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EU-Ökoverordnung

Totalrevision der EG-Ökoverordnung

Vorschläge der EU gefährden Existenzen

Bad Brückenau, 12. Mai 2014   |    Die von der EU-Kommission geplante Totalrevision der EG-Öko-Verordnung wird nach Ansicht der Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller (AöL) zu einer weiteren Verknappung der in Europa biologisch erzeugten Lebensmittel führen. „Vor allem kleinere Landwirte und kleinere Unternehmen der Bio-Lebensmittelwirtschaft würden durch unsinnige Auflagen in ihrer Existenz gefährdet“, sagte Susanne Horn, Generalbevollmächtige Neumarkter Lammsbräu und AöL-Vorstand.  „Damit legt die EU-Kommission die Axt an einen der prosperierenden und weiter auf Wachstumskurs befindlichen Zweige der Lebensmittelbranche. Würde dieser Vorschlag so umgesetzt, gäbe es weniger Bio-Bauern und Bio-Verarbeiter und in den Regalen lägen weniger Bio-Produkte.“

 


Streischrift der ökologischen Lebensmittelhersteller lesen:

http://www.biopress.de/Mambo/index.php?option=com_content&task=view&id=4679&Itemid=105

 


 

Statt Öko-Wachstum zu generieren und die Option für eine langfristige Umstellung der Lebensmittelerzeugung auf 100 Prozent Öko zu erhalten, baut die EU-Kommission unnötige Hindernisse auf. Sie zementiert damit eine Öko-Nische, statt den Markt für Bio-Lebensmittel zu erweitern. „Zwar begrüßen wir im Grundsatz, wenn die EU die Kontrollen verbessern und klare Regeln im Sinne der Verbraucher schaffen will, die von ihr vorgeschlagene Neufassung der Bio-Verordnung ist hierzu jedoch ungeeignet. So übersieht die Kommission zum Beispiel, dass wir mehr und nicht weniger Öko-Rohwaren brauchen. Sie ignoriert auch, dass die weiter boomende Nachfrage zeigt, dass das Verbrauchervertrauen in Bio-Lebensmittel keinesfalls verloren gegangen ist“, so Dr. Alexander Beck, Geschäftsführender Vorstand der AöL.

Einer der Hauptgründe für diesen unheilvollen Umschwung durch die EU liegt in der geplanten Abkehr vom Grundsatz der Prozessqualität hin zu einem System, das sich am Endprodukt orientiert. Statt die Umwelt- und Tierwohlleistungen der Kette der biologischen Erzeugung zu betrachten, schlägt die EU vor, die Bio-Qualität an Rückstandsfunden im Endprodukt festzumachen. Sie will dafür eine Sonderregelung mit verschärften Grenzwerten für die Bio-Branche einführen. „So müssen Bio-Kunden letztendlich für - in der konventionellen Landwirtschaft ausgebrachte - Pestizide und GVO zahlen, obwohl sie diese strikt ablehnen.  Dies untergräbt das Verursacherprinzip“, so Dr. Gernot Peppler, Geschäftsführer Rack und Rüther.

Der Vorschlag zu einer Totalrevision der Bio-Verordnung basiert auf falschen Annahmen, ist gespickt mit schwerwiegenden technischen Mängeln und beinhaltet eine Reihe von unakzeptablen rechtlichen Vorschlägen. Er ist nicht geeignet das Ziel der Bio-Bewegung zu fördern und wird deshalb in der vorgelegten Form von den AöL-Mitgliedern abgelehnt. Der Europäische Rat muss die Kommission beauftragen, einen neuen Entwurf vorzulegen, der auf der bestehenden Bio-Verordnung aufbaut und dort zielgerichtet Verbesserungen vorschlägt. Weitere Informationen  finden Sie in unserem angehängten Hintergrundpapier.

