Start / News / Bio-Tops / EU-Umweltausschuss stimmt für Gentechnik-Deregulierung

Agrarpolitik

EU-Umweltausschuss stimmt für Gentechnik-Deregulierung

Patente sollen verboten werden

Bei der Abstimmung am 24. Januar im Umweltausschuss des EU-Parlaments hat sich eine Mehrheit der Abgeordneten für den Vorschlag zur Deregulierung der Neuen Gentechnik ausgesprochen, mit 47 zu 31 Stimmen. Die konservativen Parteien konnten sich gegen die Fraktionen der Linken und Grünen durchsetzen, die geschlossen dagegen stimmten. In Abgrenzung zum Kommissionsentwurf sollen Patente auf NGT-Produkte nach Wunsch des Umweltausschusses vollständig ausgeschlossen werden.

Die Mehrheit im Umweltausschuss stimmte dem Vorschlag zu, zwei Kategorien für NGT-Pflanzen zu schaffen. Gentechnisch veränderte Organismen (GVO) der ersten Kategorie würden dann als gleichwertig zu konventionell gezüchteten Pflanzen angesehen und von den GVO-Vorschriften ausgenommen werden. Eine Verpflichtung zur Kennzeichnung des Saatguts soll zwar bestehen bleiben, nicht jedoch zur Kennzeichnung von NGT 1-Endprodukten für Verbraucher.

Anders als die EU-Kommission fordern die Abgeordneten ein vollständiges Verbot von Patenten für alle NGT-Pflanzen, Pflanzenmaterial, genetische Informationen und Verfahrensmerkmale. Im Ökolandbau sollen gentechnische Verfahren auch weiterhin verboten sein.

Als Reaktion auf die Abstimmung gab es Kritik von der Bio-Branche, Grünen und Umweltschützern. „Die Position ignoriert komplett die Verbraucherrechte“, kommentiert Martin Häusling, Verhandlungsführer der Grünen/EFA im Umweltausschuss, mit Blick auf die fehlende Kennzeichnung. Er betont zudem, die Patentfrage sei mit dem neuen Entwurf keinesfalls gelöst: „Der Text ist eine bloße Positionierung, die, wenn auch gut, rechtlich nicht bindend ist. Eine Änderung des Europäischen Patentabkommens liegt außerhalb des Einflusses der EU.“

„Das Patentproblem mit einem Änderungsantrag und einem Bericht lösen zu wollen, ist Wunschdenken, aber weit von der Realität entfernt“, meint auch Jan Plagge, Präsident des Bio-Dachverbands IFOAM Organics Europe. Um Landwirte und Züchter vor rechtlichen Bedrohungen durch multinationale Konzerne zu schützen, brauche es ein Rückverfolgbarkeits- und Kennzeichnungssystem, das für alle GVO gilt.

Die Bio-Branche begrüßt zwar, dass sich die Mehrheit des Umweltausschusses für ein Verbot von Gentechnik im Ökolandbau ausgesprochen hat. Es fehle aber an Koexistenzmaßnahmen, um die Integrität von gentechnikfreien Produkten zu schützen. Bioland und IFOAM fordern die Europaabgeordneten daher auf, die für Anfang Februar angedachte Abstimmung im Plenum des Parlaments zu verschieben, sodass ungelöste Fragen geklärt werden können.

Derweil nimmt auch der Protest in der Lebensmittelbranche zu: Über 200 Unternehmen haben sich inzwischen in einem offenen Brief an EVP-Fraktionschef Manfred Weber gewandt und damit innerhalb kurzer Zeit die von Alb-Gold, Alnatura, Andechser, dm und Frosta am 9. Januar gestartete Initiative unterstützt. Händler und Hersteller sind auch weiterhin eingeladen, den offenen Brief zu unterzeichnen.

[ Artikel drucken ]


Das könnte Sie auch interessieren

Ohne-Gentechnik-Gipfel 2024: Transparenz weltweit sicherstellen

Treffen der internationalen Non-GMO-Branche in Frankfurt

Ohne-Gentechnik-Gipfel 2024: Transparenz weltweit sicherstellen © Nina Werth

Wie bedrohlich sind die aktuellen Entwicklungen im Bereich Neue Gentechnik? Was ist nötig, um langfristig Transparenz und Wahlfreiheit für Verbraucher zu garantieren, die Koexistenz gentechnikfreier Artikel zu sichern und das Vorsorgeprinzip zu wahren? Und wie ist es um die GMO-freie Verfügbarkeit beim ‚Sorgenkind Soja‘ bestellt? Am 7. und 8. Oktober trafen sich mehr als 160 Vertreter der Ohne-Gentechnik-Branche aus 23 Ländern und vier Kontinenten zum ‚International Non-GMO Summit 2024‘ in Frankfurt und diskutierten über aktuelle Herausforderungen.

