Agrarwende
Strategiedialog Landwirtschaft in Baden-Württemberg ist abgeschlossen
Bio-Verbände, Handel und Politik einigen sich auf Selbstverpflichtungen

Am Montag hat die Landesregierung von Baden-Württemberg mit rund 50 beteiligten Akteuren einen Gesellschaftsvertrag für die Zukunft der Landwirtschaft unterzeichnet. Seit September 2022 waren Vertreter aus Landwirtschaft, Naturschutz, Verarbeitung, Handel und Zivilgesellschaft im ‚Strategiedialog Landwirtschaft‘ versammelt, der mit der gemeinsamen Vereinbarung abgeschlossen wurde. Zum Ergebnis gehört die stärkere Förderung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft sowie von Leistungen in Umwelt- und Artenschutz.
„Wir haben einen breit getragenen Konsens geschaffen, der alle relevanten Akteure einbindet und Naturschutz und Landwirtschaft zusammenbringt“, verkündete den baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann. „Der Gesellschaftsvertrag zeigt, dass wir gemeinsam Verantwortung für die Zukunft unserer Landwirtschaft übernehmen wollen.“
In der Vereinbarung sind Handlungsempfehlungen und Selbstverpflichtungen der Unterzeichner in fünf Bereichen aufgelistet:
- Regionale und qualitativ hochwertige Lebensmittel fördern
- Wandel der Landwirtschaft muss sich rechnen
- Mehr Transparenz für Verbraucher schaffen
- Regionale Außer-Haus-Verpflegung weiter ausbauen
- Landwirtschaft und Artenvielfalt noch stärker in der Bildung verankern
Die beteiligten Lebensmittelhändler verpflichten sich, die Wertschöpfungsketten in Baden-Württemberg zu stärken und das Angebot an (bio-)regionalen Produkten (mit Qualitätszeichen und Biozeichen Baden-Württemberg) zu verbessern, sie sichtbar zu platzieren und durch Imagekampagnen zu bewerben. Es wird angestrebt, mit privatwirtschaftlichen Rahmenverträgen mehr Verlässlichkeit und Verbindlichkeit in regionalen Wertschöpfungsketten zu erreichen.
Die Landesregierung Baden-Württemberg verpflichtet sich, bürokratische Hürden abzubauen. Kleinteilige landwirtschaftliche Strukturen sollen stärker gefördert und gemeinwohlorientierte Leistungen wie Umwelt- und Artenschutz gezielt belohnt werden. Das Land soll außerdem eine groß angelegte Image- und Informationskampagne anstoßen, um das Bewusstsein der Verbraucher für regionale Landwirtschaft, Biodiversität und Nachhaltigkeit zu stärken.
Die Bio-Anbauverbände verpflichten sich, Aufklärungsarbeit für Verbraucher zu leisten und ihre Mitgliedsbetriebe zu biodiversitätsfördernden Maßnahmen anzuhalten. Zusammen mit Erzeuger- und Herstellerberatung wollen sie ihre Mitglieder dabei unterstützen, bio-regionale Sortimente weiter auszubauen.
In Kantinen, Mensen und Restaurants sollen vermehrt bio-regionale Produkte Eingang in die Speisepläne finden. Die Landesregierung schreibt in den eigenen Kantinen bereits den Einsatz von 75 Prozent regionalen und 40 Prozent bio-regionalen Lebensmitteln bis 2030 vor.
Nach Wunsch der Unterzeichner sollen der Wert der Landwirtschaft und die Notwendigkeit des Umweltschutzes schon ab dem Kindergarten vermittelt werden. Akteure der gesamten Wertschöpfungskette wollen sich dafür finanziell engagieren. Die Landesregierung will einen Runden Tisch einrichten, um das Thema Landwirtschaft und Artenvielfalt in der Bildung ressortübergreifend zu bündeln. Und die Bio-Verbände wollen mit ihrem Beratungsangebot die Weiterbildung von Landwirten weiter unterstützen.
Für die Umsetzung der im Strategiedialog vereinbarten Maßnahmen hat die Landesregierung im Doppelhaushalt 2025/26 und den Folgejahren zusätzliche Mittel in Höhe von 143 Millionen Euro vorgesehen. In einer jährlichen Veranstaltung will sie den Fortschritt der Roadmap überprüfen.
Beteiligt am Strategiedialog waren Landwirtschaftsvertreter wie der Landesbauernverband, die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), die Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau und die Bio-Anbauverbände Bioland, Demeter, Ecoland, Ecovin und Naturland; Verarbeiter wie die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall und Schwarzwaldmilch; die Bio-Großhändler Bodan, Epos und Rinklin Naturkost sowie der regionale Großhändler Okle; die Handelsunternehmen Aldi Süd, Edeka Südwest, Rewe, Kaufland und Lidl; Umweltschützer vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), dem Naturschutzbund Deutschland (NABU) und Fridays for Future; Ernährungsräte der Region und Kirchenvertreter.
Die Akteure zeigen sich mit dem Ergebnis der Arbeitsgruppen zufrieden. „Miteinander statt übereinander zu reden hat uns ein Stück weit vorangebracht, um unser Ernährungssystem nachhaltiger und biodiversitätsfreundlicher aufzustellen“, meint etwa der NABU-Landesvorsitzende Johannes Enssle. „Jetzt erwarten wir von allen Beteiligten, die vielen sinnvollen Anstöße zügig umzusetzen. Es muss sich für Landwirtinnen und Landwirte lohnen, im Einklang mit Klima-, Gewässer- und Artenschutz zu wirtschaften – und zugleich muss die Politik auf EU-, Bundes- und Landesebene schädliche Subventionen endlich streichen.“
Die ‚Gemeinsame Vereinbarung‘ des Strategiedialogs Landwirtschaft finden Sie hier.
Der ausführliche Ergebnisbericht des Dialogs kann hier nachgelesen werden.