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Wurst

Wertegarantie mit Bio-Wurst und Schinken

Dem Konsumenten ist Tierwohl alles andere als Wurscht

Deutschland ist Wurstland. Bei etwa 29 Kilo lag der jährliche Pro-Kopf-Konsum von Wurst und Schinken in den letzten Jahren. Etwas über ein Prozent davon war Bio. Es kann nur besser werden, das sehen auch die Hersteller so, und blicken eher positiv in die Zukunft. Mit althergebrachter Qualität, neuen Geschmäckern und Produkten und auch mit neuen Wegen, diese an den Kunden zu bringen, arbeiten sie daran, den Markt weiter zu erobern. Denn auch wenn viele davon ausgehen, dass der Fleischkonsum insgesamt eher sinkt – umso bessere Zeiten für die Produkte, die mit den richtigen Werten daher kommen.

Wer die Bio-Variante von Fleisch und Wurst kauft, den treibt vor allem der Wunsch nach garantierter artgerechter Tierhaltung, knapp gefolgt von der Sorge um die Gesundheit – so zu lesen in den Ökobarometern 2016 und 2017 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Wenn aber der Bio-Anteil beim Konsum unter zwei Prozent liegt, ist den über 98 Prozent Verbrauchern, die konventionelles Fleisch oder Wurst und Schinken kaufen, Tierschutz und Gesundheit wirklich egal?

Der Metzger als Leitperson

Die Ergebnisse einer vom vzbv (Verbraucherzentrale Bundesverband) in Auftrag gegebenen Studie aus dem Jahre 2016 zeigen, dass knapp die Hälfte der Verbraucher (44,7 Prozent) nach eigenen Angaben nicht wissen, woran sie Fleisch aus artgerechter Tierhaltung erkennen können. Die weiteren Zahlen legen die Vermutung nahe, dass sie auch nicht versuchen, sich weiter zu informieren, sondern diese Unsicherheit durch vertrauensvolle Einkaufsstätten oder kompetente Ansprechpartner (Metzger des Vertrauens) kompensieren.

Im Zweifel verzichten Kunden lieber auf Bio als auf die vertraute Leitperson. Der örtliche Metzger steht für Regionalität und Vertrauen, die Kriterien, auf die bei der Gewinnung von Kunden gesetzt werden kann. Viele Bio-Hersteller und Vermarkter haben das erkannt und handeln danach, ebenso Metzger, die ihre Produkte überregional vertreiben.

Werbung mit Regionalität

Die Metzgerei Max aus dem fränkischen Hof stellt althergebrachte Tradition und Qualität in den Vordergrund und möchte sich bewusst von Massenware absetzen. Metzger Max wirbt nicht nur mit „Natürlich aus Franken“, sondern betont auch, dass der Familienbetrieb mit den alten Rezepten der Gründergeneration arbeitet.

Absolute Spezialitäten seines Programms sind die Rinder-Knabberstöcke und der Fränkische Lomo Schinken vom Schwein. Im LEH werden die Kunden diese Produkte allerdings nicht finden: Nach Maximilian Rädlein, dem Geschäftsführer von Metzger Max, beliefert dieser Hersteller nur den Naturkostfachhandel.

Es geht auch ohne Nitritpökelsalz

Eine Erzeugergemeinschaft, die dem wachsenden Kundenwunsch nach Regionalität und Transparenz entgegenkommt, ist der Anfang der 90er Jahre gegründete Kornkreis. Angefangen hat alles - dem Namen entsprechend - mit der Produktion von Getreide. Seit der Integration der Bioland-Markenprodukte vor etwa zehn Jahren hat sich das Sortiment immer weiter entwickelt und enthält inzwischen auch sechs verschiedene Wurstsorten: In 190- Gramm-Dosen können Lyoner, Schinkenwurst, Jagdwurst, Hausmacher Leberwurst, Delikatess Leberwurst und Bauernbratwurst erworben werden – alles Bioland-Verbandsware.

