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Bio-Rind wertschätzen: von Anfang bis Ende
Erzeugergemeinschaft ‚Bio Rind & Fleisch‘ vermarktet Premiumware

Sich im Preiskampf behaupten, den Mehraufwand für die Bio-Haltung finanziert bekommen und im Lebensmitteleinzelhandel Fuß fassen: Dafür hat sich die Erzeugergemeinschaft ‚Bio Rind & Fleisch EZG‘ mit Sitz in Gusterath bei Trier zusammengetan. Inzwischen erwirtschaften die Landwirte gemeinsam einen Jahresumsatz von 5,5 Millionen Euro. Unter der neuen Marke ‚Endegut‘ werden Produkte aus Hofschlachtung angeboten – zunächst für Online-Kunden, mit Luft für andere Absatzkanäle.
Vor gut zehn Jahren wurde die Erzeugergemeinschaft ‚Bio Rind & Fleisch EZG‘ von acht Bio-Bauern aus Rheinland-Pfalz ins Leben gerufen. „Wir wollten Bio-Rinder auch als Bio verkaufen“, erklärt der angestellte Geschäftsführer Flavio Traxl die Motivation der Gründer. In Eifel und Hunsrück sei das teils eine Katastrophe gewesen, wo die überall gelandet sind. Mit Hilfe der Erzeugergemeinschaft können die Landwirte ihr Bioland-Fleisch jetzt gebündelt in den Kanal der Edeka Südwest liefern.
Mittlerweile gehören 60 Mitglieder als ‚Stille Gesellschafter‘ zur EZG, die als GmbH organisiert ist. Das Stammkapital liegt immer noch bei den acht Gründungsbauern, die anderen Gesellschafter haben aber annähernd die gleichen Mitbestimmungsrechte. Dazu kommen um die 100 kooperierende Landwirte, die die EZG mit Fleischrindern beliefern und in den Schlachtplan eingeplant werden: aus dem Saarland, Rheinland-Pfalz, Hessen sowie Teilen von Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.
Die EZG übernimmt bei Bedarf den Transport zum Schlachthof – über die Zusammenarbeit mit verschiedenen Schlachthöfen sollen die Wege möglichst kurz gehalten und eine regionale Lieferung ermöglicht werden. Früher gab es auch Bio-Schweinefleisch im Programm, inzwischen habe man sich aus wirtschaftlichen Gründen dagegen entschieden. Vom Schlachthof reist die Ware weiter ins Fleischwerk der ‚Edeka Südwest Fleisch‘ in Rheinstetten (bei Karlsruhe) – „die modernste Metzgerei Deutschlands“, meint Traxl. Hier wird sie zerlegt, verpackt und in die verschiedenen Märkte versendet.
Zur Belieferung der Edeka hat sich die EZG mit zwei anderen Bioland-Fleisch-Lieferanten zusammengetan: der Bio-Landgut Fleisch EZG GmbH aus Baden-Württemberg und der BFG Bio-Fleisch GmbH aus Bayern. „Zusammen sind wir zwischen 400 und 500 Betriebe“, so Traxl.
Regionales Premiumfleisch im LEH
75 Prozent der EZG-Ware geht heute an die Edeka Südwest. Daneben gehört auch die Rewe mittlerweile zu den Hauptabnehmern. Schon lange besteht ein Vertrag mit der Rewe West, an die Rindfleisch aus Rheinland-Pfalz und NRW geliefert wird – in rund 45 Märkten. Hierfür wird die Zerlegung, Vakuumierung und Etikettierung von der Metzgerei Bayer übernommen, einem Familienunternehmen in Niederwallmenach (Taunus).
Weil der Verkauf gut lief, hat die EZG versucht, auch in der Rewe Mitte Fuß zu fassen. Erfolg brachte hier das Projekt ‚Hessisches Bio-Weiderind‘, an dem die Erzeugergemeinschaft als Partner beteiligt ist. Das Projekt wurde 2022 gestartet und wird vom hessischen Landwirtschaftsministerium gefördert. Zur Auszeichnung ‚Hessisches Bio-Weiderind‘ gehören neben der garantiert hessischen Herkunft Kriterien wie mindestens 500 Quadratmeter Weidefläche pro Großvieheinheit und mindestens 120 Weidetage (mit je 24 Stunden Weidezeit) pro Jahr. Die entsprechenden EZG-Rinder werden in Fulda geschlachtet und von der Metzgerei Eidmann aus Bruchköbel (bei Hanau) zerlegt. Das Konzept kommt gut an: 28 Betriebe der EZG beliefern heute 37 Märkte der Rewe Mitte, mit durchschnittlich gut sechs Tieren pro Woche. „Sie bekommen meines Wissens den höchsten Rindererzeugerpreis, den es aktuell in Deutschland gibt!“, freut sich Traxl. „Da müssen wir hin.“
Bio-Fleischmarkt: zwischen hohem Absatz und Hackfleischniveau
Mit Preiskampf und der fehlenden Motivation von Händlern, sich für die Erzeuger einzusetzen, hat er viel Erfahrung. „Dabei ging es dem Bio-Fleischmarkt noch nie so gut wie aktuell!“, stellt er fest. Fleischware mit Qualitätssiegel werde gerade mehr konsumiert als früher, die Bio-Absatzmengen seien hoch. Allerdings müsse man die Entwicklung auch differenziert betrachten: Zwischen ‚Standard‘-Bio mit EU-Siegel und Verbandsware, regionalen und internationalen Produkten, Fleisch, Wurst und Dauerwurst gebe es große Unterschiede.
