Rewe
Weniger Bio für Gröblinghoff
Fachhandelsmarken ziehen sich aus dem SB-Warenhaus zurück
{mosimage}Die Familie Gröblinghoff betreibt zwei Einkaufszentren im Ruhrgebiet: Eines in Bönen bei Dortmund und eines im wenige Kilometer entfernten Werne im Kreis Unna. Das 32.000 Einwohner zählende Werne ist bürgerlich geprägt mit gesunder Kaufkraft. Auf 3.900 Quadratmeter bietet der Rewe-Kaufmann in der Kleinstadt eine Vollversorgung mit den Artikeln des täglichen Bedarfs. Das Warenhaus hat 2006 erfolgreich ein erweitertes Bio-Sortiment mit zahlreichen Naturkost-Marken eingeführt. Im April 2008 zogen sich zirka zehn bedeutende Fachhandelsmarken aus dem konventionellen Markt zurück, so dass Marktleiter Fred Kozik aktuell Lücken im Regal hat.
2004 öffnete Gröblinghoff das Einkaufszentrum in Werne und führte 2006 ein breites Bio-Sortiment ein. Die Rewe hatte damals ein Konzept für den Bio-Supermarkt Vierlinden und für die Großfläche entworfen. Für-Sie Marketingleiter Marcello Sanna entwickelte ein Bio-Leitsystem und mit dem regionalen Großhändler Naturkost West wurde ein umfangreiches Bio-Sortiment aufgebaut. "Bio kam bei den Kunden an", erzählt Gröblinghoff.
Regalfahnen und Preisetiketten führen die Kunden gezielt zu Bio-ProduktenMarkus Gröblinghoff ist der klassische Händler, der beschafft, was Verbraucher wünschen, nicht, was billig zu erstehen ist. "Ein Bio-Sortiment zu führen ist für mich eine Frage der Kundenorientierung", erklärt Geschäftsführer Gröblinghoff. Der Markt verkauft mit begrenz-ter Kompetenz: "Unsere Mitarbeiter sind geschult, aber keine Bio-Spezialisten. Von den Kunden haben wir nur Lob geerntet." Marktleiter Fred Kozik nickt zustimmend. Der Kundenzuspruch kam nicht wegen irgendwelcher Bio-Sonderangebote: "Wir haben keinen Preis kaputtgemacht. Wir Selbstständigen haben ein Interesse daran, gute Spannen zu realisieren, sonst können wir nicht existieren", zerstreut er das Argument, der LEH würde Werte verschreddern.
Rückschlag für Gröblinghoff
Geschäftsführer{_umbruch_}Markus GröblinghoffFast zwei Jahre handelte das Familienunternehmen erfolgreich mit Bio. Dann zogen sich im zweiten Quartal 2008 rund zehn wichtige Naturkost-Hersteller zurück, die mit ihrer Marke nicht mehr im klassischen Lebensmitteleinzelhandel vertreten sein wollen. Dem Selbständigen Einzelhändler fehlen damit künftig einige fachhandelstreue Hersteller. "Wir mussten das Sortiment um 30 Prozent zurückfahren". Zahlreiche Schnelldreher stehen nicht mehr zur Verfügung. Das führte natürlich zu Umsatzeinbußen.
Ein Teil der Kunden wird abwandern: "Diejenigen, die einen vollen Einkaufskorb mit Bio hatten, werden wegbleiben." Allerdings sind Bio-Einkaufsstätten nicht besonders dicht gesät im Kreis Unna. Da muss sich der Verbraucher nach Dortmund oder Münster bewegen, um unter erhöhtem CO2-Ausstoß ökologisch erzeugte Lebensmittel einzukaufen, wie Marktleiter Kozik bemerkt.
Marktleiter Fred Kozik bangt um die Vielfalt im Bio-Sortiment"Das ist ein kurzfristiger Rückschlag und macht uns vor allem Mühe und Arbeit", analysiert der Kaufmann kurz. Aber er ist unverdrossen. Die fehlenden Produkte werden auf dem Weg der kleinen Schritte ersetzt. Nachfrage zieht Produkte nach sich: "Der Markt sucht sich seinen Weg". Zweitmarken der Bio-Hersteller sind für ihn nur begrenzt eine Alternative: "Die sind beim Kunden nicht so hinterlegt". Das dauert länger als ein halbes Jahr bis sich so ein Produkt durchsetzt. Der Kaufmann wird auf andere Angebote zugreifen, die auf dem Markt sind.
Das SB-Warenhaus kann die Bio-Linien der Industrie stärker nutzen. Die Markenartikler mit Bio-Range können sich als zuverlässige Partner etablieren, die Liefersicherheit garantieren. "Die Industrie hat zwei Möglichkeiten: Entweder sie stellt sich auf den Bio-Trend ein oder bleibt zweiter Sieger", analysiert Gröblinghoff.