Die Kornkreis-Wurst kommt aus der familiengeführten, mittelständischen Bio-Metzgerei Grießhaber, mitten auf der Schwäbischen Alb. Hier wird  das Fleisch nach traditioneller Methode noch schlachtwarm weiterverarbeitet. So kann auf chemische Zusatzstoffe wie Nitritpökelsalz verzichtet werden, wie es von Bioland auch verlangt wird. Nach Ansicht des Herstellers einer der Gründe für den vollen und herzhaften Geschmack und für viele Kunden sicher ein Gesundheitsaspekt.

Alles aus einer Hand

Eine bedeutend größere Erzeugergemeinschaft, die sich ähnlichen Prinzipien verschrieben hat, ist die BESH, die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall. Ihr haben sich inzwischen rund 1.500 Bauernhöfe angeschlossen – etwa ein Drittel sind Bio-Betriebe. Hier werden die Wurstwaren ebenfalls im Warmfleischverfahren hergestellt.
Außerdem landen in der Wurst der BESH nur Bio-Gewürze aus eigenem Anbau. Lieferanten sind sowohl die Hohenloher Erzeugerlandwirte als auch Partnerprojekte in Indien, auf Sansibar und in Serbien. Bei einem Produkt wie Salami mit grünem Urwaldpfeffer sind damit alle Zutaten „hausgemacht“.

Das Sortiment an Bio-Salami umfasst ein ganzes Dutzend Sorten, von der genannten Pfeffersalami, der klassischen Haussalami, der luftgetrockneten Salami mit Edelschimmel, der Sommersalami und der Edelsalami, über Rindersalami, Stracke, Auslesesalami, Bauernsalami und Landsalami, bis hin zu Salametti und Salamisnack.

Beim Kochschinken werden klassischer Hinterschinken, Backschinken und Kassler Braten angeboten. Die zehn verschiedenen Rohschinken sind geräucherter Bauernschinken, Luftgetrockneter Schinken, Coppa, Lachsschinken, Festtagsschinken, Landschinken, Weihnachtsschinken sowie Rinderschinken und Berauchter Bauch.

Qualität, Beratung und Ansprache

Die qualitativ hochwertigen BESH-Waren sind durchweg Ecofair gelabelt. Einige Produkte sind Bioland-, Naturland- oder Demeter-zertifiziert, andere entsprechen den Kriterien des von der BESH selbst gegründeten Verbandes „Ecoland“. Die Vermarktung übernimmt die BESH selbst, um die Wertschöpfung für die Erzeugerlandwirte zu erhöhen. Ein ausgewähltes Sortiment ist bei dennree im Großhandel zu beziehen.

Der Vertriebsleiter der BESH, Werner Vogelmann, blickt sehr positiv in die Zukunft: „Aktuell ist eine gute Nachfrage nach Bio-Fleisch zu spüren. Sollte dies so anhalten, wird sich die Situation für den Absatz von Bio Salami- und Schinkenprodukten auch weiterhin verbessern.“ Gut für BESH ist natürlich, dass diese Produkte auch aufgrund ihrer langen Haltbarkeit gut nachgefragte Artikel sind. Außerdem sind sie auch bei Fachmetzgereien sehr beliebt, da diese sich die aufwendige eigene Herstellung sparen und dennoch mit qualitativ hochwertigen Produkten punkten können.

Drei Mitarbeiter der BESH stehen für Verkostungen vor Ort und das Kundengespräch zur Verfügung. Auch kostenloses Infomaterial steht zur Verfügung. Die BESH vertreibt über die Metzgereien, den Naturkosteinzelhandel und die Gastronomie. Sie versucht ihren Kunden eine Beratungsleistung zukommen zu lassen, die diese an ihre Kunden weitergeben können. Denn gerade die Beratung ist ein Gebiet, wo sich Bio-Fachgeschäfte profilieren können.

