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Wie nachhaltig sind Gewürze und Kräuter?

Studie zeigt Unterschiede zwischen Anbauländern und verschiedenen Sorten

Wie nachhaltig sind Gewürze und Kräuter? © Nikoli Afina|unsplash

Zur Nachhaltigkeit von Gewürzen und Kräutern veröffentlichte das Zentrum für Nachhaltige Unternehmensführung (ZNU) der Universität Witten/Herdecke eine Studie, die von der Adalbert-Raps-Stiftung gefördert wurde. Zentrales Ergebnis: Zwischen den wichtigsten Anbauländern gibt es große Unterschiede. Außerdem könnten sich Unternehmen nicht auf Label und Siegel verlassen, sondern sollten besser mit den Lieferanten direkt zusammenarbeiten.

Die Analyse umfasst länderspezifisch die Auswirkung auf Wasserknappheit, den Einsatz kritischer Pestizide und Düngemittel sowie die Menschenrechtsrisiken. Diese Umwelt- und Sozialauswirkungen wurden bereits in einer früheren Studie des ZNU als die zentralen Nachhaltigkeitsherausforderungen von Gewürzen und Kräutern identifiziert. Um Unternehmen aufzuzeigen, welche Einflussmöglichkeiten sie auf ihre Lieferketten haben, wird zudem ein Überblick über die wissenschaftliche Forschungsliteratur gegeben.

„Die Ergebnisse zeigen, dass es große Unterschiede zwischen den verschiedenen Anbauländern gibt“, sagt Julius Wenzig, Autor der Studie von der Universität Witten/Herdecke. „Während zum Beispiel in Pfefferproben aus Vietnam und Brasilien sehr viele kritische Pestizide nachgewiesen werden, finden sich in Proben aus Indien und Sri Lanka deutlich weniger.“

Außerdem hingen verschiedene Herausforderungen auch von den jeweiligen Kräutern und Gewürzen ab. Beispielsweise zeigten die Daten, dass Chili und Paprika einen relativ großen Einfluss auf die lokale Wasserknappheit und die Ökosysteme haben, während der Anbau von Ingwer und Kurkuma weniger zu Buche schlage. Auch seien die menschenrechtlichen Risiken beim Anbau von Petersilie relativ gering, während sie bei Kurkuma und Ingwer höher ausfielen.

Auf Basis der Daten könnten Unternehmen eine Risikoabschätzung vornehmen und Prioritäten für einzelne Gewürze und Kräuter sowie für Anbauländer setzen. Um konkrete Handlungsempfehlungen für produzierende oder handelnde Unternehmen abzuleiten, sollten jedoch idealerweise spezifische Daten erhoben und ausgewertet werden.

Zu den Einflussmöglichkeiten von Unternehmen zeige die Literaturrecherche, dass Nachhaltigkeitslabels und -siegel im Durchschnitt keinen signifikanten Einfluss auf die ökologische, ökonomische und soziale Situation der Erzeuger im globalen Süden hätten. Zu häufig komme es in landwirtschaftlichen Erzeugerorganisationen in den Entwicklungsländern zu Ineffizienzen, Machtmissbrauch und Misswirtschaft, sodass die Prämien für zertifizierte Ware teilweise nicht bei den landwirtschaftlichen Betrieben ankämen.

Vielversprechender sei die direkte Einflussnahme von Unternehmen auf ihre Lieferkette. In der direkten Zusammenarbeit könnten produkt-, standort- und unternehmensspezifische Herausforderungen der Gewürzbranche gemeinsam angegangen werden. Multi-Stakeholder-Initiativen wie die die Sustainable Spices Initiative oder das ZNU-Partner:innennetzwerk könnten die Zusammenarbeit unterstützen.

Die Daten der Studie basieren auf unterschiedlichen Quellen. Für die Analyse der wichtigsten Anbauländer wurde die Trade Map des International Trade Center verwendet. Die nachgewiesenen Pestizide wurden von iComplai UG auf Basis von Daten der European Food Safety Authority (EFSA) in einem Dashboard aufbereitet. In Zusammenarbeit mit Lars Neumeister, unabhängiger Pestizidexperte, wurden die Pestizide anhand des Toxic Load Indicators (TLI) bewertet. Für die Erfassung des Düngemittelbedarfs wurde auf Daten von Farooqi et al. (2005) zurückgegriffen. Der Wasserfußabdruck wurde auf Grundlage der Verbrauchsdaten von Mekonnen & Hoekstra (2011) berechnet und zur Bewertung der Wasserknappheit wurde die AWARE-Methode (Available WAter REmaining) von Boulay et al. (2018) angewandt. Die menschenrechtlichen Risiken wurden direkt der Social Hotspot Database (SHDB) entnommen. Bei den Bewertungen handelt es sich um eine relative Bewertung der höchsten Werte im Vergleich zu den niedrigsten Werten. Daher können keine Aussagen über absolute Auswirkungen getroffen werden. Die Literaturrecherche basiert auf deutsch- und englischsprachiger Literatur, vorwiegend aus wissenschaftlichen Zeitschriften und grauer Literatur.

Die vollständige Studie kann hier heruntergeladen werden.

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