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Nachhaltigkeit

In kleinen Schritten zu Transparenz und Klimaschutz

XII. ZNU-Zukunftskonferenz fand online statt

In kleinen Schritten zu Transparenz und Klimaschutz
Die ZNU-Leiter Christian Geßner und Axel Kölle sowie Moderatorin Janine Steeger (v.l.n.r.) bei der Schlussrunde

CO2-Reduktion, Transparenz und Verpackungen – die Relevanz von Nachhaltigkeit wächst stetig: sowohl im Handel, als auch bei Herstellern… und im Fußball. Bei der XII. Zukunftskonferenz des Zentrums für Nachhaltige Unternehmensführung (ZNU), angesiedelt an der Universität Witten/Herdecke, trafen sich am vergangenen Mittwoch, 12.5., Vertreter aus Wirtschaft, Gesellschaft und Wissenschaft zum virtuellen Austausch.

Sebastian Klauke, Vorstand für E-Commerce und Technologie bei der Otto-Group, stellte auf der Konferenz die neue Corporate Responsibility-Strategie des Online-Händlers vor. Ein wichtiger Punkt seien CO2-Emissionen, mit deren Reduktion Otto bereits 2006 begonnen habe und die 2020 halbiert werden konnten. Bis 2030 möchte das Unternehmen nun Klimaneutralität erlangen. Viel CO2 einsparen ließe sich bei den Servern, die viele Emissionen verursachten. Mit Hilfe von Datenminimalismus – also damit, nur die Daten zu verwenden, die für ein Ziel benötigt werden – könnten Algorithmen schlanker und schneller und der Stromverbrauch gesenkt werden.

Auch auf Transparenz legt der Online-Händler wert. Bei jeder Eigenware (einer sieben-stelligen Anzahl von Produkten) könne Otto die Lieferkette bereits vollständig nachverfolgen. Im Online-Shop hätten Kunden die Möglichkeit, ihre Suchergebnisse nach Nachhaltigkeit zu filtern und etwa nur Produkte aus FSC-zertifiziertem Holz anzeigen zu lassen. Auch im Sinne der Kreislaufwirtschaft gebe es erste Pilotprojekte – etwa die neue Second-Hand-Sparte des Online-Kleiderhändlers ‚About You‘.

„Verantwortung übernehmen ist Teil unserer DNA“, meinte Klauke mit Blick auf die Werte der Gründerfamilie und die lange Nachhaltigkeitshistorie bei Otto. Sie präge die täglichen Entscheidungen und beeinflusse etwa auch die Vergütung der Vorstände. Klauke ist überzeugt, dass sich Nachhaltigkeit langfristig auch wirtschaftlich auszahlt – auch wenn das etwa bei Investitionen in bessere Produktionsbedingungen eine Weile dauere.

Nachhaltiger wirtschaften mit dem ZNU-Standard

Mit Wissenschaft, Handel und Herstellern entwickelte das ZNU 2013 den ZNU-Standard Nachhaltiger Wirtschaften, der Unternehmen dabei helfen soll, einen messbaren Beitrag zur Nachhaltigkeit zu leisten und zu kommunizieren – mitsamt Zertifizierung. Nötig ist dafür ein integriertes Managementsystem, das die drei Dimensionen Umwelt, Wirtschaft und Soziales umfasst.

„Der Aufwand ist nicht zu unterschätzen“, stellte Bernd Eßer, Geschäftsführer bei der Berief Food GmbH, fest. 2016 ist der Bio-Hersteller von pflanzlichen Produkten dem ZNU-Standard beigetreten, der genau das richtige Konzept verfolge. Ein ökonomischer Nutzen ließe sich bisher allerdings noch nicht feststellen.

„Nachhaltigkeit ist keine isolierte Abteilung und kein Nebenbei-Effekt“, betonte Michael Münch, Geschäftsführer der ZNU-zertifizierten Molkerei Bauer. Wichtig sei es, wesentliche Punkte für das eigene Unternehmen zu identifizieren und daraufhin konkrete Nachhaltigkeitsziele festzulegen. Inzwischen habe man bei Bauer ein sehr heterogenes Nachhaltigkeitsteam, in dem sogar Jugendliche vertreten seien.

