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Edeka

Von der Kür zur Pflicht

Bio-Lebensmittel sind bei der Edeka Südwest fester Bestandteil des Vollsortiments

War Bio im vergangenen Jahrhundert noch Nebensache im Supermarkt, ist das Thema in diesem Jahrzehnt zur Hauptsache avanciert. Was einst Kür war, ist längst zur Pflicht geworden. Ein Vollsortiment ohne Bio gibt es nicht mehr. Für die Edeka Südwest mit Sitz in Offenburg war 2006 ein Bio-Jahr. Personell wurde das Thema mit einer Koordinatorin für den Einkauf Bio-Sortiment, regionale Handelsmarke und Allergikerkost aufgewertet. Viktoria Wittmann füllt diese Position seit September 2006 aus.

Die Edeka Handelsgesellschaft Südwest ist nach Minden-Hannover die zweitgrößte Regionalgesellschaft des Lebensmittelriesen. Das Vertriebsgebiet erstreckt sich von Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Saarland bis Süd-Hessen. Lager werden an den sechs Standorten Offenburg, Balingen, Ellhofen, Heddesheim, Heidesheim und St. Ingbert betrieben. Die Zentrale unterhält die Produktionsbetriebe Südwestfleisch, K&U Bäckerei, Ortenauer Weinkellerei und Schwarzwaldsprudel.

Der geschätzte Bio-Anteil bei der Edeka Südwest lag 2006 bei rund drei Prozent. Mit Abstand stärkste Warengruppe ist Obst und Gemüse mit einem Anteil von rund zehn Prozent, bei Molkerei-Produkten sind es 2,5 bis drei und im Trockensortiment drei bis vier Prozent. Beim Trockensortiment gibt es starke Schwankungen von Null bei Trockensuppen bis zweistellig bei Müsli und Flocken.

Genaue Zahlen gibt es nicht, weil die Bio-Produkte nicht separat erfasst werden. Das hat sich inzwischen aber geändert. „Von exakten Daten können wir 2006 nicht sprechen. Künftig werden aber Statistiken möglich sein", weist Bio-Einkäuferin Wittmann auf Fortschritte hin.

Bio-Fleisch nicht flächendeckend verfügbar

In der Bio-Beschaffung leistet das Handelsunternehmen im Moment Aufbauarbeit. „Teilweise fehlen Rohstoffe. Fleisch ist im Moment knapp. Wir sind in Gesprächen, um größere Mengen aufzubauen", erklärt Wittmann. Bis zusätzliche Kontingente in den Theken und Regalen verfügbar sind, dauert es aber drei Jahre. Von jetzt auf nachher geht da nichts. Bio-Fleisch gibt es deshalb noch nicht flächendeckend.

Die Edeka Handelsmarke „Unsere Heimat" mit regionalen Produkten soll im Frühjahr 2008 um 20 bis 30 Artikel aufgewertet werden. Aktuell wird noch am Verpackungsdesign gefeilt. Die Einstiegsmarke Bio von Rila mit fast 30 Artikeln wurde erfolgreich eingeführt. Eine Preisdifferenzierung ist auch bei Bio nötig, um die verschiedenen Kunden anzusprechen.

Dabei strebt Edeka nicht die Preisführerschaft an. „Wir können auch im konventionellen einen Liter Olivenöl für 18 Euro verkaufen. Wir machen marktkonforme Preise und wollen uns nicht rauskalkulieren", sagt die Bio-Einkäuferin zur Preispolitik. Die Konkurrenz ist natürlich im Blickfeld der Offenburger. Mehr als 20 Prozent darf der Edeka-Preis nicht über dem der Konkurrenz liegen. Billig-Bio ist die Sache der Genossen nicht.

Die hauseigene K & U-Bäckerei hat sich erfolgreich an Bio-Brot und Brötchen heran gewagt: „Das Sortiment läuft gut und ist abends immer ausverkauft." Die Backwaren liegen preislich auf dem Niveau der Bio-Handwerksbäckereien.

