Außer-Haus-Verpflegung
Verschenktes Potenzial: BÖLW kritisiert 20-Prozent-Ziel des Bundes
Nicht neu und wenig effektiv
Kurz vor dem Ablauf der Legislaturperiode hat die Bundesministerin für Landwirtschaft und Ernährung angekündigt, 20 Prozent Bio-Anteil in den Kantinen der Bundeseinrichtungen bis 2025 erreichen zu wollen. Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) reagiert kritisch: Das niedrige 20-Prozent-Ziel gebe es schon seit Jahren, ohne dass sich etwas geändert hätte. Die neue Bundesregierung brauche eine nationale Strategie für eine nachhaltige Ernährung.
BÖLW-Geschäftsführer Peter Röhrig kommentiert:
„Wo sonst als in den eigenen Kantinen kann man mit gutem Bio-Essen anfangen? Das Regierungs-Ziel 20 Prozent Bio in Bundeskantinen gibt es schon seit vier Jahren. Mehr Bio kam aber bisher kaum auf die Teller, die Öko-Anteile in den Küchen sind immer noch verschwindend gering. Doch wer auf 20 Prozent Bio auf dem Acker zielt, sollte auch den Absatz der heimischen Öko-Produkte längst wirksam gepusht haben.
Mit dem niedrigen Bio-Ziel von 20 Prozent verschenkt das BMEL viel Potenzial, besonders was die Qualität der Kantinen-Essen angeht. Denn erfolgreiche Beispiele aus unseren Nachbarländern, in den Bundesländern oder den Bio-Städten zeigen, dass mehr Bio bei kostenneutraler Kalkulation zu völlig anderem Kochen und gesünderen Menüs führt. Denn wer mit viel Öko und keinem oder wenig Aufpreis kocht, muss das Essen saisonaler, frisch, mit mehr Gemüse und weniger Fleisch zubereiten und weniger wegwerfen. Bei 20 Prozent reicht es hingegen, Komponenten wie Kartoffeln oder Nudeln auszutauschen.
Was Ernährungspolitik insgesamt angeht, muss die nächste Bundesregierung endlich strategisch vorgehen und die Empfehlungen der eigenen Expertinnen und Experten konsequent umsetzen. Ein bisschen Nutri-Score hier oder freiwillige Beschränkungen der Industrie da, wie es in den letzten Jahren betrieben wurde, genügen nicht. Das zeigen hohe Milliarden-Kosten für ernährungsbedingte Krankheiten sehr deutlich. Die Ernährungswende gelingt nur, wenn man vom Acker bis zum Teller denkt und die Politik entsprechend ausrichtet.
Mit jedem Prozent mehr Bio schlägt die Bundesregierung viele Fliegen mit einer Klappe: eine Perspektive für die Höfe und den Schutz von Artenvielfalt, Wasser, Boden und Klima. Und zwar gesetzlich definiert und flächendeckend kontrolliert.“
Für eine nachhaltige und gesunde Ernährung fordert der BÖLW von der neuen Bundesregierung Folgendes:
- Entwicklung einer nationalen Strategie für eine nachhaltige Ernährung in einem partizipativen Prozess nach dem Vorbild der Entwicklung der Zukunftsstrategie ökologischer Landbau (ZöL) und unter aktiver Mitwirkung von Ernährungs-, Gesundheits-, Bildungs-, Sozial- und Umweltministerium und den Bundesländern.
- Einrichtung einer ‚Task Force nachhaltige Ernährung‘, unter aktiver Beteiligung von genannten Ressorts mit jährlicher Berichtspflicht an den Deutschen Bundestag und die Öffentlichkeit.
- Verstärkte Kommunikation an die Bürger zur Bio-Produktion und ihren Leistungen für das Gemeinwohl.
- Beschränkung der Bewerbung nicht-nachhaltiger Lebensmittel, vor allem wenn diese an Kinder gerichtet ist.
- Flächendeckende Umsetzung nachhaltiger Gemeinschaftsverpflegung mit hohem Bio-Anteil in allen Einrichtungen des Bundes (Ziel: mind. 50 Prozent Bio bis 2030).
- Finanzielle Förderung für Beratung und Bio-Umstellung von staatlicher und privater Gemeinschaftsverpflegung durch den Bund.