Chancen und Risiken
Nur 15 Bio-Produkte im O+G-SortimentDie Naturkost-Hersteller bieten dem Fachhandel Exklusivität, und stärken damit ihre Stellung auf dem Kernmarkt. Wenn sich ein Produzent aber auf eine Vertriebsschiene konzentriert, birgt das auch Risiken: "Ein Hersteller lebt vom Verkauf seiner wenigen Produkte. Ein guter Kaufmann kann auch etwas anderes verkaufen."
Gröblinghoff erinnert sich an einen Markenartikler aus dem Bereich der Haushaltswaren, der in den 80-er Jahren gegenüber dem Kaufhaus arrogant auftrat: "Im Lauf der Jahre ist der Fachhandel weggebrochen. Heute gibt es die einst stolze Marke bei uns als Treueprämie."
Der Händler tut sich auch schwer mit Platzierungsvorgaben durch die Hersteller. Er ist ein vehementer Verfechter der Sortimentsplatzierung: "Wir wollen es dem Kunden einfach machen, nicht kompliziert. Bei 50.000 Artikeln können wir die Leute nicht hin und her rennen lassen." Der Käufer soll in einem Regal ein Produkt von verschiedenen Herstellern miteinander vergleichen können. Die Hersteller streben dagegen mit Blockplatzierung aus der Vergleichbarkeit. Von seinem Weg wird der standhafte Rewe-Händler auch nicht abweichen, um mit Bio-Produkten beliefert zu werden: "Einen Bio-Shop wird es nicht geben".
Der Familienbetrieb kann sein Sortiment optimal an den Standort anpassen und ist dadurch im Vorteil gegenüber Filialen: "Auf dem Massenmarkt gibt es Inseln. Uns Selbstständigen in vorderster Linie muss man Freiheit lassen. Wir haben schon Category Management gemacht, als wir das Wort noch gar nicht kannten. Wer bei uns für Einkauf zuständig ist, muss auch verkaufen". Den alten Gegensatz im Handel von Vertrieb und Einkauf gibt es bei dem Warenhaus nicht.
Lücken im Regal
Mit Bio-Mopro ist Gröblinghoff mit rund 150 Artikeln bestens versorgtIn der Form eines U führt der Hauptlauf die Kunden an den Schnelldrehern vorbei. Das Warenhaus beginnt mit Nicht-Lebensmitteln von Schreibwaren über Haushaltswaren bis Textilien. Durch das Bio-Leitsystem der Rewe-Für-Sie werden die Kunden über Deckenhänger, Regalfahnen und Regaletiketten zum Bio-Sortiment geführt. In der Drogerie gibt es Naturkosmetik und ökologi-sche Wasch-, Putz- und Reinigungsmittel. Öko-WPR hat sich laut Marktleiter Kozik in Werne allerdings noch nicht durchsetzen können.
Bio-Produkte sind nach wie vor in zufriedenstellender Zahl vorhanden. Die erkennbaren Lücken können mit Alternativen auf dem Markt geschlossen werden. Bei den Grundnahrungsmitteln wie Mühlenprodukten, Backwaren, Molkereiprodukten, Obst und Gemüse ist ein konkurrenzfähiges Sortiment vorhanden. Söbbeke wurde zum Beispiel durch Andechser ersetzt. Die neue Marke kann kurzfristig zwar nicht den Beliebtheitsgrad der gelernten Söbbeke-Produkte erreichen, mittelfristig dürfte das aber kein Problem sein.
Auch das Teigwaren-Regal leidet nicht. Da kommen mit Saphir und den original italienischen Lensi wieder neue belebende Elemente. Hier kann getrost auf Fachhandelsmarken verzichtet werden. Bei Süßwaren und Knabberartikeln gibt es eine vernünftige Auswahl für Bio-Käufer von Gepa, Ritter Sport, KaliBio, Friedrichsdorfer bis Mayka und Huober. Bei Wein ist das Angebot hervorragend. 40 Bio-Tropfen finden hier Absatz bei Genießern.
Bei den Heißgetränken fallen einige liebgewonne Artikel weg, aber Ersatz ist da. Tee-Trinker können mit Queensland, Weikfield, Yogi und Gepa bedient werden. Kaffee-Trinker finden mit Tempelmann, Schirmer, Mount Hagen, Käfer und Gepa Abwechslung. Ganze Bohne, gemahlen, Espresso, Filterkaffee, löslichen und Schonkaffee von der Klein- bis zur Großpackung.
Bei den Gewürzen sind mit Lebensbaum und Sonnentor künftig Schwergewichte nicht mehr dabei. Aber auch hier gibt es inzwischen von der Bio-Zentrale, über Saphir bis Wagner genügend Anbieter, um am POS ein vernünftiges Sortiment zusammenzustellen.
Insgesamt ist das Sortiment ärmer geworden, aber die Regale werden sich wieder füllen. Es gibt genügend Bio-Artikel ohne Markenbindung. Bio-Systemlieferanten außerhalb des Fachhandels stellen sich auf, um Bio-Vollsortimente für den LEH zusammenzutragen.
Anton Großkinsky