Claus
Nachfolgefrage früh gelöst
Ulrike Claus hat mit der Gründung der Pural Vertriebs GmbH den Generationenwechsel eingeleitet

Bild: Claus Reformwaren: Das Gründerpaar von Claus Reformwarenhandel, Heinz und Sonja Claus (4.u.5.v.l.), mit der zweiten Generation Ulrike Claus und Fritz Großholz, Beate und Christoph Scharfenberg (v.r.n.l.) und der dritten Generation, den Enkeln und Kindern.
Bild: Claus Reformwaren: Das Gründerpaar von Claus Reformwarenhandel, Heinz und Sonja Claus (4.u.5.v.l.), mit der zweiten Generation Ulrike Claus und Fritz Großholz, Beate und Christoph Scharfenberg (v.r.n.l.) und der dritten Generation, den Enkeln und Kindern.
Die Unternehmensgruppe Claus-Pural in Baden-Baden blickt auf 50 Jahre Erfahrung mit Reformwaren zurück und ist heute europaweit aktiv. Mit ihren Auslandsfirmen bietet sie ein reichhaltiges Sortiment an Reform-, Bio- und Naturwaren sowie die Eigenmarken eubiona und Pural. Seit ihrer Gründung vor 20 Jahren leitet Ulrike Claus die Pural Vertriebs GmbH – und hat mit diesem Schritt schon früh die Weichen für den bevorstehenden Generationenwechsel in ihrer Familie gelegt. 2015 wurden weitere Geschäftsteile der Firmengruppe an die nachfolgende Generation übertragen.
Die Pural Vertriebs GmbH wurde 1996 von Ulrike Claus und ihrem Vater Heinz gegründet und 2002 zu 100 Prozent an sie übertragen. Seitdem beliefert der Großhandel mit einem breit aufgestellten Sortiment Naturkostgeschäfte und Bio-Supermärkte in ganz Deutschland.
© Claus Reformwaren
© bioPress, EM
Sein Ursprung ist die 1907 in Paris gegründete Bäckerei Pur Aliment. Im weiteren Firmenverbund zählen Naturkostgeschäfte, Bio-Supermärkte und Reformhäuser in Deutschland und Österreich (Claus Reformwaren Service Team GmbH), Frankreich (Pur Aliment S.a.r.l.) und der Schweiz (Phag GmbH) zu den Kunden.
Während Beate Scharfenberg die Geschäfte im österreichischen und Schweizer Markt mitführt, kümmert sich ihre Schwester Ulrike Claus als Geschäftsführerin der Pural Vertriebs GmbH, der Claus Reformwaren Service Team GmbH und Pur Aliment um den deutschen und französischen Markt. Firmengründer Heinz Claus will sich immer mehr aus dem Tagesgeschäft zurückziehen.
Pural Vertriebs GmbH verzeichnet zehn Prozent Wachstum
Ulrike Claus hat die Pural Vertriebs GmbH zu einem deutschlandweit agierenden Naturkostgroßhandel ausgebaut. Trends wie vegane, vegetarische und Free-From-Produkte bilden schon immer den Schwerpunkt und zählen heute zur Kernkompetenz. 2015 konnte die Firma ein Wachstum von zehn Prozent verzeichnen. Um die Firmengruppe Claus-Pural weiter auf Erfolgskurs zu halten, entwickelt Ulrike Claus stets neue Ideen.
Ihren Weitblick bewies sie schon damals: „Im Gegensatz zum regionalen Reformwarenhandel, den meine Eltern 1964 gründeten, sollte die Pural Vertriebs GmbH die gesamte Bio- und Naturkostbranche beliefern“, sagt sie. „Auch um, neben dem Reformhausmarkt mit seinen Besonderheiten, ein zweites Standbein aufzubauen und damit die Vernetzung der beiden Fachbranchen von Anfang an zu unterstützen.“
Durch die Eigenmarken Pural und eubiona und den Produkten, die die Claus Reformwaren Service Team GmbH für die regionale Reformhausbetreuung hatte, war die Pural Vertriebs GmbH schon damals breit aufgestellt. „Dass wir uns nicht auf das Beliefern der Reformhäuser beschränkten, sondern uns im Fachhandel weiterentwickeln wollten, ist erst einmal nicht überall auf Begeisterung gestoßen. Am Ende haben wir uns mit dieser Entscheidung aber unsere Zukunft gesichert“, betont sie.
Fokus Reformwarensortiment
Der Fokus der Claus Reformwaren Service Team GmbH liegt in Deutschland und Österreich auf der Belieferung von Reformhäusern. „Wir bieten unseren 1.000 Reformhaus-Kunden mit mehr als 200 Marken und über 8.500 Artikeln aus Europa ein sehr umfangreiches, von vielen Schwerpunkten geprägtes Sortiment: Gesundheit, Kosmetik, Nahrungsergänzung, glutenfrei, free from, vegan und vieles mehr“, erklärt Ulrike Claus.
