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Agrarpolitik

GAP-Vereinfachung: „Verwässerung ohne Vision“

Bio-Branche kritisiert Pläne der EU-Kommission

Am vergangenen Freitag hat die EU-Kommission ihren Vorschlag zur Vereinfachung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) veröffentlicht. Die Konditionalität – bislang geltende ökologische Mindeststandards für den Erhalt von Fördermitteln – soll demnach gelockert werden, um eine „pragmatischere Politik“ zu gewährleisten und „unverhältnismäßigen Aufwand“ der Landwirte zu vermeiden. Von der Bio-Branche gibt es scharfe Kritik.

Teil des Kommissionsvorschlags ist, dass die Mitgliedstaaten die bislang geltenden Vorgaben zum Erhalt von Dauergrünland (GLÖZ 1), zum Erosionsschutz (GLÖZ 5), zur Bodenbedeckung in sensiblen Zeiten (GLÖZ 6) sowie zur Fruchtfolge (GLÖZ 7) sehr viel flexibler auslegen dürfen als bisher. Die Verpflichtung zur Bereitstellung von nicht-produktiven Flächen und Brachen (GLÖZ 8) soll komplett gestrichen werden.

Der Bio-Dachverband IFOAM Organics Europe hält die Pläne der Kommission für fehlgeleitet und visionslos. Die Umweltleistungen der GAP würden damit verringert, ohne dass die Landwirte mehr Anreize für Nachhaltigkeitsinitiativen bekommen.

„Eine Senkung der Konditionalitätsanforderungen ohne Ausgleich durch ehrgeizigere freiwillige Maßnahmen wie Öko-Regelungen läuft darauf hinaus, den ökologischen Ehrgeiz und die Legitimität der GAP zu untergraben, und geht nicht auf die wirklichen Probleme niedriger Preise in Verbindung mit Machtungleichgewichten in der Lieferkette ein“, kommentiert IFOAM-Präsident Jan Plagge.

Anstatt Landwirte, die nachhaltige Produktionsmethoden wie den Ökolandbau anwenden, gerecht zu entlohnen, würden sie nun ermutigt, sich weniger für öffentliche Güter zu engagieren. Die Mitgliedstaaten würden wiederum aufgefordert, sich auf einen „ökologischen Wettlauf nach unten“ einzulassen.

„Einfacher ist nicht automatisch besser: Die Pläne der Kommission zur Vereinfachung der GAP sind eine Katastrophe für die Umwelt“, meint auch die Bioland-Vizepräsidentin Sabine Kabath. „In Brüssel wirft man nun offensichtlich die Flinte ins Korn und verabschiedet sich von den eigenen Zielen, die man sich mit dem Green Deal und der Farm-2-Fork-Strategie selbst gesetzt hat“, fügt Bioland-Kommunikationsleiter Gerald Wehde hinzu.

Auch die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) kritisiert die geplante Verwässerung. „Anstatt die notwendige Ökologisierung der Landwirtschaft weiter zu verschleppen, sollte die Europäische Kommission dafür sorgen, uns Bauern auf den Agrarmärkten so zu stärken, dass wir gegenüber der Verarbeitung und dem Handel endlich gewinnbringende Erzeugerpreise durchsetzen können“, kommentiert Ottmar Ilchmann aus der Fachgruppe GAP der AbL.

Renate Künast, Grünen-Sprecherin für Landwirtschaft und Ernährung, hält einen Abbau von Umweltstandards mit der Begründung, dass die Landwirtschaft diese wegen unberechenbarer Wetterlagen nicht mehr einhalten kann für „komplett widersprüchlich. So heizen wir den Klimawandel nur noch weiter an und verschärfen die Lage. Einen derartigen Roll-Back können wir uns nicht mehr leisten.“

Der Vorschlag der Europäischen Kommission wird voraussichtlich bereits Ende März im EU-Agrarrat debattiert. Das Europäische Parlament soll die Vorschläge noch im April verabschieden.

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