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Tegut

tegut.. glänzt mit Bio-Frische

Konzept für Expansion in den Süden geeignet

Der mittelständische Lebensmittelfilialist tegut.. aus Fulda in Hessen beeindruckt mit dem breitesten und tiefsten Bio-Sortiment im deutschen LEH. Der Bio-Anteil am Umsatz von rund 1,2 Milliarden Euro liegt bei 23 Prozent. Das schafft sonst kein filialisierter Vollsortimenter. Die Bio-Frische ist einmalig in der deutschen Handelslandschaft. Nach der Übernahme durch die Migros Zürich im Januar 2013 ist tegut nun für eine Expansion gerüstet, um das Konzept des qualitätsorientierten Supermarktes mit hohem Bio-Anteil an die geeigneten Standorte bis nach Süddeutschland zu bringen.

„Ehe wir einen Markt in Heidelberg eröffnen wird es sicher das Jahr 2015/16“, bremst Geschäftsleiter Thomas Gutberlet. Rhein und Neckar aufwärts in den Bio-Hochburgen Karlsruhe, Freiburg, Stuttgart und Tübingen könnte tegut den Hunger auf Qualität stillen. Das Konzept passt in den Ballungsräumen dort noch besser als in der ländlichen Rhön, der Heimat von tegut.

tegut verfügt mit mehr als 3.000 Lebensmittelartikeln über ein Bio-Vollsortiment und kann sich mit einem Naturkostfachgeschäft vergleichen. Im Non-Food-Bereich bietet der Vollsortimenter ebenfalls noch eine Reihe ökologischer Produkte an. Durchschnittlich 300 Naturkosmetik-Artikel vermarktet tegut. Textilien aus Bio-Baumwolle und ökologische Wasch-, Putz- und Reinigungsmittel. Die Summe der Bio-Produkte wird in nächster Zeit nicht erhöht. „Wir werden das Sortiment aber weiter optimieren“, ­erläutert Gutberlet. 

tegut.. bringt Bio ins Dorf

Ein wichtiger Teil der Kunden im Vertriebsgebiet leben in kleinen Gemeinden ohne Naturkostfachgeschäft. „Wir können auch in kleinere Orte gehen“, nennt Gutberlet die Vorteile des Vollsortimenters. Durch die Sortimentsplatzierung und den Verzicht auf einen Bio-Block wird der Durchschnittskunde angesprochen.

Die Beratungsleistung des Bio-Ladens kann tegut allerdings nicht erbringen. Aber der Supermarkt kann neue Bio-Kunden gewinnen und Gelegenheitskunden versorgen. Durch Bio-Sonderangebote wird der Absatz auf klassische Weise gesteigert, mit dem Ziel Dauerkunden zu gewinnen.

Die Hälfte des Bio-Umsatzes wird mit Frische gemacht. Obst und Gemüse, Mopro, Fleisch, Wurst und Backwaren sind die Stärken im Bio-Sortiment. „Der Frische-Bereich hat in Bio eine enorme Entwicklung gemacht. Bei Obst und Gemüse hat es durch EHEC einen Dämpfer gegeben für Gurken und Tomaten“, sagt Gutberlet. Mit Frische kann sich ein Einzelhandelsunternehmen profilieren. Das Trockensortiment der Industrie ist mehr oder weniger einheitlich. „Frische ist das, womit man sich im Handel von anderen unterscheiden kann“, macht er deutlich.

Obst und Gemüse ist die Warengruppe mit dem höchsten Bio-Anteil, 40 bis 50 Prozent sind es in den besten Standorten. Deutschland verzeichnet eine wachsende Zahl von Menschen, die den Fleisch-Konsum reduzieren oder sogar auf vegetarische Ernährung umsteigen. Das müsste mittelfristig zu mehr Gemüse-Verbrauch führen.
Konsequente

Zuordnung bei Bio

Auch bei biologischem O + G ordnet tegut konsequent zu. Innerhalb der Obst- und Gemüseabteilung existiert kein Bio-Block wie das sonst Gepflogenheit im LEH ist. Bio ist integriert und somit Normalität.

