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Agrarpolitik
Keine Mehrheit für Gentechnik-Deregulierung im EU-Agrarrat
Bioland begrüßt Signal aus Brüssel
Der EU-Agrarrat hat heute erstmals über den Vorschlag der Europäischen Kommission zu neuen genomischen Techniken in der Pflanzenzüchtung abgestimmt. Dabei konnte der Kompromissentwurf der Ratspräsidentschaft keine qualifizierte Mehrheit erzielen. Die Agrarminister werden sich voraussichtlich im neuen Jahr weiter um eine gemeinsame Position für mögliche Verhandlungen im Trilog bemühen.
Der deutsche Landwirtschaftsminister Cem Özdemir hat sich bei der Abstimmung enthalten. Bioland-Präsident Jan Plagge fordert angesichts dessen eine klare Positionierung der gesamten Bundesregierung. Vor allem der Bundeskanzler müsse halten, was er im Wahlkampf versprochen hat: die uneingeschränkte Geltung des Vorsorgeprinzips auch für Neue Gentechnik.
„Die Verbraucher*innen wollen auch weiterhin entscheiden, ob sie Gentechnik auf ihrem Teller haben oder nicht“, betont Plagge. Neben einem Verlust der Wahlfreiheit drohten durch eine Deregulierung auch Preissteigerungen, da ein erhöhter Aufwand zur Aufrechterhaltung der Gentechnikfreiheit und die ohnehin kritischen Patente zu Mehrkosten führen würden.
„Der Angriff auf die Wahlfreiheit von Verbraucherinnen und Verbraucher wurde fürs Erste abgewehrt“, kommentiert Antje von Broock, Geschäftsführerin des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Kennzeichnung, Koexistenzregelungen und ein vorsorgeorientiertes Risikoprüfungs- und Zulassungssystem sowie Patentfreiheit seien Grundbedingungen für den Erhalt der konventionellen und ökologischen gentechnikfreien Landwirtschaft sowie für den Schutz der Ökosysteme.
Bio-Verbände fordern Kennzeichnung, Koexistenzregeln und die Beschränkung der Patentierung
Ab heute wird in Brüssel über die Deregulierug Neuer Gentechnik (NGT) diskutiert. Im Trilog loten EU-Kommission, -Rat und -Parlament untereinander aus, ob und falls ja, wie das bisher geltende strenge Gentechnikrecht für neue gentechnische Verfahren angepasst werden soll. Zur Debatte stehen der Gesetzentwurf der Kommission sowie die vorliegenden Änderungswünsche von Parlament und Rat. Die Verbände Bioland und Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) fordern die Politiker dazu auf, die Interessen von Landwirten, Züchtern und Bürgern über Konzerninteressen zu stellen und die Wahlfreiheit für Verbraucher und Betriebe zu sichern.
Startschuss für Trilog-Verhandlungen, Bio-Verbände protestieren
Der Ausschuss der Ständigen Vertreter der EU-Mitgliedstaaten (AStV) hat heute mit qualifizierter Mehrheit für den Vorschlag der polnischen Ratspräsidentschaft zur Deregulierung Neuer Gentechnik gestimmt. Dadurch können die Trilog-Verhandlungen zwischen EU-Kommission, Parlament und Rat nun beginnen. Umweltschützer, Bio-Verbände und Grüne üben heftige Kritik. Deutschland hat dem Vorschlag nicht zugestimmt.
Im September 2024 wurde der offene Brief ‚Lebensmittelwirtschaft für Wahlfreiheit‘ (Food Industry for Freedom of Choice) an die EU-Landwirtschaftsminister versandt. 367 Unternehmen aus 16 EU-Mitgliedstaaten sprechen sich damit für eine umfassende Kennzeichnungspflicht für Neue Gentechnik aus. Angesichts einer möglichen baldigen Einigung im EU-Agrarministerrat haben die Initiatoren das Schreiben heute offiziell an Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir übergeben.