Start / Business / Ware / Sortimente / Frische / Fleisch + Wurst / Bio-Wurst und -Schinken

Wurst

Bio-Wurst und -Schinken

Bio-Klasse statt Billig-Masse

Bio-Wurst und -Schinken © Alex Gretter Fotografie / Juffinger GmbH

Wurst und Schinken sind und bleiben bei Verbrauchern beliebt. Im Handel hat das Sortiment zu Recht sowohl im SB-Bereich als auch an der Frischetheke nach wie vor einen festen Platz. Mit Bio-Produkten erreicht der Einzelhandel die wachsende Zahl an Kunden, denen die Fleisch- und Wurst-Qualität nicht egal ist. Der Wert natürlicher Tierhaltung gewinnt an Bedeutung, immer mehr Konsumenten von Fleischprodukten erkennen den Unterschied der artgerechten Fütterung und verstehen, dass gesundes Fleisch seinen Preis hat. Kaufleute mit Bio-Angeboten in der Fleisch- und Wursttheke blicken auf steigenden Absatz und größere Kundenzufriedenheit.

Die Bio-Auswahl an Bio-Wurst und -Schinken lässt keine Wünsche offen. Zu finden sind Roh-, Brüh- und Kochwurst in einer großen Vielfalt, die von traditionellen oder regionalen Klassikern bis zu geschützten Spezialitäten reicht. Dem Argument, Bio-Produkte seien teuer, lassen sich gute Argumente entgegensetzen – Argumente, die zeigen: Bio ist es wert.

Das Fleisch stammt von Tieren, denen ausreichend Platz zur Verfügung steht, die ausschließlich GVO-freies Bio-Futter und keine unnötigen Antibiotika bekommen und die nicht verstümmelt werden. Außerdem wird Wert darauf gelegt, dass die Tiere auf dem Weg zur und bei der Schlachtung möglichst wenig leiden. Viele Bio-Anbieter arbeiten dabei gezielt mit Partner-Landwirten aus der Region zusammen, teilweise, etwa bei Biofleisch NRW, handelt es sich auch um Bauern-Genossenschaften.  

Die BESH (Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall) mit 1.500 Bauern und eigenem Schlachthof punktet mit Fleisch vom Schwäbisch-Hällischem-Landschwein, ei-ner selten gewordenen alten Landrasse. Außerdem gehört der Betrieb ebenso wie die Bio-Metzgerei Juffinger zu den Betrieben, die ohne CO2-Betäubung schlachten.

Handwerk statt Zusatzstoff-Potpourri

Was die Verarbeitung betrifft, ist für Bio-Fleischerzeugnisse nur ein Bruchteil der ansonsten möglichen Zusatzstoffe erlaubt. Phosphate als Kutterhilfsmittel sind zum Beispiel ebenso verboten wie Raucharomen; der Anteil an natürlich gewachsenem Fleisch wird nicht mit Wasser, Stärke und Verdickungsmitteln gestreckt. Das viel diskutierte Nitrit-Pökelsalz ist laut EU-Bio-Verordnung dagegen in geringen Mengen zugelassen. Die meisten Bio-Verbände haben es aber aus ihren Richtlinien gestrichen, auch wenn manche Produkte dann vielleicht weniger rötlich wirken.

Ein weiterer großer Pluspunkt liegt darin, dass auch sämtliche andere Zutaten in Wurst und Schinken aus ökologischer Landwirtschaft stammen müssen. Insbesondere betrifft das die Gewürze, die wie Pfeffer, Fenchel, Paprika oder Majoran, vielen Wurst- und Schinkensorten ihren typischen Charakter geben. Quasi die Regel sind Produkte ohne Gluten und Laktose, so dass auch Allergiker unbesorgt genießen können.  

Nicht zu vergessen ist schließlich der Zeitfaktor. Unter den Bio-Herstellern gibt es viele Betriebe, die für Brüh- und Kochwurst die Tradition der Warmfleischverarbeitung pflegen. Da das Fleisch bei der Technik gleich nach der Schlachtung weiterverarbeitet wird, sorgen das fleischeigene Muskel-Phosphat und Glykogen für eine gute Wasserbindung und machen so den Einsatz von Kutterhilfsmitteln unnötig.

