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Aurelia Stiftung lässt Glyphosat-Zulassung gerichtlich prüfen

Juristisches Neuland im Kampf gegen Pestizide

Im Januar 2023 hat die Aurelia Stiftung das Recht eingefordert, ein Überprüfungsverfahren gegen die Glyphosat-Zulassungsverlängerung der EU-Kommission einzuleiten. Dies wurde nun von der Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides anerkannt. Bislang konnten Umweltverbände die Genehmigungen für Pestizid-Wirkstoffe nicht von den Europäischen Gerichten überprüfen lassen. Die maßgebliche EU-Verordnung 1367/2006 wurde erst 2021 an die völkerrechtlich verbindliche Aarhus-Konvention angepasst. Die Aurelia Stiftung hatte sich gemeinsam mit anderen Verbänden für dieses jetzt geschaffene Klagerecht der Verbände eingesetzt.

„Die Aurelia Stiftung wird nun gegen die Zulassungsverlängerung beim Europäischen Gericht klagen, weil Glyphosat nicht nur eine Vielzahl von Beikräutern abtötet, sondern auch Bienen, bestäubende Insekten und Amphibien schädigt“, erklärt Thomas Radetzki, Vorstand der Aurelia Stiftung. „Mit diesem Verfahren betreten wir juristisches Neuland, um die für uns alle bedrohliche Zerstörung der Artenvielfalt durch Ackergifte aufzuhalten.“

Die Glyphosat-Genehmigung ist Ende 2022 ausgelaufen. Die behördliche Risikoprüfung für die Erneuerung der Genehmigung konnte noch nicht abgeschlossen werden. Ausnahmsweise darf die Kommission eine eigentlich erloschene Genehmigung vorläufig verlängern, bis das laufende Verfahren abgeschlossen werden kann. Voraussetzung ist allerdings, dass der Antragsteller – hier das Konsortium der Glyphosat-Hersteller – für die Verzögerung nicht verantwortlich ist.

Nach Auffassung von Rechtsanwalt Achim Willand (Kanzlei [GGSC], Berlin), der die Aurelia Stiftung in dem Verfahren vertritt, verstößt die Praxis der EU-Kommission, ausgelaufene Wirkstoff-Genehmigungen während der Verfahren für eine Anschlussgenehmigung großzügig zu verlängern, gegen das maßgebliche EU-Recht: „Die Argumentation der EU-Kommission im Glyphosat-Verfahren läuft darauf hinaus, dass Alt-Genehmigungen jahrelang verlängert werden können, obwohl Risiken noch nicht hinreichend bewertet werden konnten. Dies widerspricht dem elementaren Prinzip des EU-Pflanzenschutzrechts, dass nur nachweislich für Gesundheit und Umwelt unschädliche Pestizide verwendet werden dürfen.“

Hauptgrund für die Verzögerung in der seit über drei Jahren laufenden Risikobewertung für Glyphosat sind erhebliche Datenlücken und offene methodische Fragen. So konnten beispielsweise die Auswirkungen von Glyphosat auf Wasserorganismen, Rückstände in Produkten sowie Risiken für Bienen aufgrund von Datenlücken nicht abschließend bewertet werden. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bestätigt diese weiterhin bestehenden Lücken der Risikobewertung in ihrer öffentlichen Erklärung vom 6. Juli 2023.

Willand: „Es ist inakzeptabel, dass die Kommission trotz möglicher Risiken für Umwelt und Gesundheit die Ausnahmeregelung nutzt, um solche nicht auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft vollständig geprüften Pestizide jahrelang weiter im Verkehr zu halten. Die von der Aurelia Stiftung jetzt angekündigte Überprüfung vor dem EU-Gericht ist notwendig.“

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