Start / Ausgaben / bioPress 87 - April 2016 / Wie funktioniert der Schweizer Biomarkt?

Schweiz

Wie funktioniert der Schweizer Biomarkt?

Für die Schweizer Lebensmittelbranche sind die gesetzlichen Rahmenbestimmungen der Bioverordnungen vor allem für den Import- und Export von Bioprodukten von Bedeutung. Im Bio-Binnenmarkt sind die Bio Suisse-Richtlinien bestimmend, selbst dann, wenn die Vermarktung nicht mit dem Bio Suisse-Biolabel der ‚Knospe‘ erfolgt.

In der Schweiz bilden die Schweizer Bioverordnungen und die daraus abgeleiteten Bestimmungen den rechtlichen Rahmen für die Landwirtschaft und die Tierhaltung einerseits sowie die Verarbeitung und die Vermarktung andererseits. Für die Schweizer Lebensmittelbranche sind die gesetzlichen Rahmenbestimmungen vor allem aufgrund der Import- und Exportbestimmungen von Bedeutung.

Handelsabkommen erleichtern Biohandel

Die gegenseitigen Anerkennungen der jeweiligen staatlichen Bioregelwerke erleichtern und fördern den Biohandel. Gemäß aktuellem Stand der Verhandlungen konnte das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) solche Abkommen mit der Europäischen Union (EU), Kanada, Japans sowie als jüngstes Abkommen im Verlauf 2015 mit den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) erreichen. Vor allem der erleichterte Biohandel mit den USA kann sich für die Schweizer Lebensmittelbranche zu einer willkommenen Alternative zum währungsbedingt erschwerten Handel mit der EU entwickeln.

Schweizer Biomarkt: Bio Suisse setzt Referenzstandard

Beim Import von Bioprodukten ist jedoch eine Besonderheit im Schweizer Biomarkt zu beachten. In fast allen Vermarktungskanälen und damit der öffentlichen Wahrnehmung spielen die rechtlichen Bio-Basisanforderungen eine untergeordnete Rolle.

Entscheidend dazu beigetragen hat die Strategie der in der ganzen Schweiz stark verbreitete Detailhandels-Genossenschaft Coop. Die sehr umfangreichen Biosortimente der Coop Naturaplan-Linie werden alle im Cobranding mit dem Bio Suisse-Label, der Knospe vermarktet.

Abgesehen von den teilweise weitergehenden Demeter-Richtlinien sind in der Schweizer Biolandwirtschaft 2015 die Bestimmungen der Bio Suisse maßgebend, da die Biobetriebe fast vollständig von Bio Suisse-Mitgliedern bewirtschaftet werden.

Als logische Konsequenz daraus erfüllen unverarbeitete Bioprodukte aus der Schweizer Biolandwirtschaft in aller Regel auch dann die Bio Suisse-Anforderungen, wenn sie unter anderen Bioauszeichnungen vermarktet werden. Verschiedene Bioeigenmarken-Standards übernehmen zudem oft die Bio Suisse-Bestimmungen für die Verarbeitung. Bekannteste Beispiele dafür sind die Eigenmarken-Programme Migros Bio oder Bio Natur Plus (Manor).

Beim Export von Bioprodukten in die Schweiz, wird daher oft der Knospe-Standard verlangt. Entsprechend stark ausgebaut ist bei Bio Suisse die Import-Prüfung. Dabei arbeitet Bio Suisse mit der in der Schweiz dominierenden bio.inspecta AG und weiteren Zertifizierungstellen zusammen. Die Hauptverantwortung trägt bei der Beurteilung der Bioimporte jedoch die am 1.10.2013 als Tochterfirma von Bio Suisse gegründete International Certification Bio Suisse AG (ICB).

IG BIO – neue Branchenorganisation für Biovermarktung

Mit der Weisung zum Vorgehen bei Rückständen im Bio-Bereich trat eine wichtige Regelung bereits im November 2015 in Kraft. Diese Weisung dient als gemeinsame Grundlage für das Vorgehen der Zertifizierungsstellen und zuständigen Behörden beim Fund von Rückständen auf Erzeugnissen gemäss Art. 1 der Bio-Verordnung.

Bei der Erarbeitung der neuen Weisung zum Vorgehen bei Rückständen im Bio-Bereich etablierte sich die IG BIO (siehe Kasten) als neue Vertretung der Schweizer Biobranche der Stufen Verarbeitung, Handel und Logistik. Die Organisation weist rund ein halbes Jahr nach der Gründung bereits rund 50 Mitglieder auf, darunter eine ganze Reihe wichtiger Unternehmen der Schweizer Bio- und Lebensmittelbranche.

