Start / Ausgaben / BioPress 51 - Mai 2007 / Wikinger-Biobier von heute

Bier

Wikinger-Biobier von heute

Die Brauerei Schleswig verbindet die Tradition mit der Moderne

Auf den ersten Blick betont die Brauerei Schleswig das Althergebrachte: in Sichtweite des historischen Stadtzentrums Schleswigs sind Bierproduktion und Brauereigasthof im liebevoll restaurierten ehemaligen Güterbahnhof aus dem 19. Jahrhundert zu finden. Das Brauereilogo lässt eine lange Firmengeschichte vermuten: Das Biersortiment der drittgrößten Brauerei Schleswig-Holsteins trägt den Namen „Aasgard", Wohnsitz der von den Wikingern verehrten Götter.

„Bier braucht Heimat" kommentiert Ronald Carius, Firmengründer und Inhaber der Schleswiger Brauerei, die stimmungsvolle Ausrichtung der Marke Asgaard. Tatsächlich setzt der 50-jährige Biochemiker und Braumeister auch im Herstellungsprozess auf ein klassisches Konzept: hohe Rohstoffqualität und handwerkliche Brauweise mit kalter Gärführung und ohne Filtration.


Das Unternehmen selbst allerdings ist höchst neuzeitlich: Im Jahr 1994 als Gasthausbrauerei gegründet, setzte die Brauerei Schleswig von Anfang an auf ein Biersortiment für den Premiummarkt. Heute trinken die Besucher der Brauereigaststätte rund ein Drittel der Jahresproduktion von 3.000 Hektoliter, der Großteil geht bundesweit über die Ladentheke.

Gebraut wird Aasgard in einer dekorativen historischen Sudpfanne aus dem Jahr 1889. Früher in Lehre und Versuchswesen eingesetzt, wartete die Brauereieinrichtung in den Räumen der Technischen Universität Berlin lange Zeit ungenutzt auf bessere Zeiten. Carius, der an der Hochschule Brauereiwesen studiert hatte, wurde auf das Kleinod aufmerksam. Er ließ die Anlage aufarbeiten und machte sie zum kupferschimmernden Herzstück seiner Bierproduktion. Seine Begeisterung, Altes in neuem Glanz erstrahlen zu lassen, zeigt sich auch bei der Einrichtung: „Den alten Fußboden haben wir um einen Meter höher gelegt", weist er auf die Tische im Gastraum hin, für deren Platten die massiven Dielen verwendet wurden.

Bio-Bier braucht Geduld und eine lange Reifezeit

Unterirdisch verlaufen die Leitungen vom Sudkessel in die modernen Reife- und Kühlräume. Bei acht Grad gärt das Pils rund sieben Tage lang in Stahltanks, anschließend reift es vier bis zehn Wochen lang bei einem Grad. Die lange Lagerzeit gönnt der Brauer seinem Bier dem Geschmack zuliebe. „Von Anfang an war mir klar, dass ich als kleiner Betrieb nur mit handwerklicher Spitzenqualität eine Chance habe", sagt Carius.

Für das Weizenbier steht ein eigener Raum zur Verfügung – dessen Hefekulturen dürfen nicht mit denen anderer Biersorten in Kontakt kommen. Hier läuft die Fermentation schneller ab: bei zwanzig Grad benötigt sie etwa einen Tag.

Zur Abfüllung rollt das Bier im brauereieigenen Tankwagen zum Lohnabfüller. Palettenweise 24er-Kästen mit 0,33l-Mehrwegflaschen kommen zurück zum Lager im alten Güterbahnhof. Immer häufiger wird Bier im Kleingebinde verkauft – in vielen der Kästen sind die schlanken Vichy-Flaschen zu vermarktungsfördernden Sixpacks gebündelt. Für die Gastronomie wird Asgaard in Keg-Fässer mit 25 Litern abgefüllt.

