Agrarpolitik
EU-Parlament will Umweltstandards weiter abschwächen
GAP-‚Vereinfachungspaket‘ angenommen

Das EU-Parlament hat gestern über zwei Änderungen in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU abgestimmt: das sogenannte ‚Vereinfachungspaket‘ sowie die kleine Reform der Gemeinsamen Marktordnung (GMO). Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) begrüßt die Annahme der GMO-Reform als Erfolg für gerechtere Agrarmärkte. Die geplante GAP-Vereinfachung betrachtet sie dagegen als „Katastrophe für die langfristige Ernährungssicherheit“.
Der geplante Abbau von Umweltauflagen, für den das EU-Parlament gestimmt hat, geht noch über den ursprünglichen Kommissionsvorschlag hinaus und orientiert sich an den Änderungen des Agrarausschusses. Demnach sollen landwirtschaftliche Betriebe auf geschützten Natura-2000-Gebieten künftig automatisch als GAP-konform gelten. Zwei GLÖZ-Standards, Anforderungen für den ‚guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand von Flächen‘, werden außerdem komplett gestrichen: Maßnahmen gegen Bodenerosion (GLÖZ 5) sowie Schutzmaßnahmen für Natura-2000-Grünland (GLÖZ 9).
Diese Änderungen würden den Verlust gesunder landwirtschaftlicher Flächen beschleunigen, sensible Ökosysteme schwächen und die Widerstandsfähigkeit gegenüber Klimaschocks verringern, befürchtet Laurence Modrego, leitende Referentin für nachhaltige Landwirtschaft beim WWF. Ottmar Ilchmann, Sprecher für Agrarpolitik der AbL, äußert zudem Sorge um den gesellschaftlichen Rückhalt, ohne den die Landwirtschaft die Agrargelder langfristig nicht halten könne. Als „reinen Standardabbau“ bezeichnet Ophelia Nick, Grünen-Sprecherin für Landwirtschaftspolitik, die GAP-Vereinfachung. „So machen wir Landwirtschaft nicht krisenfest. Das ist das Gegenteil von zukunftsorientierter Politik“, kritisiert sie.
Positivere Reaktionen gibt es auf die Reform der Gemeinsamen Marktordnung. Mit Artikel 148 soll die Verhandlungsposition von Bauern auf den Agrarmärkten gestärkt werden – über verbindliche schriftliche Lieferverträge mit klaren Angaben zu Preis, Menge und Laufzeit.
„Wer Lebensmittel produziert, muss auch wissen, was er dafür bekommt. Doch genau das ist heute viel zu oft nicht der Fall. Bäuerinnen und Bauern liefern Milch oder andere Produkte ab, ohne zu wissen, welchen Preis sie am Ende dafür erhalten. Diese Praxis ist intransparent, unfair und marktwirtschaftlich unsauber. Mit Artikel 148 der GMO soll damit endlich Schluss sein“, erklärt Grünen-Sprecherin Nick.
„In der Debatte zur Abstimmung hatte Kommissar Hansen zurecht daran erinnert, dass faire Erzeugerpreise eine zentrale Forderung der jüngsten europaweiten Bauernproteste war“, fügt AbL-Sprecher Ilchmann hinzu. Für den Trilog zähle es nun, die verbleibenden Schlupflöcher zu schließen – entgegen den Forderungen der Agrar- und Ernährungsindustrie.