Agrarwende
Agrarsystem im Umbruch
Agrarbündnis präsentiert Kritischen Agrarbericht 2023
Im Rahmen der Internationalen Grünen Woche hat das AgrarBündnis am 19. Januar den 31. Kritischen Agrarbericht vorgestellt. Der Bericht dokumentiert die aktuelle Debatte um die Landwirtschaft in Deutschland vor dem Hintergrund der europäischen und weltweiten Agrarpolitik. Er formuliert Kritik, benennt aber auch Ideen, wie es anders gehen könnte. Ein Schwerpunkt liegt dieses Mal auf dem Thema ‚Landwirtschaft & Ernährung für eine Welt im Umbruch‘.
Frieder Thomas, Geschäftsführer des Bündnisses, machte deutlich, dass die vielen aktuellen Krisen die Verletzlichkeit des derzeitigen Agrarsystems klar vor Augen führen: „Klima, Corona, Krieg, Welthunger, Artensterben: Die Landwirtschaft und das gesamte Ernährungssystem müssen nicht nur nachhaltiger werden, sondern auch resilienter, krisenfester.“ Statt agrarindustrieller Methoden mit ihren ökologischen Kollateralschäden brauche es neue Strukturen – dezentral, regional und vielfältig – aber auch das Wissen um nachhaltige Produktionsmethoden. Beides müsse politisch unterstützt werden.
Phillip Brändle, Referent für Agrarpolitik der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), ging auf die Europäische Agrarpolitik ein. Am 1. Januar habe nicht nur das neue Jahr, sondern auch eine neue Förderperiode der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) begonnen. Die Gestaltungsmacht der GAP sei enorm. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir habe seine Möglichkeiten, die Versäumnisse seiner Vorgängerin zu korrigieren und die GAP gerechter und ökologischer zu machen, jedoch bisher nicht genutzt. Er müsse jetzt schnellstmöglich einen praxistauglichen Fahrplan vorlegen, wie die Bundesregierung aus den pauschalen Flächenprämien aussteigen wird. Spätestens ab 2027 müsse die GAP vollständig auf ein System zur Honorierung von Umwelt- und Tierwohlleistungen umgestellt werden. Eine Weideprämie für Milchkühe solle zudem die bisher stark benachteiligten Grünlandbetriebe stärken.
Für Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, hat der Ukrainekrieg wie im Brennglas die Herausforderungen deutlich gemacht. Für die Transformation der landwirtschaftlichen Tierhaltung – weniger Tiere unter besseren Bedingungen – forderte er deutlich mehr Tempo. Im Ordnungsrecht müssten die Vorgaben angehoben oder konkretisiert werden. Im Rahmen einer Nutztierstrategie solle die Politik Anreize und eine gesicherte Finanzierung für die Landwirte sicherstellen.
Antje Kölling, politische Sprecherin bei Demeter, betonte die Bedeutung des Ökolandbaus gerade in Zeiten der vielfältigen Krisen: Durch geringere Abhängigkeit von externen Betriebsmitteln sowie die Schaffung besserer Bedingungen für die Artenvielfalt trage er zu Resilienz und Nachhaltigkeit des Ernährungssystems bei. „Damit die Ernährungsstrategie ein Erfolg wird, müssen Bund, Länder und Kommunen entschiedene Schritte folgen lassen, um frisches und gesünderes Essen in Kantinen verfügbar zu machen und den Bio-Anteil dort auf 50% zu bringen!“ In den letzten Jahren habe sich gezeigt, dass viele Menschen gerne Bio kaufen, wenn es verfügbar und bezahlbar ist.
Die Autoren haben für die zehn Themenschwerpunkte, die regelmäßig im Kritischen Agrarbericht behandelt werden, jeweils fünf zentrale politische Forderungen zusammengestellt. Diese 10 x 5 Kernforderungen richten sich vor allem an die Bundesregierung, aber auch an andere politische Entscheidungsträger sowie Akteure der Zivilgesellschaft.