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AGRA-Entwicklungsansatz für gescheitert erklärt

Zivilgesellschaft bewertet Zwischenevaluierung

Der Entwicklungsansatz der Allianz für eine Grüne Revolution in Afrika (AGRA) fördert Abhängigkeiten und Gefahren für Mensch und Umwelt: Zu diesem Ergebnis kommen die Rosa-Luxemburg-Stiftung, Brot für die Welt, das INKOTA-netzwerk, FIAN Deutschland sowie das Forum Umwelt und Entwicklung. Gemeinsam haben sie die Zwischenevaluierung der von Deutschland finanzierten AGRA-Projekte in Burkina Faso und Ghana bewertet. Nun fordern sie das Entwicklungsministerium auf, die politische und finanzielle Unterstützung von AGRA einzustellen und stattdessen Agrarökologie stärker zu fördern.

In den vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) geförderten AGRA-Projekten in Burkina Faso und Ghana wird laut der Bewertung der Einsatz von teuren industriellen Betriebsmitteln wie synthetischem Dünger, Pestiziden und industriellem Saatgut unterstützt. Jan Urhahn, Agrarexperte der Rosa-Luxemburg-Stiftung, sagt: „Die an AGRA-Projekten beteiligten Bäuerinnen und Bauern werden von industriellen Betriebsmitteln abhängig gemacht und die Wahlfreiheit beim Saatgut wird eingeschränkt“. Ohne die kontinuierliche externe Weiterfinanzierung dieser Substanzen könnten sich die Bauern diese nach der Beendigung der Projekte nicht mehr leisten. Dies widerspreche der Behauptung von AGRA, kleinbäuerliche Landwirtschaft könne zu einem erfolgreichen ‚Business‘ gemacht werden, das sich von selbst trägt. „AGRAs Ansatz der Grünen Revolution ist zum Scheitern verurteilt und das wurde nun sogar durch die eigene Evaluierung des Entwicklungsministeriums bestätigt“, so Urhahn.

„Obwohl die wirtschaftliche Ausbeutung von Kindern eine nicht akzeptable Menschenrechtsverletzung ist, wurde sie bei der Evaluierung in den AGRA-Projekten festgestellt. Das ist nicht hinnehmbar“, sagt Roman Herre, Agrarreferent bei FIAN Deutschland. „Vor allem vor dem Hintergrund, dass sich das BMZ für die Beendigung von Kinderarbeit und die Verwirklichung entsprechender UN-Konventionen einsetzt. Dieser Umstand muss umgehend angegangen werden.“

Die Evaluierung zeige zudem, dass Bauern aus Burkina Faso Umweltschäden durch den Einsatz von Pestiziden in AGRA-Projekten feststellen konnten. In AGRA-Projekten in Ghana kämen in der EU verbotene Pestizide wie die Wirkstoffe Propanil und Permethrin unrechtmäßig zum Einsatz. Dies verstoße gegen den ‚Referenzrahmen für Entwicklungspartnerschaften im Agrar- und Ernährungssektor‘ des BMZ und gegen die Sozial- und Umweltstandards der Weltbank.

Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze hatte bereits im Frühjahr 2022 angekündigt, die AGRA-Kooperation der Bundesregierung infrage zu stellen. „Mit den Ergebnissen der eigenen Evaluierung bleibt als einzig logische Konsequenz der direkte Ausstieg aus AGRA“, fordert nun Silke Bollmohr, Landwirtschaftsexpertin beim INKOTA-netzwerk. Statt der Weiterfinanzierung von AGRA solle das BMZ das Recht auf Nahrung und die Agrarökologie zum Kompass deutscher Entwicklungspolitik machen.

Zum Hintergrund

Mit mehr als zweijähriger Verspätung haben das BMZ und die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) eine Zwischenevaluierung der von ihnen finanzierten AGRA-Projekte in Burkina Faso und Ghana veröffentlicht. In dieser ersten Phase (2017-2022) finanzierte das BMZ über die KfW in beiden Ländern insgesamt vier AGRA-Projekte mit circa zehn Millionen Euro. Ursprünglich sollten die Ergebnisse der Zwischenevaluierung als Grundlage für die Entscheidung darüber dienen, ob das BMZ in einer zweiten Projektphase AGRA weiterhin finanziert. Bereits im Jahr 2020 stellte das BMZ allerdings weitere 15 Millionen Euro für die Jahre 2022 bis 2025 zur Verfügung, insbesondere für die AGRA-Länderprogramme in Burkina Faso und Nigeria. Nach Meinung der Herausgeber der Bewertung wurde die Entscheidung des BMZ, AGRA weiterhin zu fördern und die Fördersumme anzuheben, ohne eine empirisch belastbare Grundlage und trotz substanzieller und fundierter Kritik seitens der Zivilgesellschaft getroffen.

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