Kongress
Ohne-Gentechnik-Gipfel 2024: Transparenz weltweit sicherstellen
Treffen der internationalen Non-GMO-Branche in Frankfurt

Wie bedrohlich sind die aktuellen Entwicklungen im Bereich Neue Gentechnik? Was ist nötig, um langfristig Transparenz und Wahlfreiheit für Verbraucher zu garantieren, die Koexistenz gentechnikfreier Artikel zu sichern und das Vorsorgeprinzip zu wahren? Und wie ist es um die GMO-freie Verfügbarkeit beim ‚Sorgenkind Soja‘ bestellt? Am 7. und 8. Oktober trafen sich mehr als 160 Vertreter der Ohne-Gentechnik-Branche aus 23 Ländern und vier Kontinenten zum ‚International Non-GMO Summit 2024‘ in Frankfurt und diskutierten über aktuelle Herausforderungen.
Einen Überblick über den Inhalt des stark umstrittenen Kommissionsvorschlags zur künftigen (De-) Regulierung Neuer Gentechnik sowie die politische Entwicklung seit der Veröffentlichung gab Dietmar Vybiral vom österreichischen Gesundheitsministerium. Nach Plänen der EU-Kommission müssen Pflanzen, die mit Neuer Gentechnik entwickelt wurden und dabei maximal 20 genetische Veränderungen aufweisen (Kategorie 1) kein Zulassungsverfahren mehr durchlaufen, sondern lediglich angemeldet werden. Die Entwickler müssen außerdem einen Nachweis liefern, dass keine fremde DNA enthalten ist. Auch die Kennzeichnungspflicht ist nur noch für Saatgut vorgesehen. Für die Kategorie 2 mit mehr als 20 Veränderungen soll ein vereinfachtes Risikoverfahren angewandt werden und das Gentechnik-Kennzeichnungsgebot bleibt bestehen. „Die Kommission hat laut dem Entwurf das Recht, die Definition der Kategorien zu ändern – ohne die Zustimmung der Mitgliedstaaten einzuholen“, merkte Vybiral an.
Im Juli 2023 wurde der Kommissionsvorschlag veröffentlicht, im Februar 2024 segnete ihn das Parlament mit zahlreichen Änderungen ab. So fordert das EU-Organ eine Kennzeichnungspflicht für alle NGT-Erzeugnisse – auch auf Endproduktebene; eine Dokumentationspflicht entlang der Produktionskette soll die Rückverfolgbarkeit sicherstellen; und Patente auf NGT-Erzeugnisse sollen vollständig ausgeschlossen werden – „was schwer umzusetzen ist“, kommentiert Vybiral. Keinen Fortschritt gibt es in dem neuen Entwurf mit Blick auf die Risikoprüfung.
Damit über eine Verordnung zu Neuer Gentechnik im Trilog diskutiert werden kann, steht nun noch die Zustimmung des EU-Ministerrats aus. Dieser konnte sich allerdings bislang nicht mit der erforderlichen qualifizierten Mehrheit auf eine gemeinsame Position einigen. Nachdem es weder die spanische noch die belgische Ratspräsidentschaft geschafft haben, das Thema mit einem Kompromissvorschlag abzuschließen, ging der Staffelstab im Juli 2024 an Ungarn, das zu den Kritikern einer Gentechnikregulierung gehört. Gleich zu Beginn seiner Präsidentschaft legte der Staat dem Rat ein inoffizielles ‚Non-Paper‘ vor, in dem strittige Punkte wie Risikobewertung, Kennzeichnung und Identifizierung Neuer Gentechnik zur Diskussion gestellt wurden.
Teil der Kontra-Fraktion im EU-Rat sind außerdem etwa Österreich, Kroatien, Slowenien und die Slowakei, zu den Befürwortern zählen unter anderen Malta, Zypern und Griechenland. Das ‚Zünglein an der Waage‘ ist für Vybiral aber momentan Polen, das ebenfalls zu den Kritikern des Kommissionsvorschlags gehört und den Rat im ersten Halbjahr 2025 führen wird. „Wenn sie ihre Meinung ändern, würde die Pro-Fraktion eine qualifizierte Mehrheit erreichen und der Trilog könnte beginnen“, stellt er fest – mit dem voraussichtlichen Ergebnis der Deregulierung. Andernfalls übernimmt im zweiten Halbjahr 2025 Dänemark und wird nach Einschätzung Vybirals als „starker Befürworter“ alles dafür tun, die Verordnung durchzubringen.
