Start / Ausgaben / BioPress 77 - Oktober 2013 / Bio-Fleisch hat Potenzial

ökologische Tierhaltung

Bio-Fleisch hat Potenzial

Verbraucher verlangt ökologische Tierhaltung

Der Bio-Fleischmarkt ist weniger entwickelt als der Eier- oder Milchmarkt, aber er wächst stark. Martin Bauer, Fleischhändler aus Schwäbisch-Hall rechnet auch künftig mit jährlichen Steigerungsraten von 15 bis 20 Prozent. Von der Tierwohldiskussion bei den Verbrauchern wird Bio profitieren, glaubt auch Bio-Bühler aus Rottum in Baden-Württemberg.
 

Eier sind das Bio-Produkt mit dem höchsten Marktanteil im Tierbereich. Bei dieser Diskussion geht es um glückliche Hühner, also die Haltung im Hühnerknast oder im Freiland.

„Durch die Tierschutz- und Tierwohldiskussionen wird der Bio-Bereich bei Fleisch und Wurst profitieren“, meint Geschäftsführer Horst Bühler von der gleichnamigen Bio-Metzgerei. Allerdings muss die Qualität den Anforderungen der Kunden entsprechen. „Dazu wird es wiederum notwendig sein, dass die Anbieter mit Rassen-Programmen punkten können“, führt Bühler aus.

Auch Unser Land, die Regionalinitiative aus Bayern, registriert einen zunehmend kritischeren Konsumenten. „Verbraucher hinterfragen Aspekte wie Fütterung, Tierhaltung und Verarbeitungswege. Entsprechend kaufen sie bewusster ein“, so Unser Land.

Stefan Mutter von Freiland Puten Fahrenzhausen hält ein organisches Wachstum für möglich: „Geflügel ist von Haus aus mager und trifft deshalb den aktuellen Wunsch vieler Verbraucher. Gleichzeitig muss dem Verbraucher gezeigt werden, dass Öko-Landwirtschaft nicht nur im idyllischen Kleinbauernhof betrieben werden kann.“

Weltweit steigende Nachfrage

Die Bio-Metzgerei Juffinger aus Österreich sieht eine weltweit steigende Bio-Nachfrage. Helga Juffinger führt das auf ein zunehmendes Bedürfnis nach guter und gesunder Ernährung zurück. „Der Markt ist noch lange nicht gesättigt“, meint man in Thiersee in Österreich.

mb-Vermarktung aus Schwäbisch-Hall in Baden-Württemberg beschafft Fleisch für Verarbeiter. Rind und beim Geflügel Pute und Hähnchen sind im Bio-Bereich gefragt, wie Martin Bauer mitteilt.

Bauer importiert Bio-Geflügel aus Italien, um die Nachfrage der deutschen Verarbeiter zu decken. Bei Bio-Schweinefleisch ist der Markt aktuell bei einigen Teilstücken gesättigt, wie Bauer meint. Der Schwarzwaldhof aus Blumberg beklagt dagegen, dass er nicht so viel Bio-Schweinefleisch bekommen kann, wie er zu Schinken veredelt verkaufen könnte.

Die bewährten und bekannten Produkte wie roher Bio-Schinken sind die Umsatzbringer. Juffinger bietet Lachs-, Nuss-, Rosmarin, Schinkenspeck und mehr. Der Schwarzwaldhof in Blumberg bietet biologischen Schwarzwälderschinken geschnitten und als Bedienungsware an. Der Tannenhof stellt Schwarzwälder Schinken und geräucherten Landschinken in Bio-Qualität her.

Die Bio-Metzgerei Bühler bietet ein Vollsortiment an Fleisch und Wurst. Rotfleisch, Geflügel, saisonal auch Gans und Ente, Brüh-, Koch-, Rohwurst, Schinken und Convenience im Glas produziert das Unternehmen.

Chiemgauer Naturfleisch aus Trostberg in Bayern führt ebenfalls ein Voll-Sortiment an Fleisch und Wurst. Salami geräuchert und luftgetrocknet, Schinken roh und gekocht. Convenience wie Fleischsalat und Fonds hat die Bio-Metzgerei ebenfalls im Sortiment.

Der Bio-Fleischpionier hat eine eigene Schlachtung, verarbeitet Warmbrät und verwendet kein  Nitritpökelsalz (NPS), wie Verkaufsleiterin Cordula Gschlößl erklärt. Auch Freiland Puten verzichtet bei der Wurst weitgehend auf NPS zur Umrötung. Die kff setzt bei der Marke Rhöngut ebenfalls kein NPS ein. Pökelsalz ist in der Bio-Branche im Rückzug.

Feinkostsalate mit Fleisch

Popp Feinkost in Kaltenkirchen ist einer der wenigen, die Feinkostsalate in Bio-Qualität herstellen. Zum Grundsortiment gehört hier ein Fleisch- und Geflügelsalat. Die Bio-Mayonnaise stellt Popp auf Basis von Bio-Rapsöl selbst her.

