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Belgien

Bio-Bier aus eigenem Hopfen

Hopfenbauer Joris Cambie braut eigenes Bier

Bio-Bier aus eigenem Hopfen

Bio-Hopfen wird bisher weltweit nur wenig angebaut. Eine Brauerei mit eigenem Bio-Hopfen dürfte bisher einzigartig sein. Mit De Plukker haben Joris Cambie und Kris Langouche das Projekt gewagt und mittlerweile sechs verschiedene Biere im Sortiment – von hopfigem Tripel zu süßem Weizenbier.

Belgisches Bier hat eine jahrhundertelange Tradition und kann mit über 1.000 verschiedenen Sorten und einer herausragenden Qualität beeindrucken. Bekannt ist etwa das hefebetonte Blondbier oder das malzige Tripel. Für nahezu jede Biermarke gibt es ein eigenes Glas und in spezialisierten Bars zelebrieren Belgier den genussvollen Konsum des Getränks. Im Jahr 2016 wurde die belgische Bierkultur sogar von der UNESCO als immaterielles Weltkulturerbe ausgezeichnet.

Einer der belgischen Bier-Liebhaber ist Joris Cambie, der in Poperinge ganz im Westen von Flandern schon sein ganzes Leben lang Hopfen anbaut. Aufgrund der idealen Bedingungen – mildes Meerklima und fruchtbarer Lehmboden – hat der Hopfenanbau in der Region eine lange Tradition. Kurz nachdem Cambie den Hof von seinem Vater übernahm, begann er, die gesamte Produktion auf Bio umzustellen, und baut jetzt seit 30 Jahren nur noch Bio-Hopfen an.

Auf 15 Hektar ragen meterhoch alte englische Hopfen-Aromasorten empor, die sehr begehrt und dabei bisher kaum in Bio-Qualität vorhanden seien. „In zwei Monaten wachsen die Pflanzen um die sechs Meter, manche sogar 30 Zentimeter am Tag“, erzählt Cambie. Viel Handarbeit sei es, den Kletterpflanzen mit Schnüren und Drähten das Wachstum in die Höhe zu ermöglichen.

Ende August sind die Blüten, die Hopfendolden, erntereif. Anfang September werden sie mit Hilfe einer Hopfenpflückmaschine geborgen, für fünf bis sechs Stunden getrocknet, in Rechteckballen gepresst und dann zu lange haltbaren Pellets verarbeitet. Seit zwei Jahren hat Cambie dafür eine eigene Pelletisierungsanlage und kann so die Freiheit des Bio-Hopfens von Kontaminationen gewährleisten. Die jährliche Ernte betrage rund 25 Tonnen.

Dabei ist der biologische Anbau von Hopfen durchaus mit Tücken verbunden. Die Pflanzen seien sehr krankheitsanfällig und natürliche Insektizide gegen Schädlinge teuer. Ein Problem sei etwa der Befall durch die Rote Spinne, die Hopfen mag und ihre Eier auf dem Boden der Felder verteilt. Durch mechanisches Unkrautjäten sorgt Cambie dafür, dass der Boden unkrautfrei bleibt und die Spinne so im Frühjahr nichts zu fressen hat. Dazu helfe es auch, den Boden leicht zu bearbeiten, zu beregnen und mit einer sauren Molke zu spritzen. „Auf einem gesunden Boden wachsen auch gesunde Pflanzen“, ist Cambie überzeugt.

Weltweit gibt es laut Cambie nur 22 Bio-Hopfen-Erzeuger, die die hohe Nachfrage nicht abdecken können. Auch ihm sei es gar nicht möglich, alle Interessenten zu beliefern. „Aber es tut sich auch was“, weiß der Vorsitzende der belgischen Hopfenbauern. So stellten in der Elsass-Region gerade einige Produzenten auf Bio um. Nur ein Prozent seines Hopfens braucht Cambie für ein Herzensprojekt, das ihn von den anderen Hopfenbauern abhebt: ein eigenes Bier.

Von Blondbier bis Tripel

Vor gut zehn Jahren kam ihm die Idee, mit dem eigenen Hopfen auch eigenes Bier zu brauen. Mit Hilfe des befreundeten Brauers Kris Langouche konnte er das Vorhaben in die Tat umsetzen. Wurden am Anfang noch hobbymäßig zwanzig Liter am Wochenende gebraut, so wird heute ein Tank mit 1.000 Litern Fassungsvermögen zwei Mal pro Woche gefüllt. „Ein Tag brauen, ein Tag präparieren und ein Tag abfüllen“, erklärt Cambie den Arbeitsablauf. 90.000 Liter Bier kann die neue Brauerei De Plukker (deutsch: der Pflücker) so pro Jahr herstellen. Als Räumlichkeit wurde ein Teil der Hopfen-Trockenhalle umfunktioniert und mit Braukesseln und Gärbehältern bestückt. Für Langouche ist das Brauen mittlerweile ein Vollzeitjob, Cambie hilft ihm neben dem Hopfenbetrieb.

Alle Biere werden nach alter belgischer Tradition gebraut: ohne Kräuter, nur mit Hopfen, Gerstenmalz, Hefe und Wasser. Die verwendeten Hopfenarten sind jeweils auf der Flasche angegeben. Sechs verschiedene Biersorten hat die junge Brauerei bereits im Sortiment.

Die erste war das blonde, obergärige Keikoppenbier mit einer etwas bitteren Note. Das braune Rookop schmeckt malzig und schokoladig und geht in Richtung Stout-Bier. Zu einem Schuljubiläum hat De Plukker ihren hopfigen Tripel Plukker kreiert, ein tiefblondes Bier mit vollem Geschmack und großer Beliebtheit – 50 Prozent ihres Umsatzes erwirtschaftet die Brauerei damit.

Nur einmal im Jahr wird das Single Green Hop gebraut – und zwar mit erntefrischem Hopfen. Der nicht-getrocknete Hopfen verleiht dem Bier ein besonderes Aroma, das sich jedoch nach ein paar Monaten verflüchtigt. Einmal im Jahr, zum Ernteende, entsteht das komplexe All Inclusive IPA, in dem alle angebauten Hopfensorten verarbeitet werden. Für das Schloss Kasteel Beauvoorde hat De Plukker schließlich noch ein etwas anderes Bier gebraut: auf Basis von Weizenbier und mit Bio-Himbeersaft von regionalen Bauern.

Der Verkauf erfolge bisher noch überwiegend lokal. Nur rund fünf Prozent würden exportiert, etwa nach Holland, aber auch schon nach Skandinavien, Polen und Kanada. Für den Export ist die belgische Firma Ammex zuständig. Auch über den eigenen Online-Shop kann De Plukker Interessenten im Ausland beliefern. Neben Hopfen baut Cambie für das Bier mittlerweile zusätzlich eigene Brau-Gerste an. Nächstes Jahr möchte er sich damit einen weiteren Traum erfüllen: ein Bier aus 100 Prozent eigenen Zutaten.

Lena Renner

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