So sei der stärkste Artikel momentan Hackfleisch in EU-Bio-Qualität. „‚Wir brauchen Hack!‘, sagen meine Kunden“, berichtet Traxl. Der Handel könne Gehacktes eben am besten verkaufen. „Aber ein Tier besteht nicht nur aus Hackfleisch!“, kritisiert er. Der Trend bewege sich immer mehr weg vom Ganztierthema und auch der Tierpreis sinke so auf ‚Hackfleischniveau‘. Ein weiteres Problem sei das Verhältnis von Jung- und Alttieren, das gerade immer unausgewogener werde: Es würden deutlich mehr Tiere geschlachtet, als junge nachkommen.
Ein professioneller Blick auf Marktzahlen könne Landwirten vielleicht helfen, mehr Stabilität zu haben – das heißt etwa, bei Knappheit nicht plötzlich mehr zu produzieren, sondern das Niveau zu halten. „Auch das ist unsere Aufgabe als EZG“.
Tierwohl bis zur Schlachtung
Vor kurzem hat die Erzeugergemeinschaft erstmals eine eigene Marke ins Leben gerufen, die sich direkt an Endkunden richtet: Endegut, für Bio-Rindfleisch aus Hofschlachtung. „Das ist ein Herzensthema für mich“, sagt Traxl. Zwischen glücklichen Tieren auf der Weide und einem leckeren Steak sei momentan noch ein schwarzes Loch. Die Regel für den Weg zum Schlachthof sind sowohl für konventionell als auch Bio Lebendtiertransporte. Bioland hat sie auf maximal vier Stunden beschränkt. „Aber damit sind die Tiere trotzdem noch lange unterwegs, und haben anschließend Stress bei der Schlachtung“, stellt Traxl fest. Eine Bio-Schlachtverordnung fehle in Deutschland bisher.
Als die EU 2021 die Hofschlachtung – auch zur kommerziellen Vermarktung – wieder ermöglicht hat, war die Idee zur Marke Endegut geboren. Weil Traxl keinen Metzger gefunden hat, der die Hofschlachtung übernehmen wollte, hat er den nötigen Schein (Sachkundenachweis) einfach selbst gemacht und bietet die Dienstleistung nun höchstpersönlich an. Falls jemand selbst schlachten will, kann er die erforderliche Ausstattung – Schlachtanhänger und Betäubungsfalle – von Endegut mieten.
Was die Vermarktung angeht, gebe es im Handel in der Theorie für das Konzept Unterstützung – in der Praxis sehe es aber noch anders aus. „Die Rewe West war zuerst Feuer und Flamme, das nach vorne zu bringen“, erzählt Traxl. Wenn es dann aber darum geht, den Aufwand zu decken – momentan sind es Mehrkosten von 1,50 bis 2,20 Euro pro Kilogramm Warmschlachtgewicht – so sei die Begeisterung schnell wieder verebbt.
„Die Menschen haben das Verkäufer-Gen verlernt“, bedauert Traxl. Sie hätten sich an die zentralisierten und automatischen Abläufe gewöhnt und rechneten damit, dass 24 Stunden nach der Bestellung die Ware eintrifft. „Bei mir dauert die Lieferung aber um die zwei Wochen“ – eine große Demotivation. Das Schlimmste für die Märkte sei es, wenn ein Artikel nicht verfügbar ist. „Dabei ist es ein Alleinstellungsmerkmal, die Geschichte hinter einem Produkt erzählen zu können“, betont der Rindfleischexperte.
Die Geschichte von Endegut erzählt er bisher auf der eigenen Homepage. Dort können Kunden lesen, was die Marke anders macht, welches Handwerk und welcher Aufwand dahinter steckt – und dass ein entspanntes Tier nachher besser in der Pfanne schmeckt. So lasse sich auch der hohe Preis rechtfertigen: Rund 23 Euro pro Kilogramm Rindfleisch müssen aktuell aufgebracht werden. Derzeit ist die Ware nur für Selbstabholer verfügbar. „Wenn wir mehr Abnehmer gewinnen, könnten wir auch Kosten sparen“, erklärt Traxl.
Daneben ist Endegut auf Instagram vertreten und habe dort – quasi ohne Marketing-Budget – in wenigen Wochen über 1.000 Follower generieren können. „Das Thema ist gesellschaftlich relevant, die Leute springen darauf an!“, folgert Traxl.
Provokativ schlägt der EZG-Chef einen ‚Fleischlegitimationspass‘ vor: Wer Fleisch isst, sollte den Prozess der Schlachtung eigentlich auch einmal selbst miterlebt haben. Früher auf dem Dorf hätten die Leute noch viel von der landwirtschaftlichen Routine mitbekommen, aber heute sei der Bezug bei vielen völlig abhandengekommen.
Mit einem Film auf der Homepage zeigt Endegut ganz transparent, wie eine Hofschlachtung vonstattengeht. Über den professionellen und authentischen Online-Auftritt erhofft sich Traxl, irgendwann auch interessierte Händler auf den Plan zu rufen, sodass die Idee ausgeweitet werden kann. Bio-Fleisch nur noch aus Hofschlachtung statt vom Großschlachthof – das wäre der Traum.
Lena Renner