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Pestizidprozess

Pestizidprozess gegen Karl Bär fortgeführt

Landesrat Schuler zieht Nebenklägerschaft zurück, weitere Anzeigen gegen Pestizidkritiker Bär verbleiben

Pestizidprozess gegen Karl Bär fortgeführt © Jörg Farys
Karl Bär vor dem Prozessauftakt in Bozen. Bild: Jörg Farys, Umweltinstitut München e.V.

Im Sommer 2017 wies die Kampagne Pestizidtirol mit satirischen Mitteln auf den Pestizideinsatz auf Tiroler Obstplantagen hin. Der daran beteiligte Agrarreferent Karl Bär wurde daraufhin wegen übler Nachrede und Markenfälschung angezeigt, Nebenkläger waren der Tiroler Landesrat Arnold Schuler sowie zwei Obleute von Südtiroler Obstgenossenschaften. Schuler kündigte zwar nach einer Protestwelle an, dass alle Anzeigen zurückzogen würden. Doch nun verzichteten nur er und die beiden Obleute auf ihre Nebenklägerschaft, die anderen über tausend Anzeigen bleiben bestehen.

Zum Hintergrund: Eine Münchner Umweltschutzorganisation startete im Sommer 2017 die Kampagne ‚Pestizidtirol‘. Auf einem Plakat verfremdete sie hierfür eine Tourismus-Marketing-Kampagne für Südtirol sowie die Südtiroler Dachmarke. Zudem wurde auf einer Website auf den hohen Pestizideinsatz in den Apfelplantagen Südtirols hingewiesen. Der Agrarreferent Bär vom Umweltinstitut München steht für den Text auf der Website und die Verfremdung des Südtirol-Logos seit September 2020 in Bozen vor Gericht, da 1.376 Bäuerinnen und Bauern ihn angezeigt hatten. Anklagepunkte sind üble Nachrede und Markenfälschung. Ebenfalls angezeigt wegen übler Nachrede wurde der Buchautor Alexander Schiebel.

Der Start des so genannten Pestizidprozesses löste eine Protestwelle aus, in deren Verlauf sich über 100 Organisationen mit beiden Beklagten solidarisch erklärten und über 250.000 Menschen eine Protestnote unterschrieben, die eine Einstellung der Verfahren forderte. Aus Sicht der Menschrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatovic, wiese die Klage gegen Bär alle Merkmale einer sogenannten SLAPP-Klage (strategic lawsuit against public participation) auf, die unliebsame öffentliche Kritik unterdrücken will.

Aufgrund des öffentlichen Drucks kündigte Landesrat Schuler im September 2020 an, alle Anzeigen zurückziehen und dafür die Vollmachten aller klagenden Bauern und Bäuerinnen einzusammeln. Das gelang ihm bis dato nicht, weswegen der Strafgerichtsprozess gegen Bär weitergeht.

Die Rücknahme der Nebenklägerschaft von Landesrat Schuler kommentiert Karl Bär wie folgt: „Die Rücknahme der Nebenklägerschaft Schulers ist ein erster wichtiger Schritt. Der öffentliche Protest aus der Zivilgesellschaft gegen diesen absurden Prozess wirkt. Doch nach wie vor stehe ich vor einem Strafgericht, nur weil ich den nachweislich hohen Pestizideinsatz in Südtirol kritisiert habe. Dafür trägt Landesrat Schuler die volle politische Verantwortung. Erst wenn jede einzelne Anzeige gegen uns zurückgezogen ist, ist der Angriff auf die Meinungsfreiheit in Südtirol beendet - und erst dann hat Arnold Schuler wirklich sein Tiroler Wort gehalten.“

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