeit aus und biete sich gleichermaßen für eine vegane (eifreie), zöliakische und Low-Carb-Ernährung an.
Die ansprechende gelbliche Farbe des feinen Mehls rührt daher, dass agaSaat dafür hellfarbigen Lein angebaut hat. Letzteres mit ausgesuchtem und geprüftem Saatgut auf eigenen Feldern in Flandern, Frankreich und Ostdeutschland.
Indem es ebenfalls Eier ersetzt, hochwertiges Eiweiß und aus mehr oder weniger heimischem Anbau stammt, weißt Süßlupinenmehl ähnliche Vorteile auf. Eingesetzt wird das Hülsenfruchtmehl nicht zuletzt als Alternative zu Sojamehl in low-carb Backwaren. Die meisten Bio-Anbieter, unter anderem Grell Naturkost oder Rapunzel, verarbeiten hier bitterstofffreie Lupinen aus deutschem Bio-Anbau, teils auch aus Nachbarländern wie Frankreich und Polen.
Lupinenmehl verdeutlicht dabei einmal mehr die Ansprache von unterschiedlichen Zielgruppen: So läuft es bei Raab Vitalfood als Lupinen Protein – anstelle des Mehlcharakters wird also der natürliche hohe Eiweißgehalt hervorgehoben - so wie auch die Ölmühle Moog unter anderem bei Protein-Lein- und Protein-Kokosmehl verfährt.
Was Kokosmehl betrifft, so punktet das im Trend liegende Mehl noch mehr mit einem erstaunlich hohen Ballaststoffgehalt von rund 40 Prozent. In naturbelassener Qualität kommt sein charakteristisches mild süßes Aroma hinzu. Obwohl es aus tropischen Gebieten importiert werden muss, haben es zahlreiche Bio-Anbieter ins Programm aufgenommen. Das sind unter anderem Dr. Goerg, Tropicai, EgeSun und Kulau, wobei diese oft soziale und faire Anbauprojekte fördern.
Welche Rolle spielen Spezialmehle und Mischungen?
Unter dem Stichwort Bio-Spezialmehl lassen sich besondere Mehlqualitäten zusammenfassen, die das Backergebnis verbessern sollen. Bio-Hersteller setzen dafür nicht einfach maßgeschneiderte Enzyme ein, sondern mischen unterschiedliche Getreidepartien oder arbeiten mit speziellen Mahltechniken und Verarbeitungsmethoden.
Die Mehle spielen vorwiegend im B2B-Bereich eine Rolle, wobei Bio-Bäcker und andere Verarbeiter auf den Service der Erzeugergemeinschaft Kornkreis, Siebrecht & Söhne, A+S Biotec, Kröner Stärke und der Meyermühle zurückgreifen können.
Am Beispiel von Quell- und Ruchmehl lassen sich einige Vorteile veranschaulichen: Bei Quellmehlen, die etwa Kröner im Programm hat, wurde die Getreidestärke durch Walzentrocknung rein physikalisch teilaufgeschlossen. Dadurch erhöht sich die Wasserbindung im Teig, und die Backwaren sollen eine bessere Frischhaltung aufweisen.
Ruchmehl ist ein vor allem im Alpenraum bekanntes dunkles Spezialmehl aus Weizen. Es enthält neben Teilen des Mehlkörpers einen Teil der Kornschale und damit einen höheren Gehalt an Mineralstoffen und Vitaminen als hellere Weizenmehle. So erklärt es die Meyermühle, die vor allem das Bäckergewerbe versorgt. Bio-Dinkel-Ruchmehlbrot und andere Produkte aus den Spezialmischungen zeichneten sich durch eine krossere Kruste und einen aromatischen, herzhafteren Geschmack aus.
Vereinzelt finden aber auch Endverbraucher optimierte Mehle. So bietet die Spielberger Mühle ein Spätzle- sowie ein Spätzle- und Nudelmehl aus Dinkelmehl mit Grießanteilen an, ebenso wie zwei glutenfreie Mehlmischungen für helle und dunkle Backwaren.
Im Unterschied dazu enthalten der glutenfreie Mehlmix Universal vom Bauckhof und das 4 Korn-Vollkornmehl von Werz bereits die nötige Menge eines Bindemittels wie Guarkern- beziehungsweise Johannisbrotkernmehl und führen als backfertiges Produkt nahtlos zu den Backmischungen.
Entsprechend der Nachfrage wächst die Auswahl an praktischen BioFertigmischungen beständig. Verbraucher können hier Produkte erwarten, die auch ohne modifizierte Stärken oder andere Zusatzstoffe einfach und sicher gelingen.
Zahlreiche Backmischungen sind frei von Gluten oder vegan beziehungsweise für die vegane Zubereitung geeignet. Das vergrößert die dank Anbieter wie Bauckhof oder Rosenfellner Mühle sowieso sehr vielgestaltige Auswahl einmal mehr: Backmischungen für (Schnell)Brot, Brötchen, Kuchen und Brownies oder andere Süßgebäcke, Pizzaböden.
Bettina Pabel
Mehlklassiker: von hellem Auszugsmehl bis zu Vollkorn
- glutenfreie Mehlklassiker: von Hafer bis zu Reis
- Spezialitätenmehle: für besondere Ernährungsansprüche
- Spezialmehle: Mehlmischungen, Spätzlemehl u.ä. / Quellmehle u.ä.