Europäische Lebensmittelindustrie fordert Kennzeichnungspflicht
Der ungarische Landwirtschaftsminister István Nagy beteiligte sich mit einem Video-Grußwort selbst am Non-GMO-Summit und sprach sich darin klar für die Wahrung von Vorsorgeprinzip und Wahlfreiheit aus. Auch Silvia Bender, Staatssekretärin des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), sicherte der Branche Unterstützung dafür zu, die gentechnikfreie Wertschöpfungskette aufrechtzuerhalten. Sie kritisierte den Kommissionsvorschlag als unzureichend – vor allem mit Blick auf Koexistenz und Transparenz – und verwies auf den offenen Brief ‚Food Industry for Freedom of Choice’ (Lebensmittelindustrie für Wahlfreiheit) von Anfang September, der die breite Unterstützung der europäischen Lebensmittelbranche für eine Regulierung Neuer Gentechnik zeige.
367 Unternehmen aus 16 EU-Mitgliedstaaten sprechen sich damit für eine umfassende Kennzeichnungspflicht (wie sie vom Parlament gefordert wurde) aus, um die Wahlfreiheit für Konsumenten sicherzustellen. Außerdem fordern sie, dass Unternehmen, die Neue Gentechnik auf den europäischen Markt bringen wollen, Nachweismethoden und eine Dokumentation der genetischen Veränderung zur Verfügung stellen müssen. Alle EU-Mitgliedstaaten müssten dazu verpflichtet werden, ausführliche Koexistenzmaßnahmen zu ergreifen. Der offene Brief wurde von den deutschen Unternehmen Alb-Gold, Alnatura, dm, Andechser Molkerei und Frosta initiiert. Zu den Unterzeichnern gehören neben zahlreichen ‚üblichen Verdächtigen‘ aus der Bio-Branche auch die Einzelhändler tegut und Rewe-Gruppe sowie aus Österreich die Supermarktkette Spar.
Bender bedauerte, dass sich Deutschland trotz dieser deutlichen Kritik aus der Lebensmittelbranche bislang wegen Uneinigkeit unter den Koalitionspartnern bei den Abstimmungen enthält. „Unser Ziel ist es, einen Kompromiss für einen gesellschaftlich akzeptierten Umgang mit den neuen Gentechnikverfahren zu finden, und daran arbeiten wir“, erklärte sie.
Viel Forschung, wenig Klimaschutz
Wie sieht es derweil auf Seite der Entwicklung Neuer Gentechnik aus? Samson Simon, wissenschaftlicher Berater beim Bundesamt für Naturschutz (BfN), führte dem Publikum die aktuelle NGT-Marktlage weltweit vor Augen. Als Grundlage nahm er die ausführliche Liste vom Januar 2024, die Eva Gelinsky, Leiterin der IG Saatgut, im Auftrag des Schweizer Bundesamts für Umwelt (BAFU) verfasst hat.
Demnach gibt es momentan global erst fünf NGT-Pflanzen, die zur Vermarktung angebaut werden. Dazu gehört etwa die ‚GABA-Tomate‘ in Japan, mit einem erhöhten Gehalt an Gamma-Amino-Buttersäure, die zu dem Zweck entworfen wurde, den Blutdruck zu senken – „ein Premiumprodukt, das mehr als 60 Dollar pro Kilo kostet“, stellte Simon fest. Die weiteren sind: der Salat GreenVenus mit verlängertem Regalleben (USA), ein Senf mit weniger Bitterstoffen (USA, Kanada), ein Mais mit veränderter Stärke (USA, Kanada, Brasilien, Argentinien, Chile, Japan) und ein herbizidresistenter Mais, der ein Insektengift produziert (USA). Daneben gibt es 15 NGT-Pflanzen, die nach Unternehmensangaben kurz vor der Markteinführung stehen.
Die Liste mit NGT-Sorten, die sich im Forschungs- und Entwicklungsstatus befinden, ist deutlich länger und umfasst über 150 Beispiele. „Die meisten geplanten Veränderungen sind konsumorientiert, gefolgt von Industrie- und Anbauorientierung“, berichtete Simon. Sucht man dagegen nach Verbesserungen in puncto Klimaresilienz – ein wichtiges Argument der Industrie für die Verwendung Neuer Gentechnik – so ist die Trefferquote sehr gering: Pläne gibt es für trockenheitstolerantes Soja, klimaresilienten Eukalyptus und eine klimaangepasste Kichererbse. „Klimaresilienz ist bisher als Kriterium kaum vertreten, es gibt noch sehr wenig Wissen darüber“, folgerte Simon.
