Ausland
Bio Suisse und Naturland – Kooperation mit Zukunft

Die Bio Suisse-Anforderungen dienen seit Jahrzehnten als Referenzstandard für die Vermarktung, auch ohne Auszeichnung mit dem Knospe-Label. Die vertiefte Kooperation mit Naturland stärkt die anspruchsvollen Import-Anerkennungsverfahren.
In der Schweizer Biovermarktung ist das Knospe-Label keineswegs omnipräsent. Im klassischen Biofachhandel und im Sortiment des wichtigsten Großhandels-Unternehmen Bio Partner ist eine große Vielfalt an Bio-Qualitäten verschiedenster Standards erhältlich. Seit Jahren bieten nahezu alle Detailhandelskanäle (LEH) von der Warenhaus-Kette Manor bis zu den auch in der Schweiz verankerten Lidl- und Aldi-Ketten umfassende Bio-Sortimente an. In den genannten Formaten erfolgt die Bio-Vermarktung mit eigenständigen Bio-Auszeichnungen. Als Beschaffungs- und Orientierungsstandard bilden die Bio Suisse-Richtlinien jedoch auch hier eine wichtige Grundlage.
Langjährige Kooperation vertiefen
Mit der so genannten ‚Direktanerkennung‘ erleichtert Bio Suisse seit vielen Jahren Bioimporte mit Zertifizierungen gemäß Biostandards wie Naturland, Bioland und einigen weiteren Traditions-Labels namentlich aus Deutschland und Österreich. Für entsprechende Importprodukte gelten vereinfachte Abläufe im teilweise sehr aufwändigen Importprüfverfahren durch die Bio Suisse-Administration.
Anfang Oktober 2021 kündigten die beiden Organisationen nun eine strategische Verstärkung der Zusammenarbeit an, die mit der Zielsetzung ‚gemeinsam für einen starken internationalen Biolandbau‘ weit darüber hinausgeht. Im Mittelpunkt der Kooperation stehen mit den Themen nachhaltiges Wassermanagement und soziale Verantwortung zwei zentrale Aspekte eines umfassenden Verständnisses von Nachhaltigkeit, die über die gesetzlichen Regelungen zum Biolandbau hinausgehen. Naturland und Bio Suisse sind Inhaber und Garanten von hochwertigen Bio-Standards (Naturland/Naturland Fair und Knospe), die weit über die Gesetzgebung zur ökologischen Produktion hinausgehen und beispielsweise auch in den Bereichen Biodiversität und Tierwohl zu den Vorreitern gehören. Naturland und Bio Suisse arbeiten international mit mehreren tausend Produzenten zusammen und fördern auf diesem Weg den Biolandbau weit über die eigenen Landesgrenzen hinaus.
Sozial Verantwortung sicherstellen
Bei der sozialen Verantwortung leistet Naturland seit bald 20 Jahren Pionierarbeit, indem der Verband auch die Arbeitsbedingungen aller Mitarbeiter auf den zertifizierten Betrieben nach eigenen Richtlinien kontrolliert. Im Rahmen der Kooperation wird Bio Suisse in dieses von Naturland entwickelte Kontrollsystem einsteigen und damit die eigenen Kontrollmechanismen substanziell verbessern. Die beiden Verbände planen darüber hinaus eine gemeinsame, eng koordinierte Weiterentwicklung der Aktivitäten und Richtlinien.
Da Naturland über ausgeprägte Kenntnisse in der Verbindung von Bio- und Fairtrade-Qualität einerseits und viel Know How in Fragen der Bio-Aquakultur verfügt, birgt die vertiefte Kooperation zumindest das Potential für konkrete Fortschritte und Synergien in diesen Bereichen.
