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Agrarpolitik

GAP-Vereinfachung: Bio-Branche begrüßt Rückkehr zu ‚green by definition‘

AbL kritisiert „massiven Rückbau ökologischer Mindeststandards“

GAP-Vereinfachung: Bio-Branche begrüßt Rückkehr zu ‚green by definition‘ © stock.adobe.com/MNStudio
Grünlandschutz rückläufig: Nach Vorschlägen der Kommission soll die akzeptierte Höchstgrenze für den Rückgang von Dauergrünland von fünf auf zehn Prozent angehoben werden.

Die Europäische Kommission hat gestern Vereinfachungsvorschläge für die aktuelle Förderperiode der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) veröffentlicht. Das Maßnahmenpaket sieht vor, dass Bio-Betriebe bei den sogenannten GLÖZ-Standards, Anforderungen für den ‚guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand von Flächen‘, weitgehend automatisch anerkannt werden – eine Rückkehr zum Konzept von ‚green by definition‘. Auf der anderen Seite werden Umweltstandards rückgebaut, was die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) scharf kritisiert.

Der Ökolandbau wurde bereits von 2014 bis 2021 unter dem Titel ‚green by definition‘ als umfassende Umweltleistung anerkannt. Bestimmte Basis-Auflagen, um die Agrarförderung zu erhalten, galten von Bio-Höfen ohne weitere Nachweispflicht als erfüllt. Dieses Prinzip soll nun nach dem Vereinfachungspaket bei einigen GLÖZ-Standards wiedereingeführt werden: im Detail GLÖZ 1 (Erhalt von Dauergrünland), GLÖZ 3 (Verbot des Stoppelabbrennens), GLÖZ 4 (Pufferstreifen), GLÖZ 5 (Verringerung der Bodenerosion) und GLÖZ 6 (Mindestbodenbedeckung).

„Agrarkommissar Christophe Hansen gibt ein richtiges Signal! Höfe, die nach den strengen Umweltauflagen der EU-Öko-Verordnung wirtschaften, sollten nicht zusätzlich Auflagen erfüllen müssen, die für die konventionelle Wirtschaftsweise konzipiert wurden“, kommentiert Peter Röhrig, geschäftsführender Vorstand des Bunds Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW).

„In Zeiten, wo nur kleine Schrauben beim Bürokratie-Abbau gedreht werden, hat Christophe Hansen einen wahren Hebel umgelegt!“, so die enthusiastische Reaktion von Thomas Lang, 1. Vorsitzender der Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern (LVÖ). „Unsere Forderungen wurden erhört. Das entlastet unsere Betriebe und würdigt gleichzeitig die großen Leistungen, die sie von Haus aus durch ihre Wirtschaftsweise für unsere Natur erbringen.“

„Wir begrüßen ausdrücklich das Vorhaben der EU, Bio-Betriebe bei bestimmten GLÖZ-Standards wieder als konform anzuerkennen“, meint auch Gerald Wehde, Geschäftsleiter Agrarpolitik und Kommunikation bei Bioland. Gerade zum jetzigen Zeitpunkt sei eine Vereinfachung für die Bewirtschaftung nach den strengen Bio-Regeln wichtig: Der momentanen Zurückhaltung bei der Bio-Umstellung werde mit solchen Maßnahmen etwas entgegengesetzt.

Rückbau von Umweltstandards in der Kritik

Neben dem Lob für die Unterstützung des Ökolandbaus gibt es auf das geplante Maßnahmenpaket auch kritische Reaktionen. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) bemängelt einen „massiven Rückbau ökologischer Mindeststandards“. Als besonders gravierend betrachtet sie die geplante Änderung im Dauergrünlandschutz. In GLÖZ 1 ist bisher vorgesehen, dass die Dauergrünlandfläche eines EU-Mitgliedsstaates im Vergleich zum Referenzjahr 2018 nicht um mehr als fünf Prozent reduziert werden darf. Dieser Wert soll nun auf zehn Prozent angehoben werden. Laut AbL würden dadurch in der gesamten EU rund 125 Millionen Tonnen zusätzliches CO2 frei werden, was grob den gesamten Treibhausgasemissionen des Landes Tschechien im Jahr 2023 entspreche.

Auch der BÖLW schließt sich der Kritik an der allgemeinen Senkung der Umweltauflagen an. „So richtig es ist, bei Bio doppelte Auflagen abzubauen, so kritisch ist es, dass die Agrar-Umweltauflagen insgesamt gemindert werden sollen. Die jährlichen Schäden durch die Landwirtschaft in Höhe von 90 Milliarden Euro allein in Deutschland werden weiter steigen“, kommentiert Peter Röhrig.

Kritisch reagiert auch Ophelia Nick, Sprecherin für Landwirtschaftspolitik der grünen Bundestagsfraktion. „Wie Bürokratieabbau geht, ohne drastisch Umweltstandards abzubauen, muss die EU-Kommission scheinbar noch herausfinden“, so Nick. Am Ende stehe die Umwelt als Verliererin da und damit auch die Landwirtschaft, die auf eine gesunde Umwelt angewiesen ist. „Die Kommission muss hier dringend nachbessern.“

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