Ein weiteres Ergebnis der Analyse der Gelinsky-Liste: „Rund 94 Prozent der Projekte fallen unter die Kategorie 1 Neuer Gentechnik – also fast alles. Die Kategorie 2 ist so gut wie leer.“ Für die Großzahl der potenziellen NGT-Sorten in den Startlöchern würden somit nach Einteilung der Kommission Risikoprüfung und Kennzeichnung der Endprodukte wegfallen.
Warum das eine schlechte Idee ist, hat das BfN im Februar in einem ‚policy brief‘ ausgeführt. Darin wirbt die Behörde für eine wissenschaftsbasierte Regulierung, die dem Vorsorgeprinzip gerecht wird. „Die Begründung für die gestrichene Risikoanalyse ist eine vermeintliche Ähnlichkeit zur konventionellen Pflanzenzucht“, erklärte Simon. „Wir haben allerdings deutliche Unterschiede gefunden!“
Auch Pflanzen, die Insektizide produzieren, also Insekten töten und potenziell schädliche Folgen für das Schutzziel der Biodiversität mit sich bringen, können etwa zu NGT 1 gehören. Müssen transgene Pflanzen mit einem vergleichbaren Effekt eine umfassende Risikoprüfung durchlaufen, könnte diese für die NGT-Alternative bald außen vor bleiben. „Mit bis zu 20 Modifikationen sind sehr viele Veränderungen möglich“, betonte Simon. Dabei können laut BfN schon kleine genetische Eingriffe ein großes Risikopotenzial für Umwelt und Gesundheit aufweisen.
Dass die Eigenschaft von bis zu 20 Gen-Änderungen als Kriterium für die Gleichwertigkeit mit herkömmlichen Pflanzen unwissenschaftlich ist, hat bereits die französische Behörde für Lebensmittelsicherheit Anses Ende 2023 heftig kritisiert. Das Risiko einer NGT-Pflanze sei nicht proportional zu einer bestimmten Anzahl von Veränderungen, die entsprechende Schwelle somit willkürlich festgelegt.
Wege zum Nachweis
Die Forderung nach einer Risikoprüfung lässt sich also wissenschaftlich untermauern. Wie sieht es aber mit der gewünschten Kennzeichnungspflicht aus? Wie Bettina Jahn vom Zertifizierungsunternehmen SGS Germany ausführte, steht momentan keine allgemeine Nachweismethode für Neue Gentechnik im Labor in Aussicht. Das sei aber kein Hindernis für ein Free From-Zertifikat, das auf klassischen Audit-Strategien basiert. „Das Fehlen von Nachweismethoden hat die Kommission auch schon früher als Rechtfertigung für die Deregulierung genommen“, stellte Eric Gall, stellvertretender Direktor des Bio-Dachverbands IFOAM Organics Europe, fest.
Hoffnung darauf, dass Neue Gentechnik in Zukunft auch über Laborkontrollen nachgewiesen werden kann, machte Odd-Gunnar Wikmark, der das EU-finanzierte Darwin-Projekt koordiniert. 15 Organisationen aus elf Ländern arbeiten dort zusammen daran, Nachweismethoden für Neue Gentechnik zu etablieren. „Die genetischen Veränderungen selbst können bereits nachgewiesen werden – nur nicht, wie sie zustande gekommen sind“, erklärte Wikmark. Erzeugnisse Neuer Gentechnik unterschieden sich aber durch die Zielgerichtetheit statt Willkürlichkeit von natürlichen Mutationen und durch die Geschwindigkeit des Eingriffs von konventioneller Züchtung. Durch künstliche Intelligenz und bio-informatische Werkzeuge wollen die Forscher genetische Fingerabdrücke von NGT-Produkten generieren, mit Hilfe von Blockchain ein heterogenes Datenbanksystem entwickeln. „Die Entwicklung von Nachweismethoden für bekannte NGT-Varianten ist möglich und wir sind zuversichtlich, dass wir im Laufe der Zeit auch ungezielte Nachweismethoden entwickeln können“, so Wikmark.
