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Editorial

Editorial Ausgabe 117/Oktober 2023, 4. Quartal

Liebe Leserinnen, liebe Leser.

Kein Sommerloch dieses Jahr, dazu gab es zu viele ernsthafte Ereignisse. Die Klimakrise ist angekommen, die Menschen erstarren und werden nachdenklich. Dreht sich das Bewusstseinsblatt? Ökologie wird jetzt in den Unternehmen allerorten groß geschrieben und auch ernst genommen. Aus Sicht der 80er Jahre ist das die große Überraschung.

Ist Transformation, so fragen wir heute, eine Mode, ein Trend oder ein Big Bang? Vor 30 Jahren stand am Anfang dieses Satzes das Wort Bio. Und Bio hat sich als Big Bang erwiesen. Der ist viel zu groß, um weiterhin in zu kleinen ideologischen Schuhen Platz zu finden.

Auf der Anuga will jetzt die BioHandel Akademie der Naturkostbranche die Leitlinien für Bio in den LEH in einem Marktgespräch vortragen. Kernaussage: Der Fachhandel ist und bleibt die Speerspitze, von der die anderen lernen (sollen). Ob die Teilnahme von Cem Özdmir an diesem Auftritt dieser Aussage mehr Gewicht verschaffen kann, ist fraglich.

Fakt sind die Gewohnheiten der Verbraucher. Sie haben dazugelernt und immer mehr Bio in ihre Einkaufskörbe gelegt. Die Verbraucher sind schon weiter, als das in vielen Schreibstuben gedacht wird. Mit Blick auf die Käufer von Lebensmitteln sollten zwei wichtige Fragestellungen in den Fokus gerückt werden. Die Preisgestaltung und die Verfügbarkeit, weniger der erhobene Zeigefinger.

Wo Bio-Produkte die Auslagen füllen, werden sie gekauft. Das macht den Charme der Bioläden und Bio-Supermärkte aus. Dort ist alles in Bio zu haben. Aldi macht uns vor: Wenn der Preis stimmt, kommt Bewegung in den Bio-Absatz auch schon bei eingeschränkten Sortimenten.  Die meisten Verbraucher erledigen in ihren gewohnten Mainstream-Geschäften ihren One-Stop-Einkauf. Im LEH ist jedoch selten ein Bio-Vollsortiment zu finden. Da ist noch sehr viel Luft nach oben.

Dass es anders gehen kann, zeigen selbstständige Kaufleute bei den Vollsortimentern (SEH). Da kommt es oft nicht auf die Flächengröße an, sondern auf den persönlichen Einsatz und das Bio-Engagement. Trotz vieler Schwierigkeiten organisieren sie Bio-Vollsortimente mit viel Frische und breiten Bio-Marken-Angeboten. Viel auch von den Herstellern direkt oder aus der Region, obwohl das viel Arbeit macht und auf wenig Gegenliebe bei ihren Handelsvorstufen stößt. Der Damm der Bio-Fachhandelsmarken bröckelt, aber zu langsam. Kooperation ist schon seit 20 Jahren gefragt.

Wenn sich die Macher im Naturkostfachhandel jetzt an den LEH, insbesondere die selbstständigen Kaufleute, wenden wollen, ist das zu begrüßen. Sie sollten aber den erhobenen Zeigefinger bei ihrer eigenen Klientel lassen. Die Lebensmittelkaufleute sind keine Verwendungsmasse. Und überhaupt, brauchen die Kaufleute das Wissen des Bio-Fachhandels? Sie brauchen Pragmatismus mit einem umfassenden Zugang zu Bio-Vollsortimenten, jeder Einzelne ohne Einschränkung nach seiner eigenen Couleur.

BIOimSEH sollte zum Fokus in der Biovermarktung werden. Diese 10.000 Outlets, flächendeckend in Stadt und Land, versorgen die Bevölkerung mit Lebensmitteln. Sie können das. Ihnen sollte eine professionelle Bio-Vorstufe weiterhelfen. Über Ideen von genossenschaftlichen Netzwerken und neuen Strukturen in den Marktrealitäten und darüber, wie nicht profitorientierte Vernetzung zum Bio-Ausbau beitragen könnte, sprach bioPress mit dem Baden-Württembergischen Genossenschaftsverband.

Der bioPress Verlag hat drei neue Angebote entwickelt. Die in 30 Jahren gewachsenen bio-affinen Kontakte stehen jetzt auf der bioPress Internetplattform in der neu geschaffenen Bio-Infothek zur Verfügung. Die dort mögliche Suche in den Warengruppen sowie über 500 Bio-Marken werden ergänzt durch Produktinfos mit Bild und Link zum Anbieter. Nicht zuletzt steht der Branche ein neutraler Online-Messeplaner mit Bioanbietern in einer Reihe von Messen zur Verfügung.

Seit Ende der Zusammenarbeit mit der Anuga geht bioPress neue Wege auf der Biofach und intensiviert die jahrzehntelange Vernetzung des SEH mit Bio-Vollsortimenten. Auf der Biofach wurde die neue Sonderschau BIOimSEH für die Kaufleute geschaffen, mit Produkt- und Markenpräsentationen, der Bio-Infothek und der Bio-Experten-Lounge für den direkten Austausch der Bio-Branche mit den Kaufleuten.

Erich Margrander
Herausgeber

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