Dr. Karola Krell Zbinden, Geschäftsführerin der IG BIO, gewichtet die Erarbeitung der Weisung als ersten großen Erfolg der neuen Organisation: „Wir werden die Umsetzung dieser Weisung in der Praxis genau verfolgen mit dem Ziel, dadurch geschaffene, mögliche Schwachstellen bei der Anwendung durch die Vollzugs- und Zertifizierungsstellen zu beheben.“

Bio Suisse-Zulassung für Doppelbactofugation

Bei der Verarbeitung nach Bio Suisse-Anforderungen gelten 2016 eine Reihe von Anpassungen etwa bei der Herstellung von Mayonnaisen, Salatsaucen sowie der Weinverarbeitung. Dabei werden die Bestimmungen für die zulässigen Zusatzstoffe und Filtermittel sowie die zulässigen Verfahren geregelt.

Von größerer Bedeutung ist die Bio Suisse-Zulassung der so genannten ‚Doppelbactofugation‘ bei der Milchverarbeitung. Die Einfach-Bactofugation hatte die Bio Suisse bereits vor rund zehn Jahren zugelassen. Der aktuelle Entscheid baut darauf auf und trägt der technologischen Entwicklung Rechnung.

Wenn die Bio Suisse Bestimmungen bei der Milchverarbeitung anpasst, ist dies immer das Resultat einer längeren Branchendiskussion. Das war vor längerer Zeit (2002 gemäß ‚bioaktuell‘) bereits bei der kontroversen Debatte zur Zulassung der UHT-Verarbeitung der Fall. Zur aktuellen Zulassung der Doppel-Bactofugation liefert der Bio Suisse-Vorstand eine entsprechend wohlüberlegte Begründung

Bei diesem Verfahren werden in einer speziellen Zentrifuge die Mikroorganismen aus der Milch entfernt und diese länger haltbar gemacht. Die Qualität der so behandelten Milch liegt zwischen der von Pastmilch und der von UHT-Milch. Die Doppelbactofugation soll, weil schonender, langfristig die Mikrofiltration ersetzen.

Frisch ist nur klassische Pastmilch

In der Tradition der transparenten Deklaration der erlaubten Verarbeitungsverfahren verlangen die Bio Suisse-Bestimmungen dies auch im vorliegenden Fall: „Auf der Vorderseite der Verpackung von doppelbactofugierter Milch muss stehen: Past (oder pasteurisiert), doppelbactofugiert.“

Diese Anforderung basiert auf der bisherigen Bestimmung für mikrofiltrierte Milch. Auslobungen wie ‚frisch‘ sind zudem ausschliesslich für durch klassische Verfahren pasteurisierte Milch erlaubt, nicht aber für doppelbactofugierte oder mikrofiltrierte Milch.

Peter Jossi

Schweizer Bioregelwerk 2016

„Das gilt neu im Biolandbau 2016“ (bioaktuell/ FiBL)
http://www.bioaktuell.ch/de/aktuell/meldung/article/bio-suisse-richtlinien-und-betriebsmittelliste-2016-stehen-zur-verfuegung.html

Übersicht gesetzliche Bestimmungen und Handelsabkommen
http://www.blw.admin.ch/themen/00013/00085/00092/index.html?lang=de 

Bio Suisse-Importanerkennung
http://www.bio-suisse.ch/de/anforderungenimport.php
http://www.icbag.ch/index.php/de/

[ Artikel drucken ]


Das könnte Sie auch interessieren


Bio-Schweiz: Großgenossenschaften weisen den Weg

Coop steigert Bio-Umsatz und will nachhaltiger werden

Bio-Schweiz: Großgenossenschaften weisen den Weg © Coop Genossenschaft

Der Detailhandel (LEH) wirkt in der Schweiz als Bio-Markttreiber. Bio-Grundangebote sind in den meisten Kanälen selbstverständlich. Marktleader ist heute mehr denn je die genossenschaftlich organisierte Coop-Gruppe. Zum 30-jährigen Geburtstag der Bio-Eigenmarke Naturaplan veröffentlichte der Händler 2023 einen Bio-Report, in dem Auswertungen zu typischen Bio-Kunden zusammengefasst sind. Bis 2050 hat Coop ein ehrgeiziges Ziel: Senkung der Treibhausgas-Emissionen auf Netto-Null.

25.01.2024mehr...
Stichwörter: Ausland, Schweiz, Markt

Dänemark: Bio-Exporte steigen weiter

Die meisten Produkte gehen nach Deutschland

Dänemark: Bio-Exporte steigen weiter © Organic Denmark

Dänemarks Exporte von Bio-Lebensmitteln haben im Jahr 2022 einen neuen Rekord erreicht, wie aus den neuen Zahlen von Statistics Denmark hervorgeht. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die Ausfuhren um drei Prozent auf einen Gesamtwert von 456 Millionen Euro, gegenüber 443 Millionen Euro im Jahr 2021. Hauptabnehmermarkt mit einem Anteil von über 51 Prozent bleibt Deutschland. Hierhin sind die dänischen Bio-Exporte 2022 um sechs Prozent gestiegen.

22.12.2023mehr...
Stichwörter: Ausland, Schweiz, Markt