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Agrarpolitik

Kritik zu GAP-Vorschlägen der Kommission

Bio-Verbände fordern gemeinsame europäische Ziele und die Honorierung von Umweltleistungen

Kritik zu GAP-Vorschlägen der Kommission © stock.adobe.com/Dusan Kostic
Viel Fläche, viel Geld? Flächenbezogene Zahlungen sollen nach den Plänen der EU-Kommission in der nächsten GAP beibehalten, aber über ein degressives Konzept gerechter verteilt werden.

Am Mittwoch hat die EU-Kommission ihren Vorschlag für die nächste Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) ab 2028 sowie den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) vorgestellt. Das bisherige Zwei-Säulen-Modell soll demnach abgeschafft und das Budget für die Landwirtschaft um 20 Prozent gekürzt werden, auf 300 Milliarden Euro. Bio-Verbände kritisieren das Festhalten an Flächenzahlungen, die geplante Renationalisierung und den drohenden ‚Wettbewerb nach unten‘.

Nach den Plänen der EU-Kommission sollen in der GAP-Periode 2028 bis 2034 der Landwirtschaftsfonds (1. Säule) und der Fonds für Ländliche Entwicklung (2. Säule) zusammengelegt und in einen großen Fonds integriert werden, den ‚Nationalen und Regionalen Partnerschaftsfonds‘, für den 865 Milliarden Euro vorgesehen sind. Neben der Landwirtschaft sind die Mittel darin auch für andere Politikbereiche wie Energie, Wettbewerb und Regionalförderung gedacht.

Die GAP bleibt zwar erhalten, doch die Mitgliedstaaten sollen in Zukunft viel flexibler darüber entscheiden können, für welche Politikbereiche und Maßnahmen sie EU-Mittel einsetzen. So soll etwa die Ausgestaltung ökologischer Mindeststandards für den Erhalt von Fördermitteln künftig komplett in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen. Es sind auch keine Mindestbudgets für Instrumente zur Förderung von Umwelt-, Klima-, und Tierschutzleistungen vorgesehen.

Anerkennung des Ökolandbaus

Als positiv vermerkt der Verband Bio Austria die Verankerung der Bio-Landwirtschaft in der neuen GAP. So sollen die Leistungen der Bio-Bauern bei den zukünftigen Mindestanforderungen anerkannt werden und die Mitgliedstaaten verpflichtet sein, mit ihren nationalen Programmen die Entwicklung des Ökolandbaus zu unterstützen. „Damit es nicht bei Lippenbekenntnissen bleibt, müssen ausreichend Mittel für die Biolandwirtschaft und agrarökologische Maßnahmen reserviert werden“, betont die Bio Austria-Obfrau Barbara Riegler. Mindestens ein Drittel des GAP-Haushalts solle zweckgebunden sein und für den Schutz von Ökosystemleistungen, einschließlich des Ökolandbaus, eingesetzt werden, konkretisiert Jan Plagge, Präsident des Bio-Dachverbands IFOAM Organics Europe.

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) hebt als weiteren positiven Aspekt die geplante Förderung des Generationenwechsels lobend hervor. Eine konzeptbasierte und nicht flächengebundene Existenzgründungsprämie in allen Mitgliedstaaten habe die Kommission prominent in ihre Vorschläge aufgenommen. Gleichzeitig bezeichnet die AbL den „fehlenden Reformwillen der EU-Kommission in Bezug auf gerechtere Marktregeln“ als „dramatisch“. Die Betriebe würden so nicht in die Lage versetzt, wegbrechende öffentliche Mittel am Markt zu kompensieren.

Renationalisierung heißt Wettbewerb nach unten

Insgesamt überwiegt bei den Agrar- und Bio-Verbänden deutlich die Kritik. „Wo bleibt das Gemeinsame in der Gemeinsamen Agrarpolitik?“, fragt Jörg Hütter, politischer Sprecher des Anbauverbands Demeter. „Wir begrüßen es, wenn unnötige Bürokratie abgebaut wird und die Mitgliedstaaten mehr Gestaltungsspielraum erhalten. Aber diese neue Flexibilität darf nicht auf Kosten gemeinsamer europäischer Ziele gehen.“

Als Folge der Renationalisierung befürchten die Verbände einen Wettbewerb unter den Mitgliedstaaten um die geringsten Umweltleistungen und das geringste soziale Ambitionsniveau. Das gefährde wiederum die europäische Ernährungssouveränität, mahnt IFOAM Organics Europe. „Europas Bürgerinnen und Bürger sollen künftig für eine Ernährungspolitik zahlen, die zu weniger statt mehr Ernährungssicherheit führt“, kritisiert auch Tina Andres, Vorstandsvorsitzende des Bunds Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW). Es brauche stattdessen eine starke GAP mit verpflichtenden europäischen Zielen, fordert Bio Austria.

Flächenzahlungen, die in der neuen GAP in einem degressiven Modell bestehen bleiben sollen, halten die Bio-Verbände für nicht zukunftsfähig. „Eine reine Förderung von Flächenbesitz können wir uns künftig nicht mehr leisten“, betont die Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern (LVÖ), auch mit Blick auf das gekürzte Budget. „Jeder Euro, der in die Landwirtschaft fließt, muss einen eindeutigen Beitrag zur Sicherung unserer Lebensgrundlagen leisten.“ Es liege nun an den Nationalstaaten, eine Abkehr von der Flächenförderung zu vollziehen. „Die zukünftige Agrarpolitik muss von Anfang an so ausgerichtet werden, dass der nachhaltigere Weg auch als der einfachere und ökonomisch attraktivere gestaltet wird“, fordert Bio Austria-Obfrau Riegler.

„Implosion der Nachhaltigkeitsarchitektur“

Auch aus der deutschen Politik gab es Kritik für die Kommissionspläne. Als „gefährliche Zäsur“ betrachtet der Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer den Vorschlag, das Zwei-Säulen-Modell abzuschaffen. „Eine GAP ohne ländliche Entwicklung ist wie ein Haus, dem man eine tragende Säule nimmt: Das ganze Gebäude kommt ins Wanken.“ Für viele Regionen sei die GAP Heimatgarantie.

Noch drastischere Worte findet Ophelia Nick, Grünen-Sprecherin für Landwirtschaftspolitik. „Die EU-Kommission verabschiedet sich krachend von ihren Zielen, indem sie die Verantwortung für Biodiversität, Klima- und Tierschutz an die Mitgliedsstaaten abgibt“, kommentiert sie. Der Vorschlag für die GAP ab 2028 sei ein „Schreckensszenario“ und eine „regelrechte Implosion der aktuellen Nachhaltigkeitsarchitektur. Ohne Vorgaben für ökologische Mindestanforderungen werden die Gemeinwohlleistungen zwischen den Mitgliedsstaaten zerrieben. Planungssicherheit und ein Angleichen der Wettbewerbsbedingungen werden so nicht hergestellt.“

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