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Agrarflächen in Ostdeutschland werden dauerhaft verpachtet

Bund und Länder unterzeichnen ‚Flächenmanagementgrundsätze 2024‘

Am vergangenen Donnerstag haben die Bundesministerien für Landwirtschaft und Finanzen sowie die Landwirtschaftsministerien der fünf ostdeutschen Bundesländer einstimmig die neuen Flächenmanagementgrundsätze 2024 beschlossen. Die Flächen der Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft (BVVG) sollen damit dauerhaft nicht mehr privatisiert, sondern nur noch verpachtet werden: nach nachhaltigen und agrarstrukturellen Kriterien. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) begrüßt den Beschluss.

Die BVVG, Nachfolgegesellschaft der Treuhand, untersteht dem Bundesfinanzministerium und verwaltet das ehemalige Staatseigentum der DDR – ursprünglich waren das rund 1,1 Millionen Hektar Landwirtschaftsflächen. In der Vergangenheit wurden diese Flächen vor allem vergünstigt an Bestandspächter verkauft, später vorzugsweise an die Meistbietenden. Diese Vergabepraxis führte zu stark steigenden Bodenpreisen und enormen Flächenkonzentrationen in den neuen Bundesländern – häufig in den Händen von Großbetrieben sowie außerlandwirtschaftlichen und überregionalen Investoren. Heute befinden sich nur noch knapp 90.000 Hektar Agrarland in der Verwaltung der BVVG. „Die Chance des gesellschaftlichen Gestaltungsspielraums für Landwirtschaft und ländlichen Raum wurde hier historisch zu einem großen Teil verspielt“, kommentiert die AbL.

Die Ampel-Regierung hat in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, die weitere Privatisierung der BVVG-Flächen zu stoppen und sie stattdessen an „ökologische und nachhaltige Betriebe zu verpachten“. Das Landwirtschaftsministerium hat den entsprechenden Entschluss bereits im Mai 2022 kommuniziert, er wurde aber anschließend von Bundesfinanzminister Christian Lindner in Frage gestellt. Eine Petition gegen diese Blockade konnte über 150.000 Unterschriften sammeln. Im November 2022 einigten sich Landwirtschafts- und Finanzministerium schließlich, den Koalitionsvertrag einzuhalten und entsprechende Managementgrundsätze zu erarbeiten.

Die neuen ‚Flächenmanagementgrundsätze 2023‘ wurden im vergangenen Pachtjahr im Rahmen eines Pilotprojekts des Bundes erprobt und haben sich nach Aussage des BMEL „weitgehend bewährt“. Sie wurden nun noch einmal angepasst und sind in der neuen Version seit dem 12. April 2024 gültig.

In den Grundsätzen ist unter anderem geregelt, dass von den restlichen 89.000 Hektar Land etwa 25.500 als Naturschutzflächen ins Nationale Naturerbe übergehen sollen. Bis Ende 2024 können noch maximal 2.000 Hektar privatisiert werden; die restliche Fläche wird nach Gemeinwohlkriterien vergeben.

Besonders berücksichtigt werden Existenzgründer – sie erhalten im neuen Punkteverfahren zehn Punkte. Junglandwirte werden mit vier, lokale und biologisch wirtschaftende Betriebe mit drei Punkten bedacht. Zusätzlich gibt es jeweils zwei Punkte für verschiedene Umweltmaßnahmen: zum Beispiel Fruchtfolgenvielfalt, Blühstreifen, Sortenerhalt bedrohter Nutzpflanzen oder extensive Nutzung des Dauergrünlandes.

„Der Ausverkauf kostbarer Ackerflächen hat endgültig ein Ende“, kommentierte Agrarminister Cem Özdemir. „Wer zur Biodiversität beiträgt, das Klima schützt oder Tiere besser hält, profitiert bei der Vergabe von Flächen.“ So werde eine nachhaltige und zukunftsfeste Landwirtschaft gefördert.

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