Bio-Tütensuppen werden eingeführt

Im Herbst 2007 wird eine weitere Bio-Sortimentslücke geschlossen. Dann kommen Tütensuppen von Hügli aus der Schweiz in die Regale. Allerdings nicht die Fachhandelsartikel. „Wir brauchen Verpackungen mit Ankerfarben, die sich vom konventionellen Sortiment unterscheiden", erläutert Wittmann. Bio-Tütensuppen sind im LEH bisher kaum zu sehen, obwohl Knorr und Maggi im konventionellen Bereich überaus erfolgreich verkaufen.

Interesse besteht am Ausbau der Demeter-Linie. Aktuell ist die Range per Vertrag auf Molkereiprodukte begrenzt. „Obst und Gemüse aus heimischem Demeter Anbau können wir uns gut vorstellen. Aber da müssen wir uns langsam aneinander heran tasten", blickt die Bio-Frau in die Zukunft.

In der Gegenwart sehen sich die Einkäufer mit einer steigenden Zahl von Bio-Produkten der Industriemarken konfrontiert: „Wir merken das deutlich und spielen nicht überall mit. Nur da, wo es eine klare Differenzierung zum konventionellen Sortiment gibt oder ein Zusatznutzen erkennbar wird. Die Produkte müssen in sich stimmig sein und sich durch einen Zusatznutzen, etwa weniger Zucker von vergleichbaren Produkten unterscheiden." Zabler Nudeln und Wagner Pizza haben den Sprung ins Edeka-Sortiment geschafft und entwickeln sich vielversprechend.

Bio-Produkte über Zentrallager

Das Bio-Sortiment war bei der Edeka-Südwest bis zum vergangenen Jahr ein reines Streckengeschäft. Inzwischen können 500 Artikel über Lager geordert werden: die Eigenmarke Bio Wertkost, Industrie-Marken, Molkerei-, Tiefkühl-Produkte und einige Artikel der Gepa. 100 bis 150 Artikel kommen in nächster Zeit dazu. Die Mehrzahl der insgesamt 3.000 gelisteten Bio-Produkte läuft aber weiter über Strecke.

Die Erfahrungen mit Bio über Zentrallager sind positiv. Dadurch kommen einige hundert Kleinflächen in den Genuss eines Bio-Sortiments. Die Distribution wird auf diese Weise flächendeckend. Außerdem kann täglich bestellt werden. Auf Strecke muss mehrere Tage im voraus bestellt werden. Wenn der Regalservice des Streckenlieferanten zu spät kommt, entstehen Lücken im Regal. Tägliche Belieferung wie über Zentrallager ist hier nicht drin.

Für das Bio-Sortiment gibt die Edeka Südwest Empfehlungen an den SEH und Richtlinien an die Regie heraus. Auf den Kleinflächen bis 800 Quadratmeter steht das Grundsortiment von 400 Artikeln. In den Supermärkten bis 1.200 Quadratmeter ein Ergänzungssortiment mit mindestens weiteren 200 Produkten, und die E-Center haben ein Kompetenzsortiment von noch einmal rund 200 Bio-Produkten. Da bekommt der Kunde dann insgesamt mehr als 800 Bio-Artikel. Die selbstständigen Einzelhändler stocken oft auf mehr als 1.000 Produkte auf.

In der Kundenzeitschrift gibt es jede Woche eine Werbe-Seite für Bio. Und 2008 werden Bio-Produkte redaktionell regelmäßig berücksichtigt. Aktuell verweist Ernährungsberaterin Gabriele Voigt-Gempp in ihrer Kolumne auf Bio-Artikel hin. In die Fortbildung der Edeka-Mitarbeiter ist Wissen über biologische Lebensmittel ebenfalls eingegliedert.

Der Absatzschwerpunkt im Gebiet der Edeka Südwest liegt im Süden. Nach Norden wird der Bio-Umsatz etwas geringer. Da ist ein leichtes Gefälle drin.

Anton Großkinsky

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