Anforderungen an die Verordnung: Sicherheit und Effizienz
© Nina Werth
Auch Praxisvertreter waren beim Non-GMO-Summit präsent und sprachen darüber, was aus Unternehmenssicht nötig ist, um Neue Gentechnik aus den Wertschöpfungsketten auszuschließen. „Für österreichische Verbraucher und Landwirte ist Gentechnikfreiheit enorm wichtig“, betonte Johann Költringer, Geschäftsführer des Milchverbands Österreich (MVÖ). Seit 2010 tragen alle in Österreich hergestellten Milchprodukte das gentechnikfrei-Label. Das „Land der Molkereien“ habe viele Wiesen und Almen, rund 3.000 Höfe mit einer Durchschnittsgröße von nur 24 Kühen – lediglich 15 Prozent Silage-Fütterung und dafür bereits 19 Prozent Bio-Milch. „Diese nachhaltige Weise der Milchwirtschaft wollen wir bewahren!“, so Költringer. Und dafür brauche es ein Gesetz, mit dem das möglich ist, sowie eine Zertifizierung, die Verbrauchern eine hundertprozentige Garantie für Gentechnikfreiheit bietet.
Die Perspektive eines internationalen Rohstofflieferanten brachte Christoph Rathmann, Nachhaltigkeitsmanager beim Agribusiness-Unternehmen Bunge, in die Diskussion ein. „Beim Rohstoffgeschäft geht es um große Mengen“, erklärte Rathmann. Und Kontrollen seien zeit- und kostenintensiv. Die neue Regulierung müsse daher im Einklang mit logistischer Effizienz und Wirtschaftlichkeit stehen, realisierbar und praktikabel sein. „Wir brauchen einen verlässlichen Rahmen!“
Sorgenkind Soja
Noch hat Neue Gentechnik keine Marktrelevanz. Der Non-GMO-Summit widmete sich aber auch den Marktentwicklungen im Bereich herkömmlicher GMO, die global betrachtet weit verbreitet sind. Den meisten Gentechnik-Anbau weltweit gibt es bei den Kulturen Mais, Soja, Raps und Baumwolle, wie Bertalan Kruppa, Herausgeber des Marktreports von Donau Soja, erläuterte. In der Europäischen Union werde so gut wie kein gentechnisch verändertes Saatgut angebaut, mit Ausnahme von wenigen Produzenten in Spanien und Portugal – „ein Prozent der gesamten Mais-Produktion in der EU“, so Kruppa.
Mit Blick auf Soja sei der Bedarf in Europa um ein Vielfaches höher als die Produktion. „Europa ist eine Eiweißmangelregion“, bestätigte Rathmann. Nur drei Prozent des verbrauchten Sojas würden selbst produziert, 35 Millionen Tonnen importiert. Die Exporteure Brasilien, USA und Argentinien bauen allerdings zu über 90 Prozent gentechnisch veränderten Soja an – „nur ein winziger Anteil ist gentechnikfrei“, stellt Kruppa kritisch fest. Fazit: „Wir müssen weniger abhängig werden!“
Dabei sei Europa bereits auf einem guten Weg: „In den letzten zehn Jahren ging die Soja-Produktion um 50 Prozent nach oben.“ Heute liege die jährliche Ernte bei 2,9 Millionen Tonnen. Die hohe Nachfrage garantiere Erzeugern einen sicheren Absatz. Unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten ist der Anbau weniger energieintensiv als etwa Mais und hat einen geringeren CO2-Fußabdruck. Länder wie Ungarn und Rumänien gingen darin voraus, die eigene Soja-Produktion gezielt zu fördern.
Non-GMO-Markt: Stabilisierung nach der Pandemie
Ist auch außerhalb von Europa eine Zunahme des gentechnikfreien Anbaus zu erwarten? „Brasilien hat den Non-GMO-Markt in den letzten zehn Jahren bestimmt“, erklärte Maxime Montserret, Senior Trader bei Bunge. In den letzten drei Jahren zeichnete sich allerdings ein starker Rückgang des Angebots ab. Die Trennung von Gentechnik- und gentechnikfreier Ware werde teurer und aufgrund von Marktschwankungen sähen Landwirte es als Risiko, gentechnikfrei zu produzieren. In Argentinien bleibe die Ernte stabil. Indien wird es laut Montserret durch die neue EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) schwerer haben, die Vorgaben zu erfüllen und weiterhin in die EU zu exportieren.