Regionalität und bäuerliche Strukturen

Hinter dem Metzger – vielleicht auch Kaufmann – des Vertrauens stehen auch im Bewusstsein der Verbraucher die Lieferanten. Und die bevorzugt er aus seiner Umgebung. Erzeugergemeinschaften haben da als Zusammenschluss regionaler Betriebe ein Pfund, mit dem sie auch beim Kunden wuchern können. Das ist auch gut für Unternehmen, die mit ihnen zusammenarbeiten.

Rack & Rüther aus Fulda-brück-Bergshausen etwa arbeitet zunehmend enger mit seinen Zulieferern zusammen. So hat das Unternehmen sich mit dem Ecoland-Verband zum „Fairen Handschlag“ zusammengetan, einer Initiative zur Existenzsicherung bäuerlicher Strukturen in Deutschland. Inzwischen arbeitet Rack & Rüther auch mit Ecoland Herbs & Spices und Stammesgemeinschaften in Südindien zusammen, zum traditionellen Anbau von alten Pfeffersorten.

Bio direkt an die Theke

Pünktlich zur Jahrtausendwende startete Rack & Rüther die Herstellung eines Bio-Wurstsortimentes. Bei den Online-Kunden führen momentan die leicht angeräucherten Bio Wiener aus nur Schweinefleisch die Favoritenliste an. Die ebenfalls in zertifizierter Bio-Qualität von Rack & Rüther hergestellte Stracke oder die Kasseler Blutwurst sind hier aber gar nicht erst erhältlich. Die gibt‘s nur an der Theke.

Als Thekenware stehen momentan ganze zwei Dutzend Sorten von Bio-Wurst und Schinken zur Verfügung. Zur Freude vieler Edeka-Kunden. Denn Rack & Rüther beliefert auch den SEH, und seine Produkte bringen auf die Wurst-Theke mancher Edekaner beste Bio-Qualität.

Mit Bio fürs Image

Vom guten Bio-Image profitieren auch Marken wie die Rügenwalder Mühle. Diese hat inzwischen Erfahrungen gesammelt, wie durch die Aufnahme von Bio-Produkten das ganze Sortiment aufgewertet wird. Seit etwa eineinhalb Jahren hat der in Bad Zwischenahn ansässige Traditionsbetrieb mit immerhin 205 Millionen Euro Umsatz (2015) und fast 600 Mitarbeitern auch fünf Bio-Produkte in sein Sortiment aufgenommen. Nach den ersten Erfolgen mit Bio Schinken Spicker in den Varianten Mortadella und Bärlauch können inzwischen auch Pommersche Fein und Pommersche Gartenkräuter sowie Mühlen Bratwurst in Bio-Qualität genossen werden.

Eine Menge positiver Rückmeldungen sind seit der Einführung bei der Rügenwalder Mühle eingegangen, vor allem auch von den Kunden der konventionellen Produkte. Das Bio-Sortiment wird als Pluspunkt im Hinblick auf Verantwortungsbewusstsein, Nachhaltigkeit und Qualität wahrgenommen. Bio fällt also positiv auf seine Hersteller zurück. Bei den ebenfalls sehr erfolgreichen vegetarischen Produkten bietet Rügenwalder kein Bio an.

Ziel: 50 Prozent Bio im Sortiment

Das mittelständische Unternehmen Börner-Eisenacher hat sich ebenfalls in vegetarischen Wurstersatz-Produkten versucht, davon aber Abstand genommen: Die Hersteller ge- ben dem Geschmack der fleischhaltigen Produkte den Vorzug, und ihnen gefallen die bei den Alternativen notwendigen, langen Zutatenlisten nicht.

