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Konzernmacht gefährdet Recht auf Nahrung

UN-Sonderberichterstatter präsentiert aktuellen Bericht

Konzernmacht gefährdet Recht auf Nahrung © stock.adobe.com/alexkich

Am heutigen 17. Oktober stellt der UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, Michael Fakhri, seinen aktuellen Bericht der 80. Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York vor. Der Report warnt vor der zunehmenden Konzentration von Marktmacht bei wenigen transnationalen Konzernen, die politisch immer größeren Einfluss haben und bestimmen, was an Lebensmitteln produziert und konsumiert wird. Diese Machtfülle habe gravierende Folgen für Umwelt und Gesundheit und untergrabe das Recht auf Nahrung systematisch.

Gerade einmal ein Prozent der industriellen Landwirtschaftsbetriebe verfügen inzwischen laut Bericht über 70 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Gleichzeitig kontrollieren vier Unternehmen mehr als die Hälfte des kommerziellen Saatgutmarktes und über 60 Prozent des Pestizidmarktes: namentlich die deutschen Konzerne Bayer und BASF sowie Syngenta und Corteva. Ähnlich dominant sei eine kleine Zahl von Anbietern bei Düngemitteln, Landmaschinen und Tierarzneien. Der Sonderberichterstatter sieht darin eine Hauptursache für Hunger und Mangelernährung.

„Diese Oligopole treiben Preise nach oben, drücken Löhne nach unten und schaffen Abhängigkeiten, welche Kleinbäuer*innen und Verbraucher*innen weltweit gleichermaßen entrechten“, bestätigt Jan Pehrke von der Coordination gegen Bayer-Gefahren e. V.

Der Report beschreibt außerdem die gesundheitlichen Auswirkungen des aktuellen Ernährungssystems, die auch in Deutschland spürbar sind: Hochverarbeitete Produkte verdrängen vielerorts frische Lebensmittel, fördern Überkonsum und erhöhen das Risiko für nicht übertragbare Krankheiten wie Diabetes.

„Besonders Kinder sind Ziel aggressiver Marketingstrategien, die ungesunde Ernährung fördern und langfristig zu gesundheitlichen Problemen führen“, sagt Jan Dreier von der Menschenrechtsorganisation FIAN Deutschland.

Fakhri zeigt in dem Bericht auch klare Handlungsmöglichkeiten auf: Monopole müssten reguliert und Wettbewerbsrecht konsequent durchgesetzt werden. Außerdem solle das Unternehmensrecht strenger werden. „Das Unternehmensrecht fasst Unternehmen als juristische Personen mit einer übermäßigen Anzahl von Rechten und nur sehr wenigen verbindlichen Pflichten“, meint er. Kollektive Rechte an Land und Saatgut müssten abgesichert werden, damit Gemeinschaften nicht von Konzernen verdrängt werden. Öffentliche Gelder sollten gezielt in agrarökologische Programme fließen und ungesunde Lebensmittel höher besteuert werden – anstelle der Subvention industrieller Großprojekte. Auch städtische Ernährungspolitiken könnten so gestaltet werden, dass Verbraucher Zugang zu gesunden und bezahlbaren Lebensmitteln erhalten.

FIAN und die Coordination gegen Bayer-Gefahren hatten im Juni eine gemeinsame Eingabe für den Bericht gemacht.

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