Edeka
Viel Platz für Bio
Edeka Minden-Hannover schafft in den Zentrallagern Raum für Produkte aus kbA
2006 hat die Edeka Minden-Hannover ein Bio-Projekt gestartet. Bereits jetzt haben sich die ersten Erfolge eingestellt. Im vierten Quartal 2006 lief eine Bio-Offensive an, die bei den Kunden starken Wiederhall fand. „Wir stehen aber erst am Anfang und haben noch einen weiten Weg vor uns", macht Bio-Projektleiter Peter Gayermann die Situation deutlich. In der 18-köpfigen Projekt-Gruppe sind Geschäftsführung, Einkauf, Vertrieb, Produktionsbetriebe und Einzelhändler vertreten. Flächendeckend sollen im Vertriebsgebiet der Großhandlung, das sich von Niedersachsen über Westfalen, Sachsen-Anhalt, Berlin bis Brandenburg erstreckt, Lebensmittel aus kontrolliert biologischem Anbau (kbA) etabliert werden. Ein entscheidender Schritt nach vorn besteht in der Verbesserung der Logistik durch die Integration der Bio-Artikel ins Zentrallager.
Ein Leitsystem mit Deckenhängern und Fußboden-Aufklebern führt den Edeka- Kunden zu den Bio_Produkten. Peter Gayermann leitet das Bio-Projekt der Edeka Minden-Hannover. Die Edeka Minden-Hannover ist die größte der sieben Regionalgesellschaften des Lebensmittelriesen. Mit fünf Milliarden Euro und einem Plus von acht Prozent oder 350 Milionen Euro zum Vorjahr erwirtschafteten die Mindener 2006 einen Umsatzrekord. Mehr als 24.200 Menschen arbeiten im Vertriebsgebiet, das sich in einem Band von der Nordsee-Küste im Westen bis zur polnischen Grenze im Osten quer über Deutschland erstreckt.
Das 1.500 Outlets verkaufen auch Bio. In der Großstadt mehr und auf dem Land etwas weniger. Damit der Anteil größer wird, startete die Großhandlung im Oktober 2006 eine Bio-Offensive.
Geschäftsführer Bernhard Berger hatte auf dem Bio-Handelsforum in Köln ein Herz für Bio gehabt und die Aktion angekündigt. Von den Marktleitern kam ein überwiegend positives Echo. Ein Ergebnis, das zu erwarten war. „Der Start war gut. Es gab eine tolle Resonanz", zieht Bio-Projektleiter Peter Gayermann ein Fazit.
Bio-Umsatz 2007 verdoppeln
Im laufenden Geschäftsjahr soll der Umsatz mit biologischen Lebensmitteln verdoppelt werden. Das ist aufgrund der schmalen Basis realistisch. Im Geschäftsjahr 2006 lag der geschätzte Bio-Anteil unter zwei Prozent. Gayermann weist daraufhin, dass die Berechnungsgrundlagen nicht klar sind. Die Artikel werden in der Warenwirtschaft erst seit kurzem mit einer Bio-Kennzeichnung erfasst. Zudem wurden Artikelzahl und Verfügbarkeit stark erweitert.
Mit mehr Produkten in mehr Verkaufsstellen steigt der Umsatz zwangsläufig. Vergleichszahlen sind deshalb nur bedingt vorhanden. „Einen Bio-Anteil von 4,5 bis fünf Prozent in den nächsten Jahren zu erreichen wäre toll", wagt Gayermann einen Ausblick.
Die Projektgruppe hat ein Bio-Vollsortiment mit 1.000 Produkten entwickelt. Darin sind alle Warengruppen vertreten und dem Verbraucher kann zu jedem herkömmlichen Artikel eine Bio-Alternative angeboten werden. Das Bio-Sortiment besteht aus den vier Modulen Kern-, Basis-, Erweiterungs- und Vollsortiment.Ein kleinflächiger E-aktiv kann mit dem Kernsortiment von 140 Artikeln versorgt sein. Auf mittleren Flächen kann der Kaufmann mit dem Basissortiment um 280 auf 420 Artikel aufstocken. Das ist im Vergleich zum Ist-Zustand im deutschen LEH schon ein ordentliches Angebot.