Frank-Walter Eisenacher, der Chef des Göttinger Unternehmens, ist da ganz klar: „Unsere Zukunftsantwort ist Bio-Wurst. Wir werden dort unser Sortiment weiter bis auf 50 Prozent Umsatzanteil ausbauen.“ Und auch hier wird mit dem Tierwohl argumentiert: „Dort stimmt vor allem die Tierhaltung und Fütterung. Wer einmal gesehen hat, wie viel Platz die Tiere haben, wie gut es dort im Stall riecht und wie wohl sich die Tiere in Bio-Haltung fühlen, der versteht, was ich meine.“

Die Diskussion ums Huhn

Wenn über Tierschutz und Tierwohl geredet wird, dann geht es statt um Rinder und Schweine noch öfter um Geflügel. Die Bilder aus Massen- und Käfigtierhaltung sind teilweise noch gut im Gedächtnis und haben etwa das Kaufverhalten bei Eiern stark beeinflusst. Heute ist jedes zehnte Ei ein Bio-Ei.
Mitgewirkt an dieser Entwicklung hat auch, dass 2016 die in der Geflügelindustrie übliche Massentötung von Millionen männlicher Küken pro Jahr in das Bewusstsein des Verbrauchers rückte. Die Aufzucht der männlichen Küken von Legehennen (Bruderhähne) ist wenig rentabel. Sie legen nicht nur – natürlich – keine Eier. Sie setzen auch weniger schnell Fleisch an als Masthähnchen, da die Rasse speziell auf Legeleistung hin gezüchtet wurde.

Profitmaximierung versus Tierschutz

Die Medien waren voller Bilder von geschredderten Tieren, als das Oberverwaltungsgericht Münster entschied, dass das Töten der Küken mit dem Tierschutzgesetz vereinbar sei.

Was früher bei jedem Bauern gang und gäbe war und auf vielen Höfen auch noch praktiziert wird, die gemeinschaftliche Aufzucht von weiblichen und männlichen Küken, verweigert im Zeitalter der intensiven Züchtung und Massenproduktion die Tierindustrie, da dies den Gewinn schmälert.

Wurst vom Bruderhahn

Die Ablehnung dieser Praxis ist bei Verbrauchern und auch ökologisch orientierten Herstellern groß. Einige Bio-Produzenten haben inzwischen neue Sortimente aufgelegt, bei deren Marketing das Thema offensiv genutzt wird: Sie bieten etwa Geflügelwurst an, in der speziell das Fleisch von gemästeten Bruderhähnen verarbeitet wird.

So ist unter dem Motto „Alles Gute vom Bruderhahn“ die Marke „Mr. Chick'n“ der Freiland Puten Fahrenzhausen GmbH zu finden, deren Sorten zu 100 Prozent aus Bruderhahnfleisch hergestellt sind: außer Mini-Bockis, Mini-Frikkis und Salami Snack auch Grobe Hähnchenbratwurst. Damit ergänzt der Hersteller sein Angebot um eine Produktlinie, welche genau den Zeitgeist des Tierschutzes trifft.

Schinken ist beliebt

Das komplette Brühwurstsortiment wird durch die neu aufgelegten Salami-Snacks im wiederverschließbaren Beutel und im BiFi-Style, die reine rote Putensalami mit Pflanzenfett und seit diesem Jahr auch mit Aufschnitt-Sorten aus reinem Hähnchenfleisch ergänzt. Im Schinkenbereich findet man vornehmlich Pute: Saftschinken, Aufschnitt nach Saftschinkenart und ganz neu rohen und geräucherten Putenlachs. Aus der Hähnchenbrust ist der Hähnchenaufschnitt nach Saftschinkenart gemacht.

Gerade im Naturkostfachhandel sieht Stephan Mutter von der Freiland Puten GmbH größere Chancen für ihre weniger stark verarbeiteten Schinkenspezialitäten. Im SEH dagegen hoffen sie, mit ihrem klassischen Wurstsortiment zu punkten.

Was die Verwendung von Nitritpökelsalz betrifft, hat der Kunde bei diesem Hersteller die Wahl: Es gibt eine Produktlinie mit NPS und eine ohne.