Bio beschafft der Händler bevorzugt aus der Region. In Thüringen, Franken und der Pfalz wird Bio-Gemüse saisonal geerntet. Bei Bio-Kartoffel versorgt sich tegut ganzjährig mit regionaler Bio-Ware aus Franken. „Bei der richtigen Sorte und entsprechender Lagerung ist das kein Problem“, sagt der tegut-Chef.

tegut beteiligt sich an Bio-mit-Gesicht. Das Gemüse ist mittels Internet rückverfolgbar bis zum Bauern. Der QR-Code trifft nach den Erfahrungen des Handelsunternehmens dagegen auf weniger Interesse beim Kunden. Nur selten fotografiert ein Kunde im Markt mit dem Smartphone den entsprechenden Code auf einem Produkt, um via Internet während des Kaufs an Zusatzinformationen zu kommen.

Beim Bio-Apfel ist Regionalität nicht möglich. In der Rhön gedeihen Saftäpfel. Die Bio-Tafeläpfel kommen aus dem alten Land, vom Bodensee und aus Südtirol. Die tegut-Märkte führen nicht nur einen Bio-Apfel. Hier werden verschiedene Sorten angeboten. Gala, Braeburn, Elstar, Jonagold, Topaz: Vielfalt bringt mehr Bio-Käufer.

Die Ansprüche der Kunden an das grüne Sortiment wachsen. Mehr Qualität ist gefragt. Frühreif geerntete, preiswerte Ananas schmecken nicht so süß wie vollreife Früchte. „Ananas ist bei uns im Verkauf nicht so stark“, weiß Gutberlet. Für mehr Genuss müsste sie fliegen. Flug-Ananas und Bio-Gedanke stimmen allerdings nicht überein.

Samenfeste Sorten sind mehr und mehr gefragt, hat das Handelsunternehmen beobachtet. Das zeugt von einer wachsenden Anzahl gut informierter Konsumenten. Möhren aus biologisch-dynamischem Anbau haben eine feste Käuferschicht gefunden.

Bio ist bei den nationalen Ketten verpackt. tegut verkauft auch lose. Da hat der Kunde mehr Wahlfreiheit und kann individuelle Mengen kaufen. Die böse Überraschung, wenn von den teuren vier Bio-Äpfel im Foodtainer einer angefault ist, bleibt da aus. Abgepackt wird nur noch wenig. Bei Volumenartikeln hält Gutberlet das für sinnvoll, weil der Kunde unter Zeitdruck gerne einfach zugreift und nicht zusammen suchen will. 

Trend zu frischer Convenience

Aus dem konventionellen kommt der Trend zum geschnittenen Obst und Gemüse. „In Großbritannien ist der Trend stärker als bei uns. Dort gibt es viel mehr frische Convenience“, sagt Gutberlet. Die gesellschaftliche Entwicklung mit immer kleineren Haushalten fördert die Entwicklung. Eine halbe oder viertel Wassermelone lässt sich besser verkaufen als eine ganze. „Die Leute wollen ihre Lebensmittel mundgerecht“. Damit verringert sich der Abfall zuhause.

Die Schneidebetriebe können den Abfall als Tierfutter, Kompost oder in Bio-Gasanlagen verwerten. Dem Handel bringt es zusätzliche Wertschöpfung. Der Kunde zahlt für den Vorteil.

Bei Frischfrucht gehen die Preise hoch und runter je nach Erntemengen. Die Tendenz zeigt aber generell nach oben. „Das ist grundsätzlich keine schlechte Entwicklung. Die Menschen in den Herkunftsländern wollen auch besser leben“, merkt Gutberlet an.

Mopro ist die zweitwichtigste Kategorie im Bio-Sortiment. Die Upländer Bauernmolkerei ist bei der weißen Bio-Linie der Hauptlieferant. tegut bietet hier mehr als andere. Das Bio-Sortiment geht in die Tiefe, wie das Beispiel Bio-Butter zeigt. Süßrahm- und Sauerrahm-Butter eine kleinere 125-Gramm-Abpackung und eine Demeter-Butter von der Molkerei Schrozberg sind erhältlich. Bio-Trinkmilch ist nach wie vor der dominierende Artikel in der weißen Linie. Neben dem üblichen Tetrapak kann der Kunde die gute alte Glasflasche von Schrozberg wählen. Bio-Jogurt und -Schlagsahne im Glas finden die Kunden ebenfalls in den tegut-Märkten.

