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Laborfleisch

EU-Agrarrat diskutiert über Reaktorfleisch

Österreich, Italien und Frankreich warnen vor verfrühter Zulassung

Gestern wurde im Agrarministerrat der EU über Risiken und die Beurteilung von Laborfleisch diskutiert. Die Delegationen aus Österreich, Italien und Frankreich haben das Thema auf die Agenda gebracht und wurden dabei von neun weiteren EU-Staaten unterstützt. Sie warnen insbesondere vor den Folgen für die bäuerliche Landwirtschaft und fordern eine breite Debatte in der EU sowie eine umfassende Folgenabschätzung durch die Kommission, mit der dem Vorsorgeprinzip Genüge getan wird.

Die Initiative läuft unter dem Titel ‚Die Rolle der GAP bei der Sicherung einer qualitativ hochwertigen und primär bäuerlichen Lebensmittelproduktion‘. In dem Schreiben heben die Delegationen die Rolle der europäischen Landwirte bei der Ernährungssicherung und ländlichen Entwicklung sowie dem Schutz von Umwelt und Kulturlandschaften hervor. Die Produktion von Laborfleisch mittels Stammzellentechnologie stelle eine Bedrohung für das europäische Agrarsystem dar und sei keine nachhaltige Alternative.

Sorge vor Industriemonopolen und Abhängigkeit

Im Fokus der Sorge stehen die erwartbaren Folgen für die regionale, bäuerliche Landwirtschaft. Die hohen Fixkosten und großen Mengen, ab denen eine kosteneffiziente Produktion von Laborfleisch voraussichtlich einmal möglich sein wird, bürgen ein großes Risiko für eine Monopolstellung weniger großer Industriekonzerne – verbunden mit neuen Abhängigkeiten entlang der Wertschöpfungskette und zusätzlichem Druck auf Kleinbauern. Die EU müsse sich daher die Frage stellen, wie sie eine vielfältige Lebensmittelproduktion, die Wirtschaftlichkeit von bäuerlicher Tierhaltung und die weitere Entwicklung des ländlichen Raums garantieren kann.

In puncto Nachhaltigkeit der Tierhaltung betonen die Delegationen den Wert von Grünland und der Ökosystemleistungen, die mit Hilfe von Beweidung erbracht werden können, etwa die Speicherung von Kohlenstoff im Boden. Gleichzeitig stellen sie die Nachhaltigkeit der Reaktorfleisch-Produktion auch mit Blick auf Treibhausgase in Frage.

Folgenabschätzung im Sinne des Vorsorgeprinzips

Bezüglich der Konsumenten gelte es, Gesundheitsrisiken zu vermeiden und Transparenz sicherzustellen. Eine verpflichtende Kennzeichnung müsse dafür sorgen, dass zelluläre Produkte klar von echtem Fleisch unterschieden werden können. Die Delegationen rufen die EU-Kommission außerdem dazu auf, vor einer Zulassungsentscheidung eine umfassende Meinungsumfrage unter EU-Bürgern zum Thema Reaktorfleisch durchzuführen.

Für die Bewertung und Zulassung neuartiger Lebensmittel in der EU ist die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zuständig. Die Initiative stellt in Frage, ob die Novel Food-Verordnung den potenziellen Risiken von Laborfleisch gerecht werden kann und ausreicht, um die Einhaltung des Vorsorgeprinzips sicherzustellen.

Sie fordert daher die EU-Kommission auf, vor einer Zulassung eine umfassende Folgenabschätzung einzuleiten, die alle relevanten Probleme in den Blick nimmt: ethische, wirtschaftliche, soziale und ökologische. Dabei müsse eine unabhängige, wissenschaftlich fundierte und umfassende Beurteilung garantiert werden, die nicht von Greenwashing-Kampagnen beeinflusst wird.

Der Antrag aus Österreich, Italien und Frankreich wurde von den Delegationen aus Tschechien, Zypern, Griechenland, Ungarn, Luxemburg, Litauen, Malta, Rumänien und Slowakei unterstützt.

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