Hintergrund und konkrete Beispiele

Geltungsbereich inkonsistent

Der Geltungsbereich der Öko-Verordnung ist vollkommen neu gestaltet. Dieser Versuch ist grundlegend misslungen. Durch den Vorschlag entstehen relevante Unsicherheiten, o zum Beispiel in Bezug auf verarbeitete Erzeugnisse, ob diese nach der Neuregelung überhaupt noch unter den Schutz der Verordnung fallen oder nicht. Der klare Bezug zu Lebensmitteln ist herausgenommen. Weiter entstehen substanzielle Lücken etwa in Bezug auf Saatgut und Pflanzmaterial. 

Drittstaatenregelung nicht praxisnah

Die geplante Drittstaatenregelung ist völlig inkonsistent. Danach sollen Produkte aus Ländern, mit denen die EU kein Abkommen zur gegenseitigen Anerkennung des Bio-Standards hat, die Vorgaben für EU-Waren erfüllen. Dies ist aber zum Beispiel in Ländern, in denen aufgrund des tropischen Klimas völlig andere Anbaubedingungen herrschen, weder praxisnah noch sinnvoll. Bedauerlicherweise bringen die Vorschläge der Kommission insbesondere im Bereich der Regeln für Importe keine brauchbaren Fortschritte. 

Vielfalt an Lebensmitteln aus den Zielen gestrichen

Die Kommission hat aus den Zielen der Verordnung das Ziel „Herstellung einer reichen Vielfalt an Lebensmitteln … die der Nachfrage der Verbraucher ... entsprechen, die durch Verfahren hergestellt wurden, die der Umwelt, der menschlichen Gesundheit der Pflanzengesundheit und dem Wohlbefinden der Tiere nicht abträglich sind“ ersatzlos gestrichen. Das macht deutlich, dass die Kommission einerseits nicht mehr zum Ziel hat eine breite Vielfalt von Bio-Lebensmitteln zu fördern. Andererseits macht sie auch deutlich, dass sie den Zusammenhang zwischen Verbrauchererwartungen und den Leistungen für Umwelt, Tier und Pflanze nicht mehr im Fokus hat.

Anhänge mit technischen Details nicht vorhanden

Der Rechtsvorschlag beinhaltet eine ganze Reihe von Regelungsbereichen, in denen die Konturen der Regelungen nur schemenhaft erkennbar sind, weil sie teilweise durch fast 40 Ermächtigungen für ergänzende Bestimmungen, die später erlassen werden sollen, festgelegt werden. Wichtige technische Details stehen nicht zur Beurteilung zur Verfügung. Hier werden Entscheidungen ins Ungewisse vertagt. Auf der anderen Seite fehlen im Rechtsvorschlag eine ganze Reihe wichtiger technischer Anhänge, zum Beispiel für Futtermittel oder Zusatzstoffe. Das Bild ist sehr unvollständig.

Kontrollverfahren verliert im Nebel der Doppelrevision jegliche Kontur

Es besteht Konsens darüber, dass eine Weiterentwicklung der Kontrollverfahrens und dessen Umsetzungspraxis in den Mitgliedsländern wünschenswert ist. Eines der Kernziele der Revision sollte deshalb sein, in diesem Bereich Akzente zu setzen. Faktisch ist jedoch eine vollkommen chaotische Situation entstanden. Der Vorschlag der Kommission beschränkt sich im Moment im Wesentlichen darauf, alle kontrollrelevanten Rechtselemente in die Verordnung zur Allgemeinen Lebensmittelkontrolle zu überführen. Diese Verordnung befindet sich derzeit ebenfalls in einem Revisionsprozess. Damit ist vollkommen unklar, was das Ergebnis dieser Verquickung von zwei parallel laufenden Revisionsverfahren sein wird. Der Nebel könnte nicht größer sein, und es ist keine Spur von klaren Eckpunkten für eine Weiterentwicklung des Kontrollverfahrens und dessen Implementierung in Sicht.

Streischrift der ökologischen Lebensmittelhersteller lesen:

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