Agrarpolitik
Pestizidreduktion auf dem Prüfstand
EU-Agrarminister blockieren Gesetzesentwurf der Kommission

Die Pläne der EU, den Einsatz von Pestiziden um die Hälfte zu reduzieren, könnten am kommenden Samstag, den 10. Dezember, von den Landwirtschaftsministern durchkreuzt werden. In einer Pressekonferenz haben heute Wissenschaftler, Bauernvertreter und Akteure der Zivilgesellschaft die EU-Regierungen dazu aufgefordert