Das Produktsortiment ist auch geprägt vom Schwerpunkt der Vertriebsausrichtung der Unternehmensgruppe. „Im Reformhaus wurde in den letzten beiden Jahren wieder viel in attraktive Standorte investiert.
Reformhäuser machen noch immer über 40 Prozent des Umsatzes der Claus-Gruppe aus“, betont sie. Der ist im letzten Jahr um 13 Prozent auf über 165 Millionen Euro gewachsen. Im Naturkosthandel stieg der Umsatz von Pural von 29 auf 33 Millionen Euro.
Dagegen fällt der Umsatz im LEH mit einem Anteil von unter einem Prozent gering aus. Zum Kundenstamm, der durch Übernahmen anderer Großhändler gewachsen ist, gehören WEZ und einige Edekaner. Doch Ulrike Claus hat eine klare Strategie: „Wir verzichten auf Akquise im LEH und setzen unseren Schwerpunkt weiterhin auf den Fachhandel. Trotzdem gibt es unserer Erfahrung nach auch hier sehr engagierte und nachhaltig agierende Unternehmen.“
Pural ist stärkste Marke der Firmengruppe
Unter dem breiten Angebot des Naturkostgroßhändlers befinden sich neben der Eigenmarke eubiona, deren natürliche Körper- und Haarpflegeprodukte nach eigenen Rezepturen hergestellt werden, auch zirka 360 Bio-Produkte der Naturkostmarke Pural.
Die Schwerpunkte, der ursprünglich aus Frankreich stammenden Marke, liegen bei den vielfältigen Gebäck- und Brotspezialitäten, vorzugsweise in Demeter-Qualität, einem umfangreichen veganen Kernsortiment und glutenfreien Produkten. Diese beiden Marken sind dem Fachhandel vorbehalten.
„Pural ist mit einem Wachstum von 16 Prozent im letzten Jahr die stärkste Marke unserer Firmengruppe geworden“, sagt Ulrike Claus. Knapp 70 Prozent des Umsatzes werden auf dem französischen Markt erzielt. Neben der Entwicklung neuer Produkte wie zum Beispiel der Biobis Dinkel choc pocket und die Crusty Snacks, wurde viel in eine ansprechendere Optik investiert. Die Investitionen in die neuen Verkaufsmaterialien, Displays und moderneren Verpackungen haben sich gelohnt, wie die Verkaufszahlen zeigen.
Da Markenkommunikation immer wichtiger wird, gibt es seit März mit www.pural.bio eine eigene Homepage für die Pural-Produkte. „Unsere Endkunden erfahren dort unter anderem alles über die Geschichte der Marke und erhalten detaillierte Informationen zu den Produkten“, sagt Ulrike Claus.
Aktive Arbeit auch für Großhandels-Sortimente
Die Zukunft der Unternehmensgruppe sieht Ulrike Claus vor allem im Marketing und Produktmanagement für Fremdmarken, zum Beispiel bei der Neueinführung in den verschiedenen Märkten als Exklusiv- und Premiummarken. „Früher waren wir Logistiker, Verkäufer und Großhändler.
Heute sind wir vielmehr mit dem Aufbau, Betreuen und Führen von Marken unserer Hersteller beschäftigt. Marketing hat inzwischen eine ganz andere Dimension bei uns eingenommen“, sagt sie. In den letzten vier Jahren habe sich die Abteilung von zwei auf 16 Angestellte vergrößert.
„Wir haben den Zugang zu Fachhandels-Kunden in den europäischen Märkten und können Hersteller beim Markenausbau begleiten – etwa durch Pressearbeit und Werbekampagnen. Reine Logistik, reinen Verkauf können andere Unternehmen auch. Das ist zwar unsere Kernkompetenz. Langfristig können wir uns als Großhändler aber nicht auf sie beschränken“, so Ulrike Claus.
Neue Herausforderungen durch Strukturwandel im Handel
Eine Herausforderung stelle die voranschreitende Filialisierung im Handel dar. Im Bio-Bereich decken Dennree und Alnatura bereits 40 Prozent des Marktes ab. Bei den Reformhäusern wachsen vor allem auch die Ketten. Viele Läden verkaufen ihre Unternehmen an die Marktführer, wenn es keine Nachfolger gibt.
„Wir müssen uns dem Thema Filialisierung stellen, um unsere Kunden im Reformwaren- und Naturkostfachhandel zu behalten. Zum einen sind Effizienz und guter Service, der stets weiterentwickelt wird, unabdingbar.
Zum anderen muss man als Großhändler in EDV und Lagertechnik investieren, um den wachsenden Anforderungen des Handels gerecht werden zu können. Des Weiteren spielen Datenpflege, Sortimentsgestaltung und die Drehkraft der Sortimente eine große Rolle“, sagt Ulrike Claus.
Mittlerweile befinden sich einige Internetshops unter den größten 20 Kunden der Claus-Pural-Gruppe. „Dank unseres breiten Sortiments sind wir auch für Online-Händler interessant. Um ihnen und allen Einzelhandelskunden einen besseren Service zu bieten, wollen wir anschaulichere Produktinformationen entwickeln und bemühen uns in Zusammenarbeit mit Eco-Inform um eine gute Datenqualität.