Wie Daniele Marcomin, Berater beim Rohstoffmakler Agribusiness di Covolato, berichtete, gab es 2020 und 2021 auch einen deutlichen Einbruch in der Nachfrage nach gentechnikfreiem Soja: zehn Prozent in der DACH-Region, 30 bis 70 Prozent in Frankreich, Italien, den Benelux-Ländern, Kroatien und Tschechien. Insgesamt wurde während der Pandemie weniger Soja nachgefragt. Seither habe sich die Marktlage aber wieder stabilisiert. Nach Einschätzung Marcomins werden Verbraucher künftig Attribute fordern, die über Gentechnikfreiheit hinausgehen: wie entwaldungsfrei, nachhaltig, regional. Eine Zertifizierung wie die von Donau Soja werde damit an Relevanz gewinnen.
Als einer der größten Exporteure von gentechnik-freiem Soja aus Brasilien war das Unternehmen Caramuru Alimentos auf dem Non-GMO-Gipfel vertreten. Der für den Handel mit Sojamehl zuständige Renato Inocêncio Barbosa bat eindringlich um echte Kooperationsbereitschaft bei den Abnehmern. „Wir brauchen mehr Sicherheit und Rahmenverträge, um langfristig planen zu können“, betonte er. Dann könne die Versorgung mit Soja ohne Gentechnik auch gewährleistet werden.
Kampf gegen Gentechnik in den USA
Wie es ist, sich in einem Markt, in dem Gentechnik bereits Normalität ist, für gentechnik-freie Produkte einzusetzen, erzählten Erin Auld, Pauline Lauvin und Hans Eisenbeis vom ‚Non-GMO Project‘ den Branchenvertretern. „90 Prozent der in der USA angebauten Rohstoffe sind gentechnisch verändert“, klärte die Qualitätsverantwortliche Lauvin auf. „Das Landwirtschaftsministerium schätzt, dass 75 Prozent unserer Lebensmittel Gentechnik enthalten“, fügte Marketingleiter Eisenbeis hinzu.
Seit 17 Jahren engagiert sich das Non-GMO Project dafür, Verbrauchern eine Alternative zu bieten. Heute sind über 63.000 Produkte mit dem Schmetterlingslabel gekennzeichnet, das die NGO für garantiert gentechnikfreie Lebensmittel entwickelt hat. 40 Prozent der Teilnehmer haben darüber hinaus eine Bio-Zertifizierung.
„Die Nachfrage wächst!“, meint die Rechtsberaterin Erin Auld. „Und auf der anderen Seite fragt kein Konsument nach gentechnisch veränderten Produkten“, stellte Eisenbeis fest. „Das einzige Kaufargument ist der Preis.“ Interessiert daran, die Verbreitung von GMO-Ware voranzutreiben, seien ausschließlich die Entwickler. Der Kommunikationsexperte erwartet daher langfristig eine positive Marktentwicklung des Bereichs gentechnikfrei.
„Keep calm and carry on!“
Mit Blick auf den deutschen Markt teilt Holger Buxel, Professor für Marketing an der Universität Münster, diesen Optimismus. „Allgemein ist das Wissen der Verbraucher über die Bedeutung der verschiedenen Label wirklich schlecht“, bemängelt der Wissenschaftler. In der überfordernden Labelflut steche die ‚Ohne Gentechnik‘-Kennzeichnung allerdings durch ihre simple Eindeutigkeit hervor und habe dadurch einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht. Gesundheit und Nachhaltigkeit seien die wichtigsten Gründe, aus denen Verbraucher Gentechnikfreiheit fordern. Was Neue Gentechnik angeht, so sei die Thematik bei der Mehrheit noch nicht im Bewusstsein, die Inflationsproblematik momentan dominierend.
© Nina Werth
„Ruhe bewahren und weitermachen“ lautet die Devise am Ende des Gipfels für Heike Moldenhauer, Generalsekretärin der European Non-GMO Industry Association (ENGA). Da bisher kaum Neue Gentechnik in den globalen Märkten existiert, sei die Sicherung der Koexistenz gentechnikfreier Produkte noch überwiegend theoretisches Vorausdenken. „In den nächsten Jahren werden wir nicht mit Neuer Gentechnik überflutet werden“, stellt die Generalsekretärin fest. Gleichzeitig habe die Forschung zu Nachweismethoden und einer besseren Rückverfolgbarkeit an Fahrt aufgenommen. Moldenhauer rechnet daher mit bedeutenden Fortschritten dabei, NGTs aus gentechnikfreien Wertschöpfungsketten auszuschließen.
Der International Non-GMO Summit wurde vom Verband Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG), der ARGE Gentechnik-frei, Donau Soja, der ENGA und ProTerra veranstaltet. Hauptsponsoren waren die Unternehmen Caramuru, Foodchain ID, Köster Marine Proteins und Bunge.
Lena Renner