Bier in Bioqualität braut Carius seit 2001. Damals kam die Vermarktungsgesellschaft Bioland SH auf ihn zu, der Brauer nutzte die Gelegenheit und brachte neben seinen konventionell erzeugten Sorten das „Asgaard Bioland Premium Pils" mit 11,2 Prozent Stammwürze und einem Alkoholgehalt von 4,8 Prozent auf den Markt. Mit 26 Bittereinheiten bezieht es geschmacklich Position: ein Pils muss herb sein. „Unser Pils ist das am stärksten gebitterte Bio-Pils auf dem Markt", ist Carius sich sicher.

Damit liegen die Pilsener der Bio-Brauereien insgesamt auf der sanften Seite des Pilsmarkts. Bei konventionellem Pils gelten zwischen 25 und 30 Bittereinheiten als üblich, für das herbe Flensburger Pilsener beispielsweise gibt der Hersteller 36 Bittereinheiten an.

Der ersten Schleswiger Bio-Sorte folgte im Jahr darauf „Aasgard Bioland Nordisches Weizen", ein obergäriges Hefeweizen mit 11,9 Prozent Stammwürze und einem Alkoholgehalt von 5,0 Prozent.

Der Braumeister akzeptiert nur allerbeste Zutaten

Neben dem nahe liegenden Wikinger-Image – nur wenige Kilometer von der Braustätte liegt mit Haithabu der größte Wikinger-Handelsplatz der Geschichte – setzt das Sortiment vor allem auf ein hochwertiges Produkt. So erlauben die Bioland-Verarbeitungsrichtlinien ohnehin nur Naturdolden der hochwertigen Aromahopfensorten, der billigere Bitterhopfen ist tabu.

Carius und sein Team setzen noch eins drauf. Sie verwenden ausschließlich ganzen Doldenhopfen, den sie direkt vom Erzeuger beziehen. Aus Hopfenpulver gepresste Pellets nennt der Braumeister verächtlich „Kaninchenfutter", in seinem Bier haben sie nichts zu suchen. Das gleiche gilt für den Zusatz von Kohlendioxid bei der Abfüllung. Gersten- und Weizenmalz liefern die nordbayerischen Mälzereien Weyermann und Rhön-Malz. Beide erzeugen ökologische Malze nach den Richtlinien der Anbauverbände Bioland (Weyermann) beziehungsweise Naturland (Rhön-Malz).

Eine Vermischung seiner konventionellen Chargen mit den ökologisch erzeugten Produkten hält Carius für ausgeschlossen. Schon aus Hygienegründen müssen Behälter und Leitungen nach jedem Brauvorgang gründlich gereinigt werden.

Aasgard für den Supermarkt und Fachhandel

Mit dem Gesamtsortiment bedient die Schleswiger Brauerei in Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen sowohl den Einzelhandel als auch Naturkost-, Fach- und Großhandel. In Schleswig-Holstein und Hamburg ist die Schleswiger Brauerei Streckenlieferant für Edeka, außerdem listet der Getränkegroßhändler Trinks als Zulieferer des Einzelhandels ein Asgaardsortiment.

Die Bioprodukte werden über Naturkostgroßhändler auch bundesweit vertrieben. Zur Verkaufsunterstützung setzen die Schleswiger auf Großplakate und Kinowerbung, ihre Händler unterstützt die Brauerei mit Verkostungen am POS.

Das Konzept der regionalen Spezialitätenbrauerei mit Öko-Sortiment geht auf: heute beschäftigt das Unternehmen ganzjährig 35 Mitarbeiter. Mit über 1 500 Hektoliter macht das Biobier gut die Hälfte der gesamten Jahresproduktion aus. Das Lagerbier „Asgaard Das Göttliche" und saisonale Spezialitäten wie Märzen und Bockbier brauen Carius und Kollegen weiter mit konventionellen Zutaten, Pils- und Weizenbier aber genießen Asgaardkunden seit 2002 ausschließlich in Bioqualität.

Florian Gerlach

 

Bewegung im Biermarkt

Die Biobier-Branche, bisher recht überschaubar, präsentierte sich auf der Biofach 2007 mit mehreren neuen Anbietern und einer Vielfalt neuer Biersorten.