Besonders zum Tragen kommt handwerkliches Können bei der Herstellung von Rohwurst. Neben der Fleischauswahl und den Starterkulturen entscheiden hier Art und Dauer der Reifung über das Aroma und den Biss von Salami und Schinken. Statt per Schnellreifung mit Glucono-delta-Lacton (E 757) setzen Bio-Wursthersteller auf kontrollierte Naturreifeverfahren. Das dauert wesentlich länger und macht Bio-Rohwurst durch den gerin- geren Wasseranteil im Endprodukt teurer. Ein besseres Aroma, fester Biss und natürliche Haltbarkeit sind jedoch der Lohn.

Verbandsqualität macht einen Unterschied

Die meisten Anbieter setzen auf Verbandsqualität. Die Siegel, wie Demeter, Bioland, Naturland, Ecoland oder Biokreis, gewährleisten unter anderem mehr Platz für die fleischliefernden Tiere – mehr noch als nach EU-Biorecht und deutlich mehr als bei konventioneller Haltung. Zum anderen sind auch die Richtlinien für die Verarbeitung viel strenger. Die Details unterscheiden sich zwar je nach Verband. Doch gibt ein Siegel auf der Wurstverpackung Verbrauchern auf den ersten Blick Orientierung.

Salami und Wurstklassiker besonders beliebt

Qualitätsorientierte Anbieter von Bio-Wurst und -Schinken gibt es in ganz Deutschland, nicht zuletzt in Süddeutschland. Es mögen zwar nicht sehr viele und nicht alle Betriebe überregional aktiv sein, doch lässt sich ohne weiteres ein überzeugendes Bio-Vollsortiment für jeden Geschmack zusammenstellen – zumal Hersteller aus den Nachbarländern wie Österreich (zum Beispiel Juffinger), Südtirol (Galloni) oder Holland (Cuno Moormann mit Bio-Geflügel) das Angebot vergrößern.

Pichler Biofleisch aus Bayern etwa stellt rund 50 gekochte, geräucherte sowie luftgetrocknete Bio-Wurst und -Schinkenprodukte her. Das gilt für die eigene Marke und die Naturkostfachhandels-Marke Chiemgauer Naturfleisch, die im letzten Jahr an Pichler gegangen ist. Erhältlich sind Produkte für SB-Kühlregale und -truhen ebenso wie für die Bedienungstheke. Den Abneh- merkreis vergrößern Kunden für Eigenmarken und Lohnverpackungen sowie die Gastronomie.

Als Renner im Sortiment nennt Geschäftsführer Josef Pichler Salami und Schinken – welche generell zu den beliebtesten Wurstsorten gehören. Die Pichler-Auswahl beweist da-bei, wie gut sich bayerische Heimat und südländische Spezialitäten ergänzen: italienische Fenchelsalami, Mortadella oder original Parmaschinken DOP auf der einen Seite, das Neuprodukt Leberkäse im Glas oder Weißwürste auf der anderen. Gelabelt werden können die Produkte mit Biokreis- und Naturland-Siegel sowie mit Bio-Qualität aus Bayern.

Möglichst direkt vom Bauern

Bei der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch-Hall, der BESH, wird eine gesicherte Regionalität ebenfalls großgeschrieben, in diesem Fall die Region Hohenlohe. Die Erzeugergemeinschaft lege nicht nur Wert auf Tierwohl, sondern auch auf eine klimaresiliente Fleischerzeugung, ergänzt Key Account Manager Werner Vogelmann. Das Schwäbisch-Hällische Landschwein bilde als alte Landrasse eine ideale genetische Grundlage für eine ressourcenschonende Futterverwertung. Die Tiere seien robust genug für Auslauf- und Weidehaltung. Im Fleisch zeige sich die Qualität unter anderem durch eine feine Marmorierung und naturintensive Farbe.

Der Haltung zugrunde liegen die Kriterien des heimischen Bio-Verbands Ecoland, bei der Verarbeitung und Reifung in der eigenen Manufaktur in Frankenheim auch teilweise die von Demeter. Eine Besonderheit sind die zur authentischen Veredelung zugefügten Kräuter aus der Region und Naturgewürze wie Pfeffer oder Muskat, die aus Ecoland-Projekten in Ländern wie Indien und Afrika stammen.

Zur Wahl steht das umfangreiche Vollsortiment mit Wurst und Schinken am Stück, in Scheiben und in Dosen. Allein das Rohwurst-Sortiment zur Selbstbedienung umfasst ein Dutzend Salamis von Landsalami bis zu Demeter-Ziegensalami und Schinken von Kräuterschinken bis zu edler Coppa. Die Wurstdosen, etwa Hausmacher Bio-Vesper, dürften viele Kunden auch als Geschenkidee ansprechen. Geplant seien weitere Produkte außerhalb der Kühlung, konkret: Salamis.

Die Produktpalette der Bio-Metzgerei Juffinger in Tirol umfasst ihrerseits klassische Sorten wie Bio-Kochschinken oder Bio-Rohschinken und Spezialitäten, die auf traditionellen, aber modern interpretierten Rezepturen basieren. Genauso beliebt seien die Bio-Würstl und Bio-Würste sowie saisonalen Spezialitäten, etwa die auf regionale Geschmäcker abgestimmten Grillwürste.

Verwendet werden möglichst regionale Zutaten. Exemplarisch nennt Helga Juffinger ihren Honigkrustenschinken mit Wald-Blütenhonig einer benachbarten Bio-Imkerei und Käsegriller mit Käse aus einer nahegelegenen Sennerei. Dabei unterschieden sich die Wünsche von Kunden in Österreich und in Deutschland teilweise, zum Beispiel hinsichtlich der Dicke der Wurstscheiben und der Reifung des Rohschinkens. Was Letzteres betrifft, punktet Juffinger mit einer auf 1.000 Metern Seehöhe gelegenen Reifeanlage, wo Schinken und Speck ihren besonderen Charakter entwickeln dürfen.  

Die Bio-Metzgerei produziert seit gut 30 Jahren rein biologisch nach den Kriterien von Bioaustria und Biokreis. Angeboten werden die Produkte in ausgewählten Supermärkten, im Naturkost-Fachhandel und in der Gastronomie. Dazu kommt die Produktion von Eigenmarken für bekannte Händler. Derzeit prüfe man daneben Kooperationen mit Gastronomiebetrieben und öffentlichen Einrichtungen.

Auf vielen Wegen zu mehr Bekanntheit

Eine Öffnung hin zu weiteren Vertriebskanälen weit über die Region hinaus verfolgt auch LFW Ludwigsluster Fleisch- und Wurstspezialitäten aus Mecklenburg-Vorpommern. Der Bio-Anteil im Sortiment des mittelständischen Unternehmens um-fasst inzwischen schon mehr als 70 Prozent, wobei der Anteil an SB-Ware mit rund 75 Prozent deutlich überwiegt. Neben dem Lebensmitteleinzelhandel beliefert LFW die weiterverarbeitende Industrie wie etwa Pizzahersteller.

Für die eigene Marke Biolust

kommuniziere man dabei Regionalität aus Nordostdeutschland, während bei Eigenmarken des Handels verschiedene Ansätze wie Nachhaltigkeit, Tierwohl, Artenvielfalt, Haltungsform oder Gentechnik eine Rolle spielten. Dementsprechend könnten Wurstwaren in Biopark-, Biokreis-, Demeter- und Bioland-Qualität angeboten werden. Als Vorteil für die Abnehmer verweist der Hersteller auf den gebündelten Einkauf, wodurch man flexibel und leistungsfähig bleibe. Das reichhaltige Sortiment reicht über alle Produktgruppen, von Rohpökelwaren und Salami bis zu Kochwurst und mehr.

Fokussierung

„Im Moment sehen wir eher Zurückhaltung bei hochpreisigen Wurst- und Fleischprodukten. Insgesamt wird sicherlich auch in Zukunft weniger Fleisch/Wurst nachgefragt“, stellt Stefanie Prinz, Produktmanagerin bei Kornkreis, fest. Ihrer Meinung nach gibt es aber durchaus einen Trend zu bewusstem Konsum und besser informierten Verbrauchern, und damit auch eine Nachfrage nach Fleisch und Wurstprodukten aus artgerechter Haltung und Verbandsware.

Die Erzeugergemeinschaft von süddeutschen Bioland-Landwirten, Erzeugern, Verarbeitern und Vertrieblern in einem konzentriert sich bei Wurst auf haltbare Dosenware. Sechs klassische Sorten in Bioland-Qualität stehen zur Auswahl: Lyoner, Schinkenwurst, Jagdwurst, Hausmacher Leberwurst, Delikatess Leberwurst und Bauernbratwurst. Als Besonderheit hebt Kornkreis neben der handwerklichen Warmfleischverarbeitung die Freiheit von potenziellen Allergenen wie Gluten, Laktose und Hefe hervor.

Die Nürnberger Bio Originale – AS Premium Produktions- und Vertriebs GmbH legt den Schwerpunkt auf Nürnberger und fränkische Spezialitäten, so wie Original Nürnberger Bio-Rostbratwürste in verschiedenen Varianten, als SB-Produkt für Gastrobetriebe in der Dose.

Das Fleisch kommt aus der Region Franken und der Oberpfalz, wobei die Tiere im Schlachthof Fürth auftragsbezogen verarbeitet werden. Zielgruppen seien Verbraucher, die gute Produkte zu schätzen wissen und dafür auch bereit sind, den entsprechenden Preis zu bezahlen.

Tipp: Die farbige ‚Haltungsform‘-Kennzeichnung ist ein freiwilliges Label von Handel und Landwirtschaft und nur bei teilnehmenden Händlern zu finden. Ab August soll ein weiteres Pflicht-Logo dazukommen: das schwarz-weiße staatliche Tierhaltungskennzeichen für alle frischen Schweinefleischprodukte aus Deutschland.

Ebenfalls für Sommer ist die Aufspaltung der Haltungsform 4, bisher ‚Premium‘, geplant: in 4-‚Auslauf/Weide‘ für konventionell erzeugte Produkte und 5-‚Bio‘ für ökologisch erzeug-te Produkte.

Bettina Pabel

 

Verpackung 
Die Verpackungen von Bio-Wurst und -Schinken sind genauso ansprechend wie bei konventionellen Produkten. Doch bieten sie meist konkrete Zusatzinformationen. Scheibenwaren werden in der Regel in Sichtfenster-Verpackungen abgepackt, teilweise als dekorative Tellerverpackung. Bei den verwendeten Kunststoffen handelt es sich vermehrt um recyclingfähige Monofolien. Biolust führt neuerdings alternativ SB-Ware mit höherem Papieranteil, ähnlich wie Pichler Folien mit Papierlaminierung aus Recycling-Zellulose.

 

Bei der Kommunikation zum – nicht zuletzt jüngeren – Endverbraucher gehen sowohl die Ludwigsluster als auch die meisten anderen Bio- Wursthersteller längst moderne Wege und sind auf Social Media-Kanälen unterwegs. So wechseln sich beim Facebook-Auftritt von LFW Reels mit Besuchen bei Partnerlandwirten, Produktvorstellungen und Rezeptideen ab. Andere Hersteller bleiben mit aktuellen Podcasts im Gespräch.  
[ Artikel drucken ]


Das könnte Sie auch interessieren

Wertegarantie mit Bio-Wurst und Schinken

Dem Konsumenten ist Tierwohl alles andere als Wurscht

Deutschland ist Wurstland. Bei etwa 29 Kilo lag der jährliche Pro-Kopf-Konsum von Wurst und Schinken in den letzten Jahren. Etwas über ein Prozent davon war Bio. Es kann nur besser werden, das sehen auch die Hersteller so, und blicken eher positiv in die Zukunft. Mit althergebrachter Qualität, neuen Geschmäckern und Produkten und auch mit neuen Wegen, diese an den Kunden zu bringen, arbeiten sie daran, den Markt weiter zu erobern. Denn auch wenn viele davon ausgehen, dass der Fleischkonsum insgesamt eher sinkt – umso bessere Zeiten für die Produkte, die mit den richtigen Werten daher kommen.

06.07.2018mehr...
Stichwörter: Wurst, Sortimente, Schinken

Bio-Vollsortimente für Kaufleute

Sonderschau Meetingpoint BIOimSEH - supported by BIOFACH

Ob nach dem Trump-Wahlgewinn die Ampel ausgeht, wie viele befürchten, ist beim Schreiben dieser Meldung noch ungewiss. Dass der Meetingpoint BIOimSEH im Februar 2025 in der Biofach-Halle 7-751/7-851 ein attraktiver Treffpunkt für Kaufleute wird, das scheint sicher. Die Sonderschau widmet sich dem Ziel Vollsortiment auch im Mainstream Bio-Angebot.

06.11.2024mehr...
Stichwörter: Wurst, Sortimente, Schinken

Ein passendes Duo: Bio-Salami und -Schinken

Ein passendes Duo: Bio-Salami und -Schinken

Was gehört zu den beliebtesten Fleischerzeugnissen, hat oft Spezialitätencharakter und hält sich vergleichsweise lange? Salami und Schinken. Mit Blick auf die gewünschte artgerechte Tierhaltung ohne Antibiotika oder GVO-Futter und eine würdevolle, schonende Schlachtung vertrauen immer mehr Verbraucher auf Bio-Ware. Deutsche und internationale Fleischbetriebe und Händler bieten dazu eine große Auswahl für die Bedien- und die Selbstbedienungstheke an.

31.01.2019mehr...
Stichwörter: Wurst, Sortimente, Schinken