Das Erweiterungssortiment von 450 Artikeln gibt engagierten Kaufleuten die Chance sich zu profilieren. Dann stehen 870 Bio-Artikel im Regal. Mit nochmals 130 ist das Vollsortiment und die magische Zahl 1.000 erreicht. Die können in einem E-Center auf der Großfläche präsentiert werden. Bei 1.000 ist noch nicht Schluss; das Sortiment wird permanent erweitert.
Die Artikelzahl allein ist kein Gradmesser für ein attraktives Sortiment. Bei der Überarbeitung ist eine Anzahl an Dubletten entdeckt worden. Diese wurden durch attraktivere Produkte ersetzt. Ebenso wurden Langsamdreher gegen zeitgemäße Artikel ausgetauscht. Die Zusammensetzung richtete sich nach dem Grundsatz: Edeka bietet dem Kunden in jeder Warengruppe eine Bio-Alternative.
Profilierung mit regionalenBio-Produkten
Die Selbstständigen Kaufleute, die immerhin zwei Drittel der Märkte betreiben, können das Bio-Sortiment um regionale Produkte ergänzen. Sonderkulturen wie Bio-Spargel, -Stein- oder -Beerenobst bieten sich hier an. „Regionalität ist ein Profilierungsinstrument, das auch und gerade auf Bio übertragen werden kann", führt der Bio-Projektleiter aus.
Zur Qualitätssicherung gibt es Regeln für die regionale Beschaffung. Zum Beispiel meldet der Kaufmann den Lieferanten bei der Edeka an und dokumentiert den Warenfluss elektronisch.
Mit einem attraktiven Sortiment hat eine Lebensmittelkette erst die Hälfte erledigt. Genauso wichtig ist die Logistik. „Hier wird es massive Veränderungen geben. Alle Bio-Wertkost-Artikel und die Schnelldreher werden ins Lager genommen", kündigt Gayermann an. Die Edeka schafft Platz für Bio.
Bio im LEH war in der Vergangenheit ein Streckengeschäft. Ein schöner Service für den Marktleiter, weil er sich um die Artikel nicht zu kümmern braucht. Dafür wird in der Regel nur wöchentlich geliefert, so dass oft leere Regalplätze zu sehen sind.
Zudem ist die Identifikation der Mitarbeiter mit einem Sortiment geringer, wenn sie es nicht in die Hand nehmen müssen. „Wenn ich als Marktleiter selbst bestellen muss, interessiere ich mich für die Produkte", erläutert Gayermann.
Die Edeka Minden-Hannover beliefert ihre Märkte täglich, auch mit Frische. „Wir haben alle logistischen Vorteile", betont Gayermann. An vier Umschlagsplätzen ist Cross-Docking möglich: Systemlieferanten wie Käse-Großhändler, die Sortimente bündeln, nutzen die Möglichkeiten bereits. „Das funktioniert auch bei zusätzlichen Bio-Sortimenten", weist der Bio-Projektleiter auf die Chancen hin. Wenn die Edeka die ganze Kraft ihrer Logistik-Engine nutzt, wird das dem Bio-Sortiment einen gewaltigen Schub bescheren.
Platz für Bio im Zentrallager
In einem logistischen Kraftakt wurden und werden weiterhin Lagerplätze freigemacht. „Da mussten Prioritäten gesetzt werden", klärt Gayermann auf. Für die Marktleiter bringt das den Vorteil, nur einen Ordersatz, nur einen Lieferanten und nur eine Rechnung bearbeiten zu müssen.
Kleinflächen, für die aufgrund von Mindestbestellwert oder fehlender Zwischenlager Bio tabu war, können jetzt ebenfalls einsteigen. Die Distribution wird durch die verbesserte Logistik breiter werden. Für Bio ist dadurch ein erheblicher Wachstumsschub zu erwarten.
Alle Lager der Großhandlung Minden sind bio-zertifiziert. Die Hausaufgaben sind hier also erledigt. Im Bereich Frische ist die Edeka auch Hersteller. Die Edeka-Töchter Bauerngut als Fleischwerk und die Großbäckerei Schäfer’s liefern Bio-Produkte.
