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Endspurt in die falsche Richtung?

Die gemeinsame Agrarpolitik der EU ist in sechs Wochen vertragsreif. Eine Gesprächsrunde zog Zwischenbilanz

Endspurt in die falsche Richtung?
Matteo Metta, Policy Analyst vom Thinktank ARC 2020, Brüssel

Mit den GAP-Verhandlungen verbanden sich Hoffnungen, die Green-Deal-Ziele der EU auch in ihnen umzusetzen, um eine nachhaltige EU-Wirtschaft zu erreichen. Kritik am bisherigen Text kam von Umweltorganisationen, der grünen Fraktion im EU-Parlament oder von Bio-Verbänden. Dass der ursprünglich formulierte GAP-Vorschlag der EU-Kommission komplett neu geschrieben wird, dürfte unwahrscheinlich sein. Es blieb im Gespräch daher vor allem die Frage: Was lässt sich in welchen Bereichen noch ändern?

Martin Häusling, Mitglied des Europäischen Parlaments für die Grünen, beauftragte Experten, die Verhandlungen zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zu analysieren. Sie kämpften sich durch immerhin 780 Seiten, nicht eingerechnet die Anhänge. Daraus destillierten sie sechs Richtwerte, an dem sich das Vertragswerk gegenüber einem anstrebten Green Deal messen solle.

  • Die Mitgliedstaaten sollen sich verpflichten, ihre nationalen GAP-Strategiepläne der Umwelt- und Klimaziele deutlich ehrgeiziger zu formulieren.
  • Das System von Direktzahlungen und der Konditionen, an die sie gekoppelt sind, soll verbessert werden.
  • Die mit den eco schemes einhergehenden Verpflichtungen für Landwirte seien beizubehalten.
  • Die Säule II sollte mindestens 30 Prozent der Ausgaben für Umweltziele enthalten.
  • Die Datensammlung beispielsweise zur Bodennutzung sollte verbessert werden.
  • Spezielle Ausgaben sollen an Landwirte gehen, um ihre Position zu stärken.

Die Studie erstellten Prof. Sebastian Lakner vom Institut für Agrarökonomie, Universität Rostock, Deutschland und Matteo Metta, Policy Analyst vom Thinktank ARC 2020, Brüssel. In einer Gesprächsrunde stellten sie die Ergebnisse vor und besprachen sie mit je einem Vertreter aus den Bereichen Wirtschaftswissenschaft, EU-Agrarpolitik und Umweltschutz. Gesprächspartner waren:

  • Prof. Alan Matthews, Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, Trinity College, Dublin
  • Tassos Haniotis, Stv. Generaldirektor DG AGRI, Europäische Kommission, Brüssel
  • Harriet Bradley, Senior Agriculture and Land Use Policy Officer, Birdlife Europe/Central Asia, Brüssel

Moderiert wurde die Online-Veranstaltung von Christine Chemnitz von der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin.

Kurz zusammengefasst einigte man sich im Dezember 2020 über den Haushaltsplan der GAP, in sechs Wochen dürfte das Agrargesetzeswerk beschlossen werden. Die Hoffnungen waren groß, dem Vertragswerk einen entscheidenden Impuls in Richtung 'Green Deal' zu geben, es also ökologisch auszurichten. Sebastian Lakner sah zwar für Deutschland eine bessere Entwicklung als erwartet. Doch hier bliebe ein deutlicher Kurswechsel aus, was noch mehr für die übrigen Mitgliedländer gelte.

Die Bilanz fiel weitgehend einhellig ernüchternd aus: Gute Ansätze etwa der ‚eco schemes‘ würden verwässert, vielfach bliebe es bei 'Business as usual', die Direktzahlungen der ersten Säule an Bauern seien zu stark an die Ackerflächengröße gebunden. Dem widersprach nur Tassos Haniotis, der letzteres als bestes Kriterium sah, an dem sich Fördergelder festmachen ließen.

Häusling sagte, er gebe die Hoffnung auf Verbesserungen erst am letzten Tag auf. Bis dahin helfe nur, verstärkten Druck auf die Teilnehmer des Trialogs auszuüben, also auf EU-Rat, EU-Kommission und EU-Parlament. Eine mittelfristige Perspektive sei nur, wie etwa Harriet Bradley betonte, in der Halbzeit der sechsjährigen GAP-Umsetzung das Erreichte kritisch zu überprüfen.

Dirk Hartmann

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