Migros besiegelt Partnerschaft mit Bio Suisse
Die Partnerschaft von Migros mit Bio Suisse wurde am 11. Mai 2022 mit der Vertragsunterzeichnung der beiden Parteien bestätigt. Damit bekennt sich die Migros zu stärkeren Bio-Richtlinien nicht nur auf rohen Lebensmitteln, sondern auch für verarbeitete und importierte Migros Bio-Produkte. Bereits im Sommer 2022 wurde über die geplante Partnerschaft mit Bio Suisse berichtet. Nun ist die Tinte getrocknet und die Zusammenarbeit bestätigt. Im passenden Setting auf dem Hof Bleichenberg des Bio Suisse- Landwirtes Urs Zuber in Zuchwil SO fand die Vertragsunterzeichnung von Migros mit Bio Suisse statt.
Dieser Schritt verstärkt die bereits bestehende Zusammenarbeit von Bio Suisse und Migros und ist insofern eine gemeinsame Weiterentwicklung des Biolandbaus. Ab Herbst dieses Jahres wird die ‚Knospe‘ von Bio Suisse auch auf den Produkten von Migros Bio abgebildet sein. „Dass Migros bei Bio auf die Knospe setzt, wird dem Biolandbau in der Schweiz einen Schub geben und die Sichtbarkeit der Knospe deutlich steigern. Die Konsumentinnen und Konsumenten erhalten bei Knospe-Produkten hohe Verlässlichkeit, Transparenz und Rückverfolgbarkeit“, so Urs Brändli, Präsident von Bio Suisse. „Wir freuen uns, mit einem kompetenten Partner an unserer Seite die bereits sehr gute Zusammenarbeit weiter zu intensivieren und so nachhaltig die Schweizer Biolandwirtschaft mitzugestalten“, sagt Matthias Wunderlin, Leiter Departement Marketing im Migros-Genossenschafts-Bund.
2023 – 30 Jahre Coop Naturaplan
Angesichts der Schlagzeilen zur Bio Suisse-Migros-Kooperation gilt es eines nicht zu vergessen: Für die Coop-Einkaufsverantwortlichen ist die enge Zusammenarbeit mit der Bio Suisse über die Beschaffung aus der Schweiz hinaus auch beim Import seit bald drei Jahrzehnten eine gut eingespielte Selbstverständlichkeit.
Peter Jossi
Die Stärkung des Bio Suisse-Standards bleibt trotz der für die Schweiz marktbestimmenden im globalen Vergleich letztlich dennoch bescheidenen Einkaufsmacht des traditionellen Partners Coop und dem verstärkten Engagement Migros eine große Herausforderung. Bereits jetzt zeigt sich: Die Beschaffung von Knospe-Qualität wird für kleinere Akteure der Biovermarktung nun noch anspruchsvoller.
Mit der Direktanerkennung erleichtert Bio Suisse seit vielen Jahren den Import von Biostandards wie Naturland, Bioland und einigen weiteren Traditions-Labels aus Deutschland und Österreich. Die positiven Auswirkungen auf die Vereinfachung der Anerkennungsverfahren blieben bisher jedoch beschränkt. Zu hoffen ist, dass die vertiefte Kooperation mit Naturland konkrete Fortschritte schafft, sowohl mit Blick auf die verfügbaren Sortimente und Mengen als auch die Entwicklung zukunftsfähiger sozial-ökologischer Wertschöpfungs-Kooperationen.
Eine wenig beachtete Tatsache bleibt jedoch bestehen: Bio Suisse behält die Zügel in der Handel und regelt den Zugang zum vom Knospe-Standard bestimmten Schweizer Biomarkt. Als wichtigstes Instrument dient dabei die 100%-Tochtergesellschaft ‚International Certification Bio Suisse AG‘ (ICB AG). Zwar musste der Schweizer Biobauernverband die Biozertifizierung auf der Ebene der Bio-Grundanforderungen (CH-Bio/ EU-Bio) aus akkreditierungsrechtlichen Gründen bereits vor vielen Jahren an eigenständige Zertifizierungsstellen wie bio.inspecta auslagern. Die privatrechtliche Bio Suisse-Anerkennung der Importe erfolgt jedoch nach wie vor unter voller Bio Suisse-Kontrolle.