Agrarpolitik
GAP-Verwässerung beschlossen
Aus für Umweltregeln im Eilverfahren

Mit 425 Ja-Stimmen bei nur 130 Gegenstimmen und 33 Enthaltungen wurde gestern die ‚Vereinfachung‘ der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik (GAP) vom EU-Parlament beschlossen. Der Entwurf war erst Mitte März von der Kommission eingebracht worden und wird von der Bio-Branche und Umweltschützern scharf kritisiert – ebenso wie das Eilverfahren, in dem er durchgewunken wurde.
Mehrere Organisationen haben den EU-Institutionen vorgeworfen, durch die überstürzte Abstimmung über das Paket demokratische Grundsätze zu missachten. Politische Debatten seien abgekürzt und Abstimmungen in den zuständigen Ausschüssen des Parlaments übersprungen worden – mit dem Ziel, sich vor den anstehenden EU-Wahlen Unterstützung zu sichern.
„Wir wurden befragt, aber nicht gehört“, heißt es in einem offenen Brief des Bio-Dachverbands IFOAM Organics Europe sowie der europäischen Bauernorganisation Via Campesina vom 10. April. „Weder die notwendige Folgenabschätzung noch eine angemessene, zeitlich ausreichende Konsultation wurden durchgeführt.“
„Einige von uns haben jahrelang an diesen Regeln gearbeitet, und jetzt werden sie innerhalb weniger Wochen ausgehebelt“, zitiert das Newsportal Politico einen EU-Funktionär. „Das ist entmutigend und frustrierend.“ Die EU-Exekutive beuge sich dem Druck der Landwirte und der gesamte politische Prozess werde als Geisel genommen, kritisierte ein anderer.
Insgesamt umfasst die ‚Reform‘ die Änderung von sechs der neun Standards für den ‚guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand‘ (GLÖZ) von Flächen. Die Verpflichtung zur Bereitstellung von Brachen (GLÖZ 8) wurde komplett gestrichen. Auch die bislang geltenden Vorgaben zum Erhalt von Dauergrünland (GLÖZ 1), zum Erosionsschutz (GLÖZ 5), zur Bodenbedeckung in sensiblen Zeiten (GLÖZ 6) sowie zur Fruchtfolge (GLÖZ 7) werden verwässert. Daneben sind Kleinstbetriebe von einer Größe von bis zu zehn Hektar von Kontrollen und Sanktionen befreit.
Laut Greenpeace werden fast 17 Millionen Hektar Ackerland – eine Größe wie die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche Deutschlands –von jeglichen Umweltkontrollen ausgenommen. „Diese Abstimmung zerstört die letzten Reste der Glaubwürdigkeit, dass die EU-Agrarpolitik die Umwelt und das öffentliche Interesse schützt“, kommentiert Marco Contiero, Direktor für EU-Agrarpolitik bei Greenpeace.
Nach Zustimmung der Mitgliedstaaten sollen die Änderungen voraussichtlich im Juni in Kraft treten.