Raw Food

Raw & more

Mit Bio-Rohkostprodukten lassen sich gleich mehrere Zielgruppen erreichen

Rohkostprodukte sind eine wertvolle Bereicherung des Speiseplans. Die Auswahl reicht von Trockenfrüchten und Nüssen über Snacks bis zu Superfoods und Eiweißpulver, wobei das Gros der Produkte das Bio-Siegel trägt. Selbst wenn sich der Kreis der reinen Rohköstler nicht wesentlich vergrößern sollte, spricht die Auslobung als Raw doch für hohe Qualität und schonendste Herstellung. Und das sind Kriterien, die viele Verbraucher schätzen.

Rohkostqualität haben Lebensmittel, die bei ihrer Gewinnung und Verarbeitung nicht nennenswert erhitzt wurden. Eine genaue gesetzliche Definition gibt es nicht, doch gelten 42 bis 45 Grad Celsius als dabei maximal erlaubte Kerntemperatur. Auf diese Weise sollen temperaturbedingte Verluste an Nähr- und Vitalstoffen verhindert werden. Relevant ist das vor allem bei Vitaminen wie Vitamin C und B12 und Folsäure; etwas weniger stark, aber dennoch hitzeempfindlich sind Vitamin B1 und B6.

Unabhängig davon punkten Rohkostprodukte damit, dass der ursprüngliche Geschmack und die Farbe größtenteils erhalten bleiben. Das natürlich nur, soweit es sich nicht um weiterverarbeitete, zusammengesetzte Produkte handelt. Von diesen gibt es immer mehr im Bio-Sortiment – praktisch, vielseitig, sättigend und bekömmlich. Mit einer bedarfsgerechten Auswahl an Raw-Produkten kommen Händler ganz besonders den vielen Verbrauchern entgegen, die nicht nur auf den klassischen Rohkostteller, selbst geknackte Nüsse oder selbst gepresste Säfte zurückgreifen wollen beziehungsweise können.

Die typische lange Liste an zusätzlichen Free-From-Auslobungen wie ‚ohne Gluten‘, ‚ohne Laktose‘, ‚ohne zugesetzten Zucker‘ oder ‚ohne tierische Bestandteile‘ vergrößert den Kreis an potenziellen Kunden dabei deutlich.
Was ist auf dem Markt?

Das Angebot an biologischen Rohkostprodukten umfasst vor allem
- Trockenfrüchte, inkl. Tomaten,
- Nüsse und Kerne oder Saaten, teils als reine Muse,
- Süßwaren und Knabbereien.
Eingeschlossen sind
- Matcha, Kakaobohnen und anderes Superfood.
Dazu kommen
- Gemüse- oder Proteinpulver ,
- Mehle und Saaten,
- Spezialitäten wie Aufstriche und Pesti, Teigwaren und Gewürze.
Zu erwähnen sind schließlich noch Produkte, die sowieso nicht erhitzt werden (dürfen), insbesondere
- Olivenöl extra,  virgin Kokosnussöl oder andere native Pflanzenöle,
- Honig, kalt geschleudert,
- Rohmilch und Rohmilchkäse,
- kaltgepresste Frischfruchtsäfte.

Allerdings ist Bio-Rohkost alles andere als preiswert. Erklären lässt sich das durch den hohen Aufwand: Die Naturbelassenheit bedingt es, dass strenge Hygiene gelten muss. Andernfalls drohen Ranzigkeit oder gar Befall mit Pilzen, Bakterien oder Schädlingen. Bio-Anbieter sorgen vor, indem sie ausschließlich einwandfreie Rohstoffe verwenden und mit CO2-Druckentwesung arbeiten, schnelle und angepasste Prozesse entwickeln und geeignete Verpackungen wählen. Beispielsweise setzen sie für Trockenfrüchte gern Glas ein (u.a. TerraSana, Keimling) oder aber luftdichte Folienbeutel, gegebenenfalls mit Kartonverpackung (u.a. Morgenland, Flores Farm).

Trockenfrüchte und Nüsse oder Kerne

Dieses vielseitige, gesunde Duo sollte unbedingt in einem Rohkostsortiment vorhanden sein. Trockenfrüchte punkten hier damit, dass sie durch die schonende Trocknung mit Sonne oder Wind besonders fruchtig-aromatisch schmecken. Noch überraschender empfinden die meisten Rohkost-Einsteiger die zusätzliche frische Geschmacksnote von Nüssen und anderen Kernen.

Hervorheben lassen sich etwa das Portfolio von EgeSun, Flores Farm, Keimling, TerraSana und Passion4Fruit, wobei nicht zuletzt die vielen ausgefallenen Sorten auffallen. EgeSun bietet unter der  Fachhandelsmarke Morgenland zum Beispiel Deglet Nour Datteln, Feigen, Sultaninen und Weinbeeren, süße und säuerliche Aprikosen, Gojibeeren, Sauerkirschen und Tomaten an. Daneben laden süße Aprikosenkerne mit ihrem zarten Mandelaroma und (soweit es das Klima zulässt) Pinienkerne und Haselnüsse zum Knabbern ein.

