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Agrarpolitik

Bundesrat will Tierhaltungskennzeichnung abschaffen

BÖLW kritisiert „Angriff aufs Tierwohl“

Der Agrarausschuss des Bundesrats hat sich dafür ausgesprochen, das erst vor zwei Jahren verabschiedete Gesetz zur verpflichtenden Tierhaltungskennzeichnung ersatzlos zu streichen. Das Gesetz wurde vom ehemaligen Bundesagrarminister Cem Özdemir auf den Weg gebracht und sollte – angefangen beim Schweinefleisch – für mehr Transparenz bei Fleischprodukten sorgen. Verbände wie der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) und Bioland reagieren nun mit heftiger Kritik.

Begründet wird der Vorstoß des Agrarausschusses mit vermeintlich „gravierenden Schwachstellen und Lücken“ im Gesetz. Es sei nicht ziel- und praxisgerecht, der Bürokratieaufwand „völlig unverhältnismäßig“. Auch der begrenzte Geltungsbereich, der bisher nur Frischfleisch von Mastschweinen umfasst, wird vom Agrarausschuss kritisiert.

Als „Angriff aufs Tierwohl“ bezeichnet die BÖLW-Vorstandsvorsitzende Tina Andres den Antrag. Die von einem Unionspolitiker geführte Borchert-Kommission habe den Umbau der Nutztierhaltung 2020 angestoßen. Nun wollten ausgerechnet unionsgeführte Bundesländer das erste Tierhaltungskennzeichnungsgesetz wieder abschaffen. „Offenbar beugen sie sich dem Widerstand der Fleischindustrie.“ Der Bund und Landwirtschaftsminister Alois Rainer seien nun aufgefordert, dem Druck der Länder standzuhalten.

Ein „fatales Signal an die landwirtschaftlichen Betriebe“ sieht Carolin Pagel, Teamleitung Politik bei Bioland. Wenn mühsam errungene Ergebnisse von Verhandlungsrunden wie der Borchert-Kommission immer wieder in Frage gestellt werden, schwinde das Vertrauen in breit getragene, demokratische Prozesse. Anstelle eines gesetzgeberischen Hin und Hers, das die Betriebe massiv verunsichere, fordert sie unterstützende politische Rahmenbedingungen für eine artgerechtere Haltung und „vor allem Planungssicherheit“.

Scharfe Kritik gibt es auch von Foodwatch aus der Verbraucherschutzperspektive. „Die Deutschen wollen mehr Tierwohl und würden dafür auch mehr zahlen – aber die Politik ignoriert diesen klaren Verbraucherwunsch“, meint Geschäftsführer Chris Methmann. Der Vorstoß sei „ein Schlag ins Gesicht aller Verbraucher:innen“ und ein „Freibrief für die Fleischindustrie“.

Die Bundesregierung will das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz laut Koalitionsvertrag ‚grundsätzlich reformieren‘. Erst kürzlich hatte sie entschieden, die Übergangsfrist für die verpflichtende Umsetzung von August 2025 auf März 2026 zu verschieben. Die Zukunftskommission Landwirtschaft hatte Ende vergangenen Jahres empfohlen, das Gesetz konstruktiv weiterzuentwickeln.

Über den Antrag zur Abschaffung werden die Bundesländer am morgigen Freitag diskutieren.

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