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Ökolandbau

Bio-Streuobst unter Druck

Verschärfung der EU-Öko-Verordnung führt zu Problemen

Bio-Streuobst unter Druck © fullnessdesign
Reiche Ernte auf einem Streuobstbaum: Durch verschärfte Bio-Regeln ist die Verfügbarkeit von standortangepassten Sorten in Gefahr.

Seit 2024 gelten strengere Regeln für Bio-Streuobstbewirtschafter: Durch Änderungen der EU-Öko-Verordnung wurde die Vorschrift, dass für Neupflanzungen ausschließlich Bio-Jungbäume verwendet werden dürfen, verschärft. Außerdem ist eine Beweidung von Bio-Streuobstflächen mit konventionellen Weidetieren künftig untersagt. Laut Streuobst-Verbänden erschweren die neuen Vorschriften die Bio-Bewirtschaftung erheblich. Sie fordern die Politik daher auf, praktikable Lösungen zu bieten.

„Nur wo 100 Prozent Bio drin ist, darf auch Bio drauf stehen. Die aktuellen Verschärfungen der Bio-Richtlinie schießen aber deutlich über das Ziel hinaus“, schreiben der Streuobst-Verein Hochstamm Deutschland, der Landesverband für Obstbau, Garten und Landschaft Baden-Württemberg (LOGL) und der Pomologen-Verein in einer gemeinsamen Pressemeldung.

Nach der sogenannten ‚Kernobstregelung‘ sind Bio-Betriebe künftig verpflichtet, die für die Pflanzung vorgesehene Sorte zwölf Monate vor dem geplanten Pflanztermin bei einer Bio-Baumschule zu bestellen. Nur im Falle einer Lieferabsage oder wenn die gewünschte Sorte in der nationalen Datenbank www.organicxseeds.de nicht verfügbar ist, kann eine Ausnahmegenehmigung zur Verwendung von konventionellem Pflanzgut erteilt werden. Für kleinere Betriebe, die jährlich maximal 50 Hochstamm-Bäume pro Sorte erwerben, gilt die Vorbestellpflicht nicht.

Die Streuobst-Verbände stellen dazu fest, dass ein Bezug von Bio-Obstbäumen aus der Region momentan kaum möglich ist, da es an zertifizierten Bio-Baumschulen fehlt. Deshalb seien Streuobstbewirtschafter nun oft dazu gezwungen, ihre Jungbäume aus anderen Klimaregionen zu beziehen, was mit hohen Kosten, weiten Transportwegen und häufig hohen Mindestabnahmemengen verbunden sei. Zu Beschwerden über die unzureichende Qualität der überregional gelieferten Pflanzware komme das prinzipielle Problem, dass die Obstbauern durch die verschärfte Regel Sorten verwenden müssen, die nicht an ihren jeweiligen Standort angepasst sind.

Auch durch das Verbot einer Beweidung mit konventionell gehaltenen Weidetieren sehen sich Streuobstakteure laut ihren Vertretern mit erheblichen Mehrkosten und entsprechendem Aufwand konfrontiert. Traditionell erleichtern Weidetiere wie Schafe, Ziegen und Rinder den Bauern die Grünlandpflege und sorgen auf schonende Weise dafür, dass Gras und Kräuter in großer Vielfalt auf der Streuobstwiese gedeihen. Wenn künftig keine Bio-Weidetiere in der näheren Umgebung von Bio-Obstbauern verfügbar sind, müssen diese Mähgeräte beschaffen, Treibstoff- und Wartungskosten tragen und Zeit in Mähen und Schnittgutverwerten investieren. Hierdurch müssten womöglich Flächen aus der Nutzung genommen werden.

„Streuobst ist kein Museum“, schreiben die Verbände. Die „einmalige, lebendige und menschengemachte Kulturlandschaft“ sei auf die Bewirtschaftung durch engagierte Akteure angewiesen, die zudem oft ehrenamtlich tätig seien. Durch das Bundesnaturschutzgesetz werde der Erhalt der Streuobstflächen vorgeschrieben.

Das gemeinsame Kompendium fordert daher:

  • Ausnahmeregeln für die Beschaffung von Streuobst-Pflanzgut zu erhalten.
  • den Erwerb von hochpreisigem Bio-Pflanzgut mehr zu fördern.
  • kleine Baumschulen bei der Erzeugung von regional angepasstem Bio-Pflanzgut zu unterstützen.
  • Ausnahmeregelungen für die Beweidung mit konventionellen Tieren beizubehalten.

Vor weiteren Änderungen oder Verschärfungen sollten die Betroffenen für sinnvolle und praktikable Lösungen beteiligt werden.

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