Vor allem in Frankreich, wo es keinen brancheneinheitlichen Datensatz gibt, haben wir noch einiges an Arbeit vor uns. Denkbar ist auch der Aufbau einer Fotodatenbank“, so Ulrike Claus. Ebenso sei der Ausbau elektronischer Daten mit Herstellern und Kunden in den verschiedenen Märkten eine Priorität für die nächsten Jahre.
Wachstum in Frankreich, Österreich und der Schweiz
Über die Hälfte des Umsatzes macht die Firmengruppe Claus-Pural nach wie vor in Deutschland. In Frankreich wuchs der Umsatz mit rund 1.200 Kunden im letzten Jahr von 40 auf 45 Millionen Euro. In Österreich stieg der Umsatz von acht auf neun Millionen Euro, ebenso in der Schweiz. Beide Nachbarländer haben je 400 Absatzstellen.
„Frankreich bildet bei uns den zweitstärksten Markt, weil wir dort mit unseren exklusiven Produkten punkten und viel Verantwortung durch unsere Marketingmaßnahmen für die Fremdmarken tragen. Aktuell wachsen wir aber in allen Märkten“, hebt Ulrike Claus hervor.
Bessere Vernetzung und Qualifizierung
„Durch die Präsenz in vier verschiedenen Ländern mit jeweils eigenen Kundenstrukturen, spielt auch die interne Vernetzung für uns eine wichtige Rolle“, sagt sie. „Innerhalb der letzten zehn Jahre wurde nicht nur der Umsatz, sondern auch die Mitarbeiterzahl auf inzwischen 360 erhöht.
Hier sind inzwischen ganz andere Wege der Kommunikation und Zusammenarbeit entstanden. Ein fester, langjähriger Stamm, ergänzt durch viele neue, qualifizierte Mitarbeiter, hat uns die letzten Jahre wachsen lassen.“
Eine Aufgabe sei es, die Strukturen im Kundenservice auf ein Niveau zu bringen, um einheitlich agieren zu können. Das sei gar nicht so einfach, denn jedes Land habe seine eigenen Vorstellungen von gutem Kundenservice. So gehören auch insgesamt 25 Außendienst-Mitarbeiter zur Firmengruppe Claus, die den direkten Kundenkontakt in den jeweiligen Ländern pflegen.
Um auch künftig für Veränderungen und neue Herausforderungen gewappnet zu sein, finden zweimal jährlich Strategieworkshops statt. Welche Bereiche müssen weiterentwickelt werden? Woran muss intensiver gearbeitet werden? Rund 20 Mitarbeiter legen die wichtigsten Ziele für das nächste halbe Jahr fest.
In den Workshops sei auch der große Platzbedarf ermittelt und so der anstehende Neubau des Lagers in Baden-Baden angestoßen worden, sagt sie. Um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden, wird in diesem Jahr eine alte Lagerhalle mit 1.800 Quadratmetern abgerissen und eine neue mit 5.000 Quadratmetern inklusive Kühlhaus errichtet. Die gesamte Lagerfläche in Baden-Baden beträgt dann 13.200 Quadratmeter.
Künftig will Ulrike Claus auch das Angebot an Ausbildungsplätzen und Weiterbildungsmöglichkeiten erweitern. Neben Groß- und Außenhandelskaufleuten und Lagerlogistikern sollen dann auch angehende IT- und Speditionskaufleute den Weg ins Unternehmen finden. Vielversprechend klingt für sie zudem der neue duale Studiengang Deutsch-Französisches Management in Karlsruhe.
Heinz Claus widmet sich Regionalität
Auch wenn er schon eine große Verantwortung abgegeben hat – ganz aus dem Unternehmen zurückziehen will sich Heinz Claus noch nicht. Seine neueste Herzensangelegenheit ist es, neben Bio und Fair Trade künftig vermehrt regionale Produkte ins Sortiment mitaufzunehmen.
Dafür ist der 75-Jährige auf der Suche nach regionalen Kooperationspartnern, deren Produkte über die Außenläger und Plattformen in Deutschland, Frankreich, Österreich und der Schweiz vertrieben werden sollen.
„Wenn ich es schaffe, eine modellhafte Struktur aufzubauen, können wir das Projekt multiplizieren. Technisch sind jedenfalls alle Voraussetzungen gegeben“, sagt er. Seine Freude und Energie, mit denen er bereits seit über 50 Jahren Ideen zukunftsorientiert umgesetzt hat, lassen keinen Zweifel aufkommen, dass ihm auch das gelingen wird.
In einem kann er sich jedenfalls sicher sein: Durch die Weitergabe seines Engagements und Weitblicks an die zweite Generation, steht dem erfolgreichen Familienunternehmen eine vielversprechende Zukunft bevor.
Sina Hindersmann