Schäfer’s betreibt im Vorkassen-Bereich Brottheken und ist nach Angaben der Edeka mit 920 Filialen der größte Bäcker Deutschlands. Zwölf Bio-Produkte in den Kategorien Brot, Brötchen und Feingebäck sind im Sortiment. Zu den Stärken der Großbäckerei zählt die Logistik.
Das Edeka-Fleischwerk Bauerngut fährt seit rund 20 Jahren Markenprogramme, darunter Bio-Wertkost. Genetik, Fütterung, Haltungsformen und Medikamentation sind Themen, die Bauerngut aus dem ff beherrscht. Das Bio-Gut am Steinhuder Meer liefert die Rinder für Bio-Gutfleisch.
Mutterkuh-Haltung und ganzjährige offene Ställe sorgen für artgerechte Lebensbedingungen der Tiere. Für das Schweinefleisch gibt es ein Programm mit artgerechter Weidehaltung der Tiere. Durch die Zusammenarbeit mit Erzeugergemeinschaften und Bio-Verbänden ist die Rückverfolgbarkeit über mehrere Stufen gegeben.
Mit dem Fruchtkontor verfügt der Marktführer in Deutschland auch über eine eigene weltweite Beschaffung für Bio-O+G. Das grüne Sortiment ist vor Molkereiprodukten die bedeutendeste Bio-Warengruppe im Konzern.
Verkaufsstellen werden zertifiziert
Auch die Märkte im Vertriebsgebiet werden nach und nach bio-zertifiziert. Denn in den Verkaufsstellen ist Know-how in der Verarbeitung vorhanden. Schnippelware bei Obst- und Gemüse, Prepacking, Frischkäse-Zubereitungen, Feinkost-Salate bis zum Party-Service kann ein engagierter Kaufmann aus eigener Hand in Bio-Qualität bieten.
Bei der Platzierung hat sich Minden für die Integration in die Sortimente entschieden. In den E-Centern wird zusätzlich ein Block als Kompetenz-Platzierung angeboten. Der Supermarkt hat als Hauptzielgruppe eben den „Wechselverwender", nicht den „Nur-Biokunden".
Daraus folgt die Zuordnung zu den Warengruppen: Bio-Essig zu Essig und Bio-Öl zu Öl. Das wiederum erfordert ein Leitsystem, damit der Kunde auf die besonderen Produkte aufmerksam wird. Am POS führen Floorgraphics (Bodengrafiken), Deckenhänger, Regal- und Preisschilder mit dem Bio-Logo den Verbraucher zur Bio-Range.
Die Werbung wird ebenfalls intensiviert. Im wöchentlichen Handzettel sind regelmäßig Bio-Produkte und einmal im Monat sogar eine Doppelseite. In dem Projekt wurde auch ein nationales Schulungskonzept erarbeitet.
Der Kunde soll fachkundig beraten werden können. Zahlreiche Edeka-Märkte werden sich nach dem erfolgreichen Auftritt 2006 auch anno 2007 wieder um den Titel „Bio-Markt des Jahres" bewerben, um eine goldene, silberne oder bronzene Selly zu gewinnen. „Die Selly hat uns einen Boom gebracht", blickt Gayermann zurück.
Anton Großkinsky
Bio-Beauftragter bei der Edeka
Bei der Edeka Minden-Hannover gibt es seit Jahresbeginn die Position eines Bio-Beauftragten. Dirk Hahne, seit 20 Jahren im Unternehmen, nimmt die Aufgabe war. Der gelernte Einzelhandelskaufmann war zuvor Marktleiter und Vertriebsspartenleiter.
„Ich sorge dafür, dass das Thema ernst genommen und nicht als exotisch betrachtet wird. Bio muss Tagesgeschäft werden". Durch das Konzept rund 1.000 Bio-Artikel nach und nach über das Zentrallager zu verteilen, sieht er diese Forderung als erfüllt an. „Die Märkte müssen die Möglichkeit haben, jeden Tag Bio-Produkte zu bestellen".