Als außergewöhnliches ZNU-Mitglied stellte sich der Amateurverein FC Internationale Berlin 1980 vor, der sein Zertifikat ganz neu im Zuge eines Pilotprojekts des ZNUs und des TÜVs Rheinland erhielt. Seit Jahren macht sich der Verein gegen Rassismus stark und ist seit 2007 Integrationsstützpunkt der Sportjugend im Landessportbund Berlin. Statt Werbung prangt der Slogan ‚No Racism‘ auf den Trikots der Spieler und Spielerinnen. Jetzt sollen Kleider und Fanshop-Artikel nach und nach auf Fairtrade umgestellt werden. „Wir wollen versuchen, den Fußball ökologischer zu machen – und die ganze Gesellschaft solidarischer“, erklärte der Vereinsvorsitzende Gerd Thomas. Dazu gehöre auch, sich zu streiten und mit politischer Lobby-Arbeit Druck zu machen.

Mehr Transparenz, weniger Greenwashing

Über Nachhaltigkeit aus Hersteller- und Handelsperspektive sprachen Schaebens-Geschäftsführer Heiko Hünemeyer und Nicola Tanaskovic, die bei der Rewe-Group den Nachhaltigkeitsbereich verantwortet. Schon vor 13 Jahren habe sie die Nachhaltigkeitsstrategie Rewes mit aufgebaut, die damals die einzige im LEH gewesen sei, während sich das Thema heute zum Wettbewerbsfaktor entwickelt habe. Tierwohl, Verpackungen und Klimaschutz seien die Bereiche, welche die Kunden laut der Stakeholderbefragung 2020 aktuell am meisten bewegten. Dabei gelte es, nach dem Prinzip ‚trial and error‘ zu probieren, was sich an nachhaltigeren Produkten auch tatsächlich verkaufen lässt. So sei Rewe einer der ersten mit Eiern ohne Kükentoten im Angebot gewesen, die anfangs nur wenig nachgefragt wurden, dann aber den Durchbruch geschafft hätten. In puncto Kundenkommunikation rät Tanaskovic dazu, niederschwellig Fakten rüberzubringen – nicht zu trocken und nicht zu emotional. Von Herstellern wünscht sie sich vor allem faktenbasierte Transparenz, die trotz zahlreicher Nachhaltigkeitsberichte oft noch nicht ausreichend vorhanden sei.

Auch Hünemeyer bemängelt, Öko-Meinungen zählten oft mehr als Tatsachen. Der Gesichtspflege-Hersteller Schaebens hat mit Hilfe des Klimaschutzberaters ClimatePartner die CO2-Bilanz unterschiedlicher Verpackungsformen ermittelt. Die von Schaebens verwendeten Beutel seien demnach (entgegen gängiger Meinungen) deutlich klimafreundlicher als Tuben und Tiegel. Viele Folien habe man inzwischen zudem auf einen Einstoffverbund umgestellt, der zu 93 Prozent recycelt werden könne. Dazu wurden auch Verpackungen aus 100 Prozent Rezyklat, also Alt-Plastik, eingeführt. Hünemeyer wünscht sich, eine Vorbildfunktion für andere Hersteller einnehmen zu können. MNUs hätten es durch die schnelleren Entscheidungswege und weniger komplexe Strukturen leichter mit der Nachhaltigkeit als große Unternehmen. Unter denen gäbe es dagegen leider viele Greenwasher, die mal „richtig Probleme bekommen“ sollten.

„Der ZNU-Standard wirkt, wie er wirken soll“, verkündete ZNU-Gründer und -Leiter Axel Kölle zum Abschluss der Veranstaltung. Für viele Unternehmen sei Nachhaltigkeit ein großer Berg, den man nur in kleinen Schritten und ohne Angst bewältigen könne – immer auf Basis von Fakten und durch kontinuierliche CO2-Reduktion. Jetzt gelte es, noch stärker Transparenz herzustellen, aber auch noch stärker über Erfolge zu berichten. Wie ZNU-Leiter Christian Geßner ankündigte, sei eine weitere Revision des Standards, durch die er noch umfassender werden soll, bereits für 2022/23 geplant.

Lena Renner

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