Agrarpolitik
EU-Parlament lässt Pestizid-Verordnung platzen
„Der Green Deal ist tot“, kommentiert das Pestizid Aktions-Netzwerk

Das Europäische Parlament hat heute über die Verordnung zur nachhaltigen Nutzung von Pestiziden (SUR) abgestimmt. Mit 299 Gegenstimmen, 207 Ja-Stimmen und 121 Enthaltungen wurde der Gesetzesentwurf, der eine Pestizidreduktion um 50 Prozent bis 2030 vorgesehen hätte, abgelehnt. Die SUR war eine der Kernkomponenten des Green Deals, mit dem die EU-Kommission Klimaneutralität bis 2050 erreichen will.
„Dies ist ein schwarzer Tag für die Umwelt, die Gesellschaft und die Landwirte in Europa“, sagte die österreichische Grünen-Abgeordnete Sarah Wiener, die den überarbeiteten Kommissionsentwurf als Berichterstatterin im Umweltausschuss des Parlaments dem Plenum vorgelegt hatte. Auch der Bio-Dachverband IFOAM Organics Europe bedauert das „Versagen des Europäischen Parlaments“ und erachtet die heutige Verwässerung und Ablehnung der geplanten Verordnung als „beschämend“.
Der SUR-Vorschlag enthielt Maßnahmen zur Verringerung des Pestizideinsatzes um 50 Prozent bis 2030, verbindliche Regeln für die Umsetzung des integrierten Pflanzenschutzes und strenge Einschränkungsmaßnahmen zum Schutz empfindlicher Gebiete. Der Einsatz besonders gefährlicher Pestizide sollte sogar um 65 Prozent reduziert werden.
Im Vorfeld der heutigen Abstimmung waren viele Kernpunkte des Entwurfs von der Europäischen Volkspartei und anderen rechten Fraktionen so verwässert worden, dass am Ende auch linke Fraktionen gegen das Gesetz stimmten.
Nach der Ablehnung beantragte Sarah Wiener kurzfristig, dass der Entwurf zur Überarbeitung an den Umweltausschuss zurückgeschickt wird. Aber auch dieser Antrag wurde von den Abgeordneten mit 324 zu 292 Stimmen abgelehnt.
„Es ist offensichtlich, dass die Agrarlobby die Kontrolle über unser Haus der Demokratie übernommen hat“, kommentiert Martin Dermine, Geschäftsführer des Pestizid Aktions-Netzwerks PAN Europe, das Ergebnis. Die Pestizid-Reduzierung sei von Tausenden von Wissenschaftlern und Millionen von EU-Bürgern gefordert worden.
Den konservativen und liberalen Parteien – unterstützt von langen Desinformations- und Lobbykampagnen der Agrarindustrie und des Bauerndachverbands COPA Cogeca – sei es gelungen, die langjährige Arbeit an einem für die EU-Bürger, die Ökosysteme und die langfristige Ernährungssicherheit wichtigen Rechtsakt zunichte zu machen.