Die Käsetheke und das Prepacking glänzt durch einen hohen Bio-Anteil. Hier ist Qualität gefragt. Der Preis ist nicht vorrangig. Hier kaufen Kenner, die Käse aus Rohmilch wünschen. Auch Ziege und Schaf erfreut sich in Bio hoher Nachfrage.

Die Fischtheke ist ein schwieriges Thema und funktioniert nicht an jedem Standort. Von den rund 280 tegut Märkten bieten 50 Fisch in Bedienung an. Das Sortiment: Fisch aus nachhaltigem Wildfang mit dem MSC-Siegel und Fisch aus biologischer Aquakultur. „Wir versuchen attraktive Theken zu bieten. Allerdings müssen wir unseren Umschlag haben“, weist Gutberlet auf das Problem der Rentabilität hin. Das bedeutet dann acht bis zwölf Sorten Bio-Fisch. Zuviel macht keinen Sinn. Ein hoher Einkaufspreis bedingt hohe Kosten bei eventuellen Abschriften.

Bio-Fischlieferant ist wie fast immer im LEH die Deutsche See aus Bremerhaven. „Es gibt sonst niemanden, der eine solche Logistik hat. Nur die Metro hat eine eigene Lösung. Bei dem kleinen Sortiment würde sich auch kein zweiter Lieferant lohnen“, erläutert Gutberlet. An der Fischtheke gibt es ein hohes Bedürfnis nach Beratung, egal ob Bio oder nicht.

„Der Deutsche isst heute mehr Fisch als früher. Es wird auch mal selbst entgrätet oder Fisch wandert auf den Grill. In den letzten beiden Jahren gab es allerdings keinen großen Anstieg mehr im Verzehr“, so Gutberlet. 15,7 Kilo pro Bundesbürger waren es 2010. Allerdings stammten nur acht Prozent davon aus der Fischtheke. Ein Drittel kommt aus der Tiefkühltruhe.

Hier bietet tegut mit followfisch nachhaltige Alternativen in Bio  oder mit dem MSC-Siegel. Fischstäbchen, das Produkt Nummer eins, gibt es unter anderem von followfish mit Kabeljau und MSC-Auslobung. Im Kühlregal ist der Bio-Lachs bei dem hessischen Filialisten längst ein Standardartikel.

Bei Bio-Fleisch Vorteile für LEH

Beim frischen Bio-Fleisch hat der LEH oft Vorteile gegenüber dem Fachhandel. Bei den Kunden von Bioläden ist der Anteil der Vegetarier höher. Zudem ist die Kunden-Frequenz im Supermarkt höher. „Unsere Fleischtheke ist oft die bessere Wahl“, meint Gutberlet. Der Preis-Unterschied zwischen konventionell und Bio ist bei Fleisch nach wie vor hoch.

„Bei Geflügel ist der Bio-Abstand immer noch am größten. Bio-Geflügel ist viermal so teuer. Und das muss auch so sein. Die Tiere leben länger und verwerten mehr teures Futter“, erklärt er. Beim Rindfleisch ist es nur Faktor zwei. tegut hat den Versuch unternommen, konventionell komplett durch Bio zu ersetzen. „Das hat nicht funktioniert. Wir hatten maßgebliche Einbußen“, räumt Gutberlet ein. kff aus Fulda ist hier der Lieferant. Bei Fleisch ist Beratung gefragt. Da ist Bedienung sinnvoll.

Das Sortiment aus kontrolliert biologischem Anbau bietet Genuss, beschert Essvergnügen und lockt anspruchsvolle Kunden. Obendrein ist das Sortiment aus biologischer Landwirtschaft nachhaltig. Die neuen tegut-Märkte sind zusätzlich umweltfreundlich gebaut. In Mühlheim am Main ist so ein Markt im November 2012 eröffnet worden.

Der umweltfreundliche Supermarkt spart rund 20 Prozent Energie gegenüber den älteren Typen ein. Das Gebäude ist isoliert. Die Kühltechnik ist energieeffizient ausgelegt mit Wärmerückgewinnung. Die Mopro-Regale und TK-Truhen sind selbstverständlich verglast. Beleuchtet wird mit energiesparenden LEDs. Die sind zwar noch teuer, der Spareffekt bei den Stromkosten gleicht das jedoch in kurzer Zeit aus. Hier kann man dann von einem durch und durch nachhaltigen Einkaufserlebnis sprechen.

Anton Großkinsky

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