Die Rohstoffqualität wird durch die Kennzeichnung der Beutel mit einem Sonnen-Zeichen („Sonnengetrocknet – Rohkostqualität“) auf den ersten Blick erkennbar. Ein Großteil stammt aus eigenen Anbauprojekten in Ländern wie der Türkei, Iran oder Südafrika. Um den Partnern dort die ganze Ernte abnehmen zu können, arbeitet EgeSun auch als Lohnabfüller und für Private Labels.

Verbraucher wünschen sich authentische Lebensmittel

Die direkte und faire Zusammenarbeit mit den Menschen in den Herkunftsländern führt dazu, dass hinter jedem Produkt eine authentische Geschichte steht. Auf diese Weise kann sogar bei zwangsläufig importierten exotischen Früchten und Nüssen der erwünschte Regional-Charakter erreicht werden.

Bei Flores Farm finden die Kunden entsprechende Informationen zu Herkunft und Verwendung, zum einen auf und in den Kartonverpackungen und zum anderen in Form von Videos im Internet. Den Anfang machten vor zehn Jahren Cashewkerne von der indonesischen Insel Flores, der das Unternehmen zugleich seine Entstehung und den Namen verdankt. Das Besondere: Die an dem Projekt beteiligten Kleinbauern knacken die Premium-Cashews kalt und von Hand. Auf diese Weise werden die empfindlichen Fettsäuren und das natürliche Aroma kaum verändert, heißt es bei Flores Farm.

Als weiteres Highlight greift Marketingleiterin Nina Meistermann die 2015 eingeführten grünen Rosinen heraus. Ihre Farbe und den frischen Geschmack verdanken die nicht-geölten Früchte der Trocknung am Strunk in luftigen Trockenhäusern. Insgesamt ist das Sortiment auf 30 ausgewählten Sorten von Ananasstücken bis zu Wilden Erdnüssen angewachsen; rund die Hälfte trägt den Raw-Button, und vier weitere Nüsse und Trockenfrüchte stehen schon in der Pipeline.

Trotz der wachsenden Bekanntheit, auch als Lieferant für andere Bio-Anbieter, verkaufen sich solche Premiumprodukte nicht von allein. Flores Farm führt daher zur  Verkaufsförderung zusätzlich Verkostungen durch, stellt eine ausführliche Broschüre zur Verfügung und bietet Händlern ein ansprechendes Bodendisplay an. Aktuell haben sie zudem ein Geschenkset zusammengestellt – als aparte, sinnvolle Alternative zu Pralinen.

Die meisten Bio-Anbieter stellen außerdem passende Rohkost-Rezepte bereit, die sich bestens für die Kundenkommunikation eignen und das natürlich auch indirekt über die Verkäufer am POS. Besonders naheliegend ist dieser Service bei Keimling Naturkost, die mit einem umfangreichen Rohkostangebot aus verschiedensten Warengruppen die online vertriebenen Dörrgeräte, Mixer und andere Geräte ergänzen.

Bei den Trockenfrüchten gehören wiederum Cashews zu den Rennern, zusammen mit Datteln, Feigen oder Mangostücken und gefolgt von Mandelmus. PR-Managerin Laura Reinsdorf kann dafür gleich mehrere Gründe nennen: Cashewkerne seien einerseits ein gesunder Snack in der Rohkostszene, wobei sie aufgrund der botanischen Nähe zu Pistazien oder Mangos in der Regel nicht allergen wirken. Andererseits böten sie sich hervorragend zur Herstellung von veganen Käsealternativen an. Mandelmus und -pürree wiederum, eigneten sich zur Herstellung von veganen Milchshakes, Brotaufstrichen, Mayonnaisen und mehr.

Superfood bevorzugt in Raw

Ebenso wie Veganer greifen viele Rohköstler mit ihrem großen Interesse an besonders nährstoffreichen Nahrungsmitteln gern zu sogenannten Superfoods. Viele Anbieter ergänzen ihre Auswahl daher mit solchen auch durch die Medien bekannt gewordenen Neuheiten. TerraSana setzt  sogar schwerpunktmäßig auf die Kombination von Superfood und Raw. Die modern gestalteten Gläser mit Kakao, Maulbeeren,  Chia- und Hanfsamen, Gerstengras-, Baobabpulver und anderem  ziert der Claim Positive Eating.

Man wolle die Menschen auf unkomplizierte Weise dazu anregen, Raw-Superfoods selbstverständlich und dauerhaft in die täglichen Ernährungsgewohnheiten einzubauen, erklärt Verkaufsleiterin Bernadette Koelker dazu. Wie bei jedem mehr oder weniger neuen Ernährungsstil „gehe es außerdem darum, eine kontinuierliche Nachfrage zu erzielen und so die Voraussetzungen für eine langfristige Anbauplanung mit den Produzenten zu schaffen“.

Roh-Kakaoproduk­te im Aufwind –pur und verarbeitet

Kakaobohnen werden von der Ernte bis zur Abfüllung üblicherweise mehrmals höheren Temperaturen ausgesetzt. Wäh­rend diese bei der Fermentation noch recht tief liegen, erfolgt das Rösten bei bis zu 140 Grad und beim eventuellen Mahlen kann sich nochmals Wärme entwickeln. Nicht so bei Roh-Kakao, der dank der enthaltenen Antioxidantien und Aminosäuren ebenfalls als Superfood gilt und dementsprechend im Trend liegt.