17.10.2024mehr...
Stichwörter: Gentechnik, Patent, Politik, Agrarpolitik, Gesetzgebung, International, Verbraucherschutz, Kennzeichnung, Crispr-Cas9 Methode, EU-Parlament, Offener Brief, Gentechnikfrei, Rückverfolgbarkeit, Europäische Union, Neue Gentechnik

Für Gentechnikfreiheit: Unternehmen starten offenen Brief an Manfred Weber

Lebensmittelhersteller und -händler können sich anschließen

Für Gentechnikfreiheit: Unternehmen starten offenen Brief an Manfred Weber

Fünf Unternehmen der deutschen Lebensmittelwirtschaft haben heute eine Initiative für den Erhalt von Kennzeichnung und Wahlfreiheit bei Gentechnik-Lebensmitteln gestartet. In einem offenen Brief appellieren Alb-Gold, Alnatura, dm, die Andechser Molkerei und Frosta an Manfred Weber, den Fraktionsvorsitzenden der Europäischen Volkspartei (EVP), sich für die Koexistenz gentechnikfreier Lebensmittel einzusetzen. Alle Unternehmen aus Lebensmittelherstellung und -handel in Deutschland sind eingeladen, den offenen Brief zu unterzeichnen.

09.01.2024mehr...
Stichwörter: Gentechnik, Patent, Politik, Agrarpolitik, Gesetzgebung, International, Verbraucherschutz, Kennzeichnung, Crispr-Cas9 Methode, EU-Parlament, Offener Brief, Gentechnikfrei, Rückverfolgbarkeit, Europäische Union, Neue Gentechnik

Trilog über Neue Gentechnik geht los

Bio-Verbände fordern Kennzeichnung, Koexistenzregeln und die Beschränkung der Patentierung

Ab heute wird in Brüssel über die Deregulierug Neuer Gentechnik (NGT) diskutiert. Im Trilog loten EU-Kommission, -Rat und -Parlament untereinander aus, ob und falls ja, wie das bisher geltende strenge Gentechnikrecht für neue gentechnische Verfahren angepasst werden soll. Zur Debatte stehen der Gesetzentwurf der Kommission sowie die vorliegenden Änderungswünsche von Parlament und Rat. Die Verbände Bioland und Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) fordern die Politiker dazu auf, die Interessen von Landwirten, Züchtern und Bürgern über Konzerninteressen zu stellen und die Wahlfreiheit für Verbraucher und Betriebe zu sichern.

06.05.2025mehr...
Stichwörter: Gentechnik, Patent, Politik, Agrarpolitik, Gesetzgebung, International, Verbraucherschutz, Kennzeichnung, Crispr-Cas9 Methode, EU-Parlament, Offener Brief, Gentechnikfrei, Rückverfolgbarkeit, Europäische Union, Neue Gentechnik

Gentechnik im Ökolandbau?

EU-Berichterstatterin schlägt vor, das Verbot für Neue Gentechnik der Kategorie 1 aufzuheben

20.10.2023mehr...
Stichwörter: Gentechnik, Patent, Politik, Agrarpolitik, Gesetzgebung, International, Verbraucherschutz, Kennzeichnung, Crispr-Cas9 Methode, EU-Parlament, Offener Brief, Gentechnikfrei, Rückverfolgbarkeit, Europäische Union, Neue Gentechnik


Neuer Gentechnik-Vorschlag von Polen in der Kritik

VLOG veröffentlicht Gutachten zu Haftungsrisiken der Lebensmittelwirtschaft

14.01.2025mehr...
Stichwörter: Gentechnik, Patent, Politik, Agrarpolitik, Gesetzgebung, International, Verbraucherschutz, Kennzeichnung, Crispr-Cas9 Methode, EU-Parlament, Offener Brief, Gentechnikfrei, Rückverfolgbarkeit, Europäische Union, Neue Gentechnik