So braut Asgaard seit der Biofach nicht mehr das einzige Öko-Bier Schleswig-Holsteins. Als erste nationale Herstellermarke bietet die Flensburger Brauerei eine ökologisch erzeugte Biersorte an. Das nach Biolandrichtlinien erzeugte milde und ungefilterte Flensburger Kellerbier soll in der brauereitypischen 0,33l-Bügelflasche über den herkömmlichen Getränke- und Lebensmittelhandel, aber auch über den klassischen Naturkosthandel vermarktet werden. Zunächst will die Privatbrauerei aus dem Norden jährlich 5.000 Hektoliter Kellerbier herstellen, das macht etwa 1,5 Prozent ihrer Gesamtproduktion aus.

Mit dem Markenauftritt ihres Pilseners The 4 Elements will Dupetit Natural Products vor allem die jüngere Generation ansprechen. Tradition – vom bayerischen Tennenmalz über die lange Lagerzeit bis zur Bügelflasche – verkörpert dagegen das naturtrübe Stadtbräu der Brauerei Kapsreiter aus Österreich. Die Wolfshöher Privatbrauerei, bisher mit dem nur einmal im Monat gebrauten Vollmond-Bier vertreten, bietet mit Bio-Pilsener und Bio-Landbier nun auch zwei klassische Sorten an.

Der Marktführer Neumarkter Lammsbräu erweitert sein Sortiment mit zwei alkoholfreien Produkten: dem Malzgetränk Aktivmalz und der Bio-Weisse alkoholfrei dunkel.

Was – mit Ausnahme des deutschen Reinheitsgebots - spricht dagegen, mit Hanf, Hirse oder gar Äpfeln veredeltes Bier zu brauen? Mehrere Hersteller zeigten Mut zu neuen Rezepten, die streng reglementierte Produktbezeichnung „Bier" freilich ist auf den Etiketten ihrer Mischungen nur selten anzutreffen.


Hanf als engen botanischen Verwandten des Hopfens – selbstverständlich in der legalen, THC-armen Variante - verwenden gleich mehrere Anbieter. Dupetit Natural Products, nach eigenen Angaben seit elf Jahren Anbieter des ersten legalen Hanfgetränks der Welt, hat den Hersteller für seinen Klassiker Cannabia gewechselt. Seit 2006 produziert Rother Bräu den Hanftrunk. Die Härtsfelder Familienbrauerei, bisheriger Cannabia-Produzent, tritt nun eigenständig auf dem Biomarkt auf. Sie bietet mit Cannabis ein ebenfalls mit Hanf angereichertes Konkurrenzprodukt an und positioniert sich mit dem alkoholarmen Mischgetränk Beer & Apple (1,7 Prozent Alkohol) und der Härtsfelder Premium-Weisse sowohl bei den BiMi als auch im Grundsortiment. Auch die Weissenoher Klosterbrauerei mischt schon seit einiger Zeit Hanf ins Bier: seit 2001 ist ihr Cannabis Club Sud auf dem Markt. Auf die junge Generation setzen die Weissenoher nun auch mit dem Biermischgetränk (BiMi) Amrita mit Ingwer und Früchten, das bei 1,5 Prozent Alkohol liegt, und dem Stater Pils, als Sixpack in der grünen 0,33-Liter Flasche.

Die österreichische Brauerei Hirt will ihr doppelt filtriertes Hirter Biohanfbier mit Hanfkonzentrat auch in Deutschland im Getränkehandel platzieren.

Glutenfreies Bier mit Hirse- statt Gerstenmalz bieten das Riedenburger Brauhaus und die Schnitzer Bräu an, letztere nur dem Fachhandel und Reformhäusern. Das Riedenburger Glutenfrei wird mit Hirsemalz, Agavendicksaft, Hopfen und Hefe gebraut, das Schnitzerbräu Hirse-Lemon als BiMi kommt mit Zitronenlimonade gemischt in die Flasche.

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