Bio mit Zweinutzungshuhn

Beim Kemptener Bio Bühler, einem klassischen Vollsortimenter, sind schon seit einiger Zeit Wurstsorten vom „Zweinutzungshuhn“ zu finden. „Der Gedanke, dass bei vielen Legehennen-Rassen nur ein Teil der Tiere – nämlich ausschließlich die weiblichen – aufgezogen wird, passt einfach nicht zu unserer Philosophie“, erklärt Horst Bühler. Der Chef von Bio Bühler geht daher vorwärts zum Altbewährten:

Beim Zweinutzungshuhn werden sowohl die weiblichen als auch die männlichen Küken aufgezogen: die Hennen in Legebetrieben, die Hähne in den Vertrags-Mastbetrieben des Bio Bühler. Dass der Fleischertrag bei ihnen niedriger ist, nimmt Bio Bühler für das Tierwohl in Kauf. Fleisch vom Zweinutzungshuhn wird für Bio Bierschinken, Bio Lyoner, Bio Geflügelwiener und Bio Geflügelbratwurst verarbeitet. Der Verkauf ist bisher sehr gut angelaufen.

Horst Bühler, der Geschäftsführer von Bio Bühler, betont, dass bei ihm nicht nur die Herkunft des Fleisches, sondern auch der Futtermittel zu 100 Prozent rückverfolgbar ist. Bio heißt eben auch, dass der Kunde sich darauf verlassen kann, keine Pflanzenschutzmittelrückstände „aus zweiter Hand“ zu sich zu nehmen.

Alles vom Schaf

Was dem einen sein Zweinutzungshuhn, dass ist dem anderen sein Viernutzungsschaf. Der Anderlbauer aus dem oberbayrischen Frasdorf brilliert nicht nur mit seinen Käsespezialitäten aus Schaf-, Kuh- und Ziegenmilch, sondern auch mit seinen SB-verpackten Lamm-Kaminwurzen, seinen Lammpfefferbeißern und der Lammsalami sowie als Theken-Ware seinem Lammschinken. Diese Waren sind allesamt aus seinen Ostfriesischen Milchschafen gewonnen, zusätzlich zur Milch, der Wolle und dem Fell: ein Tier, vierfacher Nutzen also.

Der Anderlbauer ist ein reiner Bioland-Betrieb und betreibt eine eigene zugelassene Bio Schlachterei. Das Schlachten und Zerlegen der Lämmer und Schafe erfolgt am Hof, ebenso wie das Räuchern mit selbstgemischten Kräutern und das Vakuumieren.

Bei den Vertriebswegen zeigt sich der Anderlbauer vielseitig. Er bedient Supermärkte, Einzelhandel, Gastronomie, Bio-Läden, Regionalmärkte und Endverbraucher. Letztere können Waren direkt im Anderlbauer Hofladen in Frasdorf erwerben, außerdem ist ein Online-Shop für Endverbraucher, Handel und Gastronomie in Planung.

Regional sozial und dazu Bio

Eine Metzgerei der besonderen Art ist die Biometzgerei Hofgut Rocklinghausen. Das Hofgut wird seit fast zwanzig Jahren nach den Bioland- Richtlinien bewirtschaftet und bietet Menschen mit Behinderung eine Arbeitsumgebung, welche aufgrund der Art oder Schwere der Behinderung nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können.

In der Metzgerei selbst werden Bio-Schweine der regionalen Erzeugergemeinschaft Waldecker BioSchwein und Rinder von Biobetrieben aus der Regi­on zu einer kompletten Palette von Fleisch- und Wurstwaren verarbeitet. Auch eine Schafsalami findet sich darunter.