Die Fleischwerke Zimmermann in Bayern sind Bio- Lieferant für den LEH. Neben der frischen Kalbfleischleberwurst, Rostbratwurst und den Mini-Frikadellen stellt das Unternehmen auch Konserven in der Dose her, wie biologische Wiener, Gulasch- und schwäbische Maultaschensuppe mit geschützter geografischer Angabe (g.g.A.).

Die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall vertreibt im Premium-Bereich ein erfolgreiches Bio-Dosensortiment. Ein exklusives Demeter-Sortiment gibt es ebenfalls in der Dose.

Auch auf einem wachsenden Markt braucht der Handel Impulse durch neue Produkte, damit der Absatz floriert. Chiemgauer Naturfleisch hat Geflügelleberwurst mit Apfel und Cranberry neu im Sortiment.

Bio-Bühler bringt ein Wintersortiment mit verschiedenen Gulaschsorten. Die Produkte sorgen mit afrikanischen Würzungen von Voodoo Food für neue Geschmackserlebnisse. Geflügelwiener und -gelbwurst bringt Bühler ebenfalls auf den Markt. Auf dem Bio-Wurst- und Fleischmarkt geht es nicht langweilig zu.

Die Verarbeiter werden im Hintergrund durch die Gewürzlieferanten wie Frutarom mit einer Niederlassung in Korntal-Münchingen bei Stuttgart mit den deutschen Töchtern Gewürzmüller und Gewürzmühle Nesse unterstützt. Das multinationale Unternehmen liefert neben Rohgewürzen auch Starterkulturen für Salami oder Marinaden für Grillfleisch.

Da Bio-Lebensmittel umweltfreundlich sind, sollte auch die Verpackung ökologisch sein. Die Fleischwerke Zimmermann setzen hier auf Weißblech statt auf Glas bei den Konserven. Freiland Puten Fahrenzhausen verwendet beim SB-Fleisch 27 Prozent weniger Folie. Die Transportsicherheit gewährleistet der Umkarton aus FSC-zertifiziertem Recyclingmaterial.

Bio-Fleisch und -Wurst ist vom Discount bis zum Außer-Haus-Markt heute überall erhältlich. Der Handel verlangt eine möglichst lange Haltbarkeit und jederzeit sichere Lieferfähigkeit. „Nur so kann man Märkte entwickeln, aufbauen und ausbauen“, betont Stefan Mutter von Freiland Puten. Die Qualität muss konstant bleiben, wie Juffinger aus Österreich mitteilt.

Die Verarbeiter beliefern meist mehrere Vertriebskanäle. Tannenhof Schwarzwälder Fleischwaren versorgt LEH, Naturkostfachhandel, Metzgereien und Großverbraucher. Auch die Bio-Metzgerei Bühler ist auf allen Vertriebswegen vertreten.

Für den Fachhandel hat das Unternehmen die Marke Allgäu Natur entwickelt mit Fleisch ausschließlich von Naturland- oder Bioland-Betrieben. Der Edeka-eigene Schwarzwaldhof hat dagegen nur Supermärkte als Kunden.

Bio-Fleisch ein Premiumprodukt

Preislich liegt Bio-Fleisch als Premiumprodukt erheblich über dem aus konventioneller Massentierhaltung. „Unsere Zielgruppe ist der qualitätsorientierte Kunde, der Pro­dukte bewusst genießt“, sagt Mario Michel von kff in Fulda. Die Anbieter stehen vor der Schwierigkeit, dass konventionelles Fleisch ein Discount-Artikel geworden ist.

Die Bio Metzgerei Prosiegel in Berolzheim in Bayern ist dem mit ihrer Aktion Sauwohl entgegengetreten. Der Landwirt bekommt für ein Schwein statt wie üblicherweise 180 bis 200 Euro einen Festpreis von 500 Euro pro Schwein. Dafür füttert er die Schweine anstelle von sechs Monaten circa elf Monate und lässt sie von März bis November im Freien laufen.

Das hat den Vorteil, dass sich die Schweine sehr wohl fühlen, viel Platz für den Auslauf haben, an der frischen Luft sind und durch die längere Zeit ein dunkleres, festeres und besseres Fleisch haben. Sie fühlen sich also sauwohl.

Die Menschen, die dieses Projekt unterstützen, übernehmen eine Patenschaft, bezahlen elf Monate lang pro Monat zehn Euro und bekommen dann 12 bis 15 Kilo von dem Fleisch. „Die Aktion Sauwohl lässt die Wertschätzung für Tiere, Natur, Landwirt und Metzger enorm wachsen“, teilt Prosiegel mit.

Um die Produkte in den Handel zu bringen besuchen die Hersteller Messen. Die BioFach und die Bio-Regionalmessen werden hier häufig genannt, aber auch die Anuga. Verkostungen am POS sind beliebt. Die klassischen Anzeigen sind ein weiter Weg um die Produkte ins Regal und an den Endkunden zu bringen.

Anton Großkinsky

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