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Expertise: Bio-Kartoffel
Genossenschaft der Öko-Bauern bündelt Kräfte für Bio im Mainstream

100 Landwirte, 20.000 Tonnen Gemüse und Kartoffeln und 30 Millionen Euro Jahresumsatz: In 30 Jahren seit der Gründung hat sich die westfälische Bio-Erzeugergemeinschaft ‚Genossenschaft der Öko-Bauern‘ als Verbindungsstelle zwischen Höfen und Handel etabliert – und investiert weiter in die Zukunft. Dennoch bleibt der Kampf um faire Preise eine wöchentliche Herausforderung, die konventionelle Konkurrenz übermächtig. Geschäftsführer Klaus Rauhaus appelliert an die Verantwortung des Handels und wünscht sich vom LEH ein mutiges Bekenntnis zu Bio.
1994 wurde die Genossenschaft der Öko-Bauern ins Leben gerufen – als Zusammenschluss von Naturland-Bauern, die ihre Produkte gemeinsam vermarkten wollten. Auch heute noch liefern die beteiligten Bio-Landwirte aus Deutschland fast ausschließlich Verbandsware – zu drei Viertel mit Naturland- oder Bioland-Siegel. Knapp 30 Millionen Euro Jahresumsatz erwirtschaftet die Erzeugergemeinschaft. Hauptstandbein sind Kartoffeln und Möhren. Dazu kommen Zwiebeln und diverses Gemüse: Salat, Zucchini, Kohl, Pastinaken und Wurzelpetersilie. Die Abpackung erfolgt auf voll- und teilmechanisierten Linien.
In den letzten Jahren ist die Genossenschaft von 70 auf 100 Mitglieder angewachsen. 90 Prozent der Landwirte kommen aus Deutschland, überwiegend Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, der Rest aus Holland und Österreich. Außerdem gibt es um die 75 Lieferanten, die nicht Teil der Genossenschaft sind.
Die durchschnittliche Betriebsgröße der Bauern liegt bei rund 150 Hektar, berichtet Geschäftsführer Klaus Rauhaus. Nur wenige Kleine seien mit 30 Hektar dabei. Angebaut wird das ganze Spektrum von nur Salat bis zu diversen Feldfrüchten parallel.
Hauptabnehmer sind Rewe und Penny, „mehr oder weniger in ganz Westdeutschland“, außerdem die Edeka, Aldi Süd und dennree. „Der Fachhandel wird auf seinem aktuellen Niveau bleiben“, schätzt Rauhaus zur Bio-Entwicklung im Handel. Er habe als Nische seine Berechtigung, sei aber begrenzt nach oben. „Wachstum wird im LEH stattfinden.“ Mit der Belieferung des Lebensmitteleinzelhandels haben die Öko-Bauern bereits um die Jahrtausendwende begonnen.
Kartoffelabpackanlage verspricht mehr Kapazität
Vor kurzem hat die Genossenschaft ihren Standort bei Ahlen geschlossen und alles bei Lippetal, südlich von Hamm, konzentriert. Parallel wurde eine der bisher größten Investitionen überhaupt getätigt: in eine große neue Kartoffelabpackanlage inklusive Lager, insgesamt 1.750 Quadratmeter Fläche. Im Januar 2023 war der Baustart, im Juli 2024 wurde mit der Vollproduktion begonnen, im September das Lager gefüllt.
In Zeiten der Personalknappheit hält sich das Unternehmen wacker: Mit knapp 100 Mitarbeitern – je nach Saison etwas mehr oder weniger – sei man „bisher noch ganz gut besetzt“. Der Fuhrpark ist ausgelagert. Mehrere LKWs verlassen jeden Tag das Lager. Jährlich werden 20.000 Tonnen Ware verpackt. „Für uns ist das schon eine Hausnummer“, stellt Rauhaus fest. Und dennoch: „Gegenüber Konventionellen sind wir kleine Lichter“. Große Gemüsekonzerne machten dieselbe Menge an Bio und ein Vielfaches davon an konventioneller Ware. „Sie haben es durch ihre Mengen leichter – wir müssen schauen, wie wir durchkommen im Haifischbecken“, so der Geschäftsführer.
In den Ring für faire Preise
Jede Woche gehe die Genossenschaft neu in den Verhandlungsring: für ihre Bauern, für die sie möglichst viel erkämpfen will, während der Handel die Maxime „leistbar bleiben“ verficht. Die Preisabstände zwischen Bio und konventionell seien allerdings auch ein wichtiger Faktor für die Akzeptanz von Bio, merkt Rauhaus an. Es gelte die Gratwanderung zu beschreiten: zwischen teuer genug, dass die Lieferkette funktioniert und ein Produkt seriös ist, und billig genug, dass die Produkte gekauft werden.
„Wenn der LEH den Fokus noch mehr auf Bio legt, wäre noch mehr möglich“, ist Rauhaus überzeugt. Zwar schrieben sich die Händler Öko auf die Fahne, für die Umsetzung fehle aber bislang eine einheitliche Strategie. „Die Drogerieketten haben eine strategische Entscheidung pro Bio getroffen – und plötzlich sieht der Markt ganz anders aus“, stellt er fest. Wenn nur noch Bio und Trendprodukte in den Trockenregalen stehen, falle der Vergleich zu konventionellen Pendants weg. Drogerie-Bio sei zum Mitnehmartikel geworden, Haribo in den Regalen Vergangenheit. Den Mut, ein konventionelles Produkt mit Bio auszutauschen, wünscht Rauhaus sich vom Handel auch bei Obst und Gemüse mehr.
Interessengemeinschaft vereint Bio-Gemüse-Bündler
„Solange es in Mitteleuropa noch eine Überversorgung gibt, wird sich das Machtverhältnis nicht verändern“, stellt der Chef der Öko-Bauern fest. Das Geschäftsmodell des Handels habe sich über Jahre hinweg etabliert. Zusätzlich führe die hohe Dichte an Verkaufsstellen in Deutschland zum Fortbestehen des Konkurrenzgedankens zwischen den Händlern, zum Überbieten in Richtung billig.
Im Bio-Bereich sei der Waren-Pool etwas kleiner und entsprechend auch der Wettbewerb weniger heftig als im konventionellen Handel. Außerdem seien viele Bio-Landwirte sehr unternehmerisch und selbstbewusst unterwegs – „das tut dem Machtverhältnis gut“. Auch der Klimawandel könnte zu einer zunehmenden Warenknappheit und damit einer Verschiebung im Markt führen.
Ganz neu wurde vor anderthalb Jahren die ‚Interessengemeinschaft verbandsgebundenes Bio-Feldgemüse‘ ins Leben gerufen. Darin sind um die 15 verschiedene Bündler vereint und machen sich Gedanken über Themen wie die Marktmacht des Handels und die Zukunftsfähigkeit der Bio-Branche.
Mit Blick auf die Bio-Markt-Entwicklung der Zukunft zeigt sich Rauhaus sehr optimistisch. Einen Boom wie zu Coronazeiten werde es fürs Erste zwar nicht geben, dafür zeichne sich Schritt für Schritt eine unaufhaltsame Weiterentwicklung ab. „100 Prozent Bio funktioniert. Wir zeigen, dass es geht.“
Lena Renner