Verbraucherschutz
Kommission zieht Green Claims-Richtlinie zurück
Erleichterung für die Unternehmen oder Gefährdung des Verbraucherschutzes?
Kurz vor der finalen Trilog-Verhandlung zur Green Claims-Richtlinie hat die EVP-Fraktion im Europäischen Parlament überraschend gefordert, dass die EU-Kommission den Gesetzesvorschlag zurückzieht. Am vergangenen Freitag kündigte die Kommission an, das Gesetzesvorhaben zu stoppen. Gestern Abend hat auch der EU-Rat die geplanten Gespräche mit dem Parlament abgesagt. Die Assoziation ökologischer Lebensmittelherstellerinnen und -hersteller (AöL) befürchtet nun Unklarheiten bei Umweltaussagen zu Produkten und mangelnde Klarheit für Verbraucher.
Die kürzlich verabschiedete Richtlinie (EU) 2024/825 zur Stärkung der Verbraucherrechte im ökologischen Wandel setze bereits wichtige Standards für die werbliche Umweltkommunikation – darunter rechtliche Definitionen, Irreführungsverbotstatbestände und verbotene Praktiken im Zusammenhang mit Umweltaussagen oder Nachhaltigkeitssiegeln. Sie soll in wenigen Tagen in nationales Recht überführt werden.
Die Green Claims-Richtlinie wurde allerdings als notwendige Ergänzung angesehen: Sie soll die Begriffe und Umweltaussagen mit konkreten Prüfanforderungen unterlegen und die Nachweispflichten für Umweltbehauptungen verbindlich regeln. Ihr Ziel ist es, umweltbezogene Werbeaussagen künftig klar, überprüfbar und wissenschaftlich belegbar zu machen – für die AöL ein entscheidender Schritt, den Verbraucherschutz zu stärken und faire Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen zu schaffen.
„Es herrscht in weiten Teilen der Branche Einigkeit darüber, dass einheitliche und überprüfbare Standards unerlässlich sind – sowohl zur Stärkung des Vertrauens der Verbraucherinnen und Verbraucher als auch zur Sicherung fairer Wettbewerbsbedingungen“, so AöL-Rechtsexpertin Simone Gärtner. „Insbesondere Unternehmen die Bio-Lebensmittel anbieten, die sich bereits heute den strengen Vorgaben der EU-Bio-Verordnung unterwerfen, sind auf ein ‚Level Playing Field‘ angewiesen. Nur so kann verhindert werden, dass glaubwürdige Umweltleistungen durch irreführende Aussagen anderer Marktakteure entwertet werden.“
Aus Sicht kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU), insbesondere im Bio-Sektor, wird die geplante Regelung zu den Green Claims jedoch auch kritisch bewertet: Befürchtet werden erhebliche bürokratische Belastungen durch die zusätzlichen Nachweispflichten – verbunden mit finanziellem und personellem Mehraufwand, der für viele KMU nur schwer zu bewältigen ist. Die AöL fordert daher von der EU, weiterhin an klaren Regeln für Umweltaussagen zu arbeiten und dabei Vorgaben zu entwickeln, die auch für mittelständische Unternehmen leistbar sind.