Diskussion
Bio auf dem Weg zu 30 Prozent
Politik-Handel-Erzeuger-Podium auf der Grünen Woche

Die Bundesregierung will mit dem Ziel eines 30-Prozent-Öko-Anteils in der Landwirtschaft die Agrarwende deutlich vorantreiben. Welche Hebel dafür bewegt werden müssen – von der Außer-Haus-Verpflegung über eine neue Agrarförderung bis hin zur Befreiung von Bio-Produkten von der Mehrwertsteuer – darüber unterhielt sich gestern im Rahmen der Grünen Woche ein Podium mit Vertretern aus Landwirtschaft, Politik und Handel.
Tatsächlich liegen Bio-Lebensmittel – trotz Inflation und Energiekrise – mit einem für 2022 erwarteten Umsatz von 15 Milliarden Euro immer noch 2,7 Milliarden Euro über dem Vor-Corona-Niveau in 2019. „Bio-Produkte sind seit über 30 Jahren eine wichtige Säule unserer Nachhaltigkeitsstrategie“, so Daniela Büchel, Vorstand HR und Nachhaltigkeit der Rewe Group. Aktuell seien die Kunde zwar preissensibler, kauften aber immer noch gerne ökologisch ein. Eine wesentliche Erfolgschance für die Kundenakzeptanz liege in der Verbindung biologischer und regionaler Produkte. Durch ihre genossenschaftliche regionale Organisationsstruktur lege die Rewe Group bereits einen Fokus auf lokale Beziehungen mit den Landwirten.
Bis zum 30-Prozent-Ziel der Bundesregierung ist es noch weit, derzeit liegt der Bio-Anteil bei 10,9 Prozent. „Damit der Ökolandbau in die Breite kommt, muss Bio zum Bauern kommen und nicht umgekehrt. Die derzeitige EU-Öko-Verordnung denkt nicht vom Landwirt aus, sondern vom Verbraucher“, sagte Naturland-Präsident Hubert Heigl. Um Tierwohl zu generieren brauche es Flexibilität und keine starren Vorgaben auf dem Papier. Transparenz schaffen könne die geplante staatliche Kennzeichnung, die Bio in der Tierhaltung ausweist.
Ophelia Nick, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium, meinte zu den Herausforderungen: „Öko-Landbau ist unser Leitbild für nachhaltige Landwirtschaft. Uns ist klar, dass wir dafür noch einige Hürden aus dem Weg räumen müssen. Klar ist auch, die ganze Wertschöpfungskette gehört angepackt. Deshalb entwickeln wir die Zukunftsstrategie ökologischer Landbau zu einer Strategie der gesamten Bundesregierung weiter.“
Ein starker Hebel, um die Bio-Nachfrage zu erhöhen, sei die Außer-Haus-Verpflegung. Auch Öko-Forschung sei wichtig und solle auf das 30-Prozent-Ziel ausgerichtet werden. Die größte finanzielle Stellschraube liege in der Agrarförderung der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik (GAP). Bei der neuen GAP ab 2027 sollten die Direktzahlungen durch ein System ersetzt werden, das gesellschaftliche Leistungen für Umwelt, Klima und Biodiversität honoriert.
Naturland-Präsident Heigl plädierte als weiterer Hebel für eine Befreiung von Bio-Produkten von der Mehrwertsteuer. Immerhin spare der Steuerzahler durch den Ökolandbau mindestens 750 Euro pro Hektar an Umwelt- und Klima-Folgekosten.
„Wir wollen die Nummer 1 für Bio im Supermarktbereich sein“, verkündete Rewe-Vorstand Büchel. Die aktuell 6.000 Bio-Produkte bei Rewe in Deutschland sollten kontinuierlich weiter ausgebaut werden.