Die naturbelassenen Kerne schmecken apart herb, wobei je nach Sorte Nuancen von Schokolade, Blüten oder Früchten mitschwingen. Neben ganzen Bio-Kakaokernen mit oder ohne Häutchen gibt es gebrochene Nibs, Kakaopulver sowie rohe, nicht desodorierte Kakaobutter und, last but not least, Schokolade und Co.

Mit Rohkakaoprodukten ergänzen Flores Farm, Keimling und TerraSana, außerdem Govinda Natur und Lifefood oder Pana Cacao (beide über Naturlogistik) sowie Foodloose und beond ihre Rohkost-Auswahl. Govinda zum Beispiel, hat sich schon bei der Gründung in den 1980ern zum Ziel gesetzt, natursüße und energiegebende Süßigkeiten zu entwickeln. Nach wie vor gehören die veganen Konfekte und - Fruchtkugeln zu den wichtigsten Produkten im deutlich gewachsenen Sortiment.

Kreationen wie die weißen, cremigen Kokoskonfektkugeln oder leicht würzige Chi-Kugeln mit Datteln, Kakaobohnen und Erdmandeln dürften nicht nur Rohköstler reizen.

Während sich Govindas Angebot an Menschen verschiedenster Altersgruppen richtet, sollen die Rohkostprodukte von Lifefood vor allem die jüngere Generation ansprechen. Lifebar plus nennen sich beispielsweise die neuen sportlich aufgemachten Energieriegel, kombiniert mit Nuss, Frucht und Superfood. Schon bei den verwendeten Kernen werden mit Para- und Pekannüssen, Cashews sowie Mandeln besonders wertvolle Sorten eingesetzt.

Erwähnt seien in diesem Zusammenhang noch die neuen Rohkostsnacks von Foodloose. In Anlehnung an die gefragten Green Smoothies basieren die 35-Gramm-Riegel auf getrockneten Früchten und Gemüse, Saaten und Nüssen, wiederum je nach Sorte mit speziellen Superfoods. 

Nicht-süße Snack-Alternativen findet man im Rohkostsortiment gleichfalls deutlich häufiger als früher. Während Govinda und Keimling die Nachfrage mit innovativen Cräckern bedienen, hat Lifefood die Wortspielerei Crawnchies für ihre Gemüsechips in der kleinen 30-Gramm-Dose gewählt. Als zusätzlicher Clou haben die auf Leinsamen basierenden Chips entsprechend ihrer Zutaten unterschiedliche Farben (z.B. sepia bei Meersalat).

Mit einem weiteren, diesmal pikanten Riegel auf Basis von Paranüssen und Tomaten will das tschechische Unternehmen zugleich Anhänger des Paleo-Trends ansprechen und bewirbt ihn als rohe vegane Wurst-Alternative.

Für die eigene Rohkostküche

Um beim Thema Trend zu bleiben: Auf der letzten Biofach stieß man immer wieder auf Matcha, Gemüse- und Proteinpulver. Auch in der Rohkostszene sind diese gefragt, etwa für Shakes und Smoothies, zum Salatdressing oder Müsli. Es erstaunt daher nicht, dass mehrere der bereits erwähnten Hersteller diese im Programm haben.

Bei Govinda werden die glutenfreien Rohkost-Mehle allerdings noch mehr nachgefragt. An erster Stelle steht dabei Erdmandelmehl, gefolgt von Kastanien-, Teff- und Traubenkernmehl. Als spezielle Produktlinie ergänzt vegane Rohkost aus angekeimten Saaten die Auswahl für die eigene Rohkostküche.

Dazu passt eine Beobachtung von Birgit Roth, die 2013 das Bio Startup Die Kulinaristen gegründet hat: Ihre Kunden würden vor allem auf gesundheitliche Aspekte Wert legen,  zum Beispiel einen hohen Gehalt an Vitaminen, Enzymen und  anderen Vitalstoffen. Eben dies zeichnet angekeimte Saaten aus, die außerdem oft als bekömmlicher empfunden werden. Bislang können die Kunden bei den Kulinaristen unter glutenfreien Haferflocken, Quinoa, Buchweizen und Sonnenblumenkernen wählen. Schwerer am Markt haben es die Rohkost-Spirelli auf Basis von gekeimtem Quinoa, Sonnenblumenkernen und Buchweizen.

Das Besondere daran ist, dass die Nudeln nicht gekocht, sondern so wie sie sind, einfach in warme Saucen oder kalte Marinaden eingelegt werden können. Abschließend seien noch die Rohkostprodukte von Vita Verde Naturkost und Georg Thalhammer genannt, die gut dazu passen:  Olivenöl, luftgetrocknete oder eingelegte Oliven, Wildkräuter und -Beeren auf der einen Seite, aromatische Bärlauch-Pesti auf der anderen.

Bettina Pabel

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