Elke Reinecke

 

Was heißt  Bio bei Wurst und Schinken?
Bio garantiert, dass das verarbeitete Fleisch von Tieren stammt, für deren Aufzucht und Haltung das Bio-Siegel klare Mindeststandards deklariert. Eigene Vorgaben für die Tieraufzucht gelten seit dem Jahr 2000 und sind in der Verordnung 1804/ 1999/ EG festgehalten.
Sie beschreiben etwa die Größe der Ställe und der Auslaufflächen. Für die Unterbringung ist mehr Platz vorgesehen, und Auslauf muss möglich sein. Nicht nur der offene Zugang zu einer Außenfläche, auch Tageslicht ist verpflichtend.
Die Tierrassen sollen entsprechend der vorhandenen Umweltbedingungen ausgewählt werden und möglichst robust, vital und wenig anfällig für Stress sein. Die Kälber dürfen sich beim Muttertier ernähren oder sollten natürliche Milch erhalten – verboten ist Austauschmilch. Solche Milchaustauscher bestehen im besten Fall aus Magermilch und Molke, meist wird ein Teil des tierischen Eiweißes durch pflanzliche Proteinträger zum Beispiel von der Sojapflanze ersetzt. Allen Tieren darf ausschließlich ökologisches Futter gegeben werden.
Übliche Medikamente oder Antibiotika dürfen nur verwandt werden, wenn den kranken Tieren mit pflanzlichen und homöopathischen Mitteln nicht geholfen werden kann. Danach dürfen die Tiere nur nach Einhalten der vorgeschriebenen Karenzzeit geschlachtet werden. Diese ist doppelt so lang wie im konventionellen Betrieb. Ist ein Tier mehr als zwei Mal in einem Jahr mit Antibiotika behandelt worden, dann kann das Fleisch nicht mehr als „Bio“ verkauft werden. Bei Tieren, die kürzer als ein Jahr leben, reicht dafür schon die zweite Behandlung.
Für die Wurst als eher stärker verarbeitetes Produkt besonders wichtig: Es müssen zu mindestens 95 Prozent ökologisch hergestellte Rohmaterialien verwandt werden, das heißt auch unter Verzicht auf chemisch-synthetischen Pflanzenschutz. Zudem darf das Produkt nur eine geringere Menge an Zusatzstoffen enthalten: keine künstlichen Aromen, keine Farbstoffe und keine Geschmacksverstärker. Gentechnik ist sowieso verboten. 
Speziell für gepökelte Wurstwaren und Schinken gelten Regeln in Bezug auf Nitritpökelsalze (NPS). In mit NPS konservierten Wurstwaren können bei starker Erhitzung krebserregende Nitrosamine entstehen. Für Bio-Produkte dürfen zwar NPS eingesetzt werden, aber nur in sehr geringeren Mengen.
Ansprüche privater Bio-Anbauverbände wie Demeter oder Bioland gehen, sowohl was den Tierschutz, als auch, was die erlaubten Zusatzstoffe betrifft, über die gesetzlichen Regelungen des EU-Bio-Siegels hinaus. Die Landwirte, die nach den EU-Bio- Vorgaben arbeiten, dürfen zum Beispiel unter bestimmten Bedingungen ihre Felder mit Gülle aus konventionellen Ställen düngen. Bei den Mitgliedern solcher Anbauverbände wie Demeter und Bioland ist dies komplett tabu, da diese Gülle Rückstände von Antibiotika enthalten kann.
Nach EU-Öko-Standard ist es erlaubt, dem Tierfutter bestimmte Zusätze beizumischen, zum Beispiel Spurenelemente wie Eisen, Selen oder Jod. Der Silage dürfen Konservierungsstoffe wie Propion- und Ameisensäure zugesetzt werden. Und auch bei der Produktherstellung erlaubt die EU rund 50 Zusatzstoffe.
Auf diesen Gebieten versuchen die Anbauverbände sich durch eigene, strengere Regeln zu profilieren. So ist bei Demeter, Bioland, Verbund Ökohöfe und Gäa Nitritpökelsalz überhaupt nicht zugelassen. Naturland erlaubt NPS, hat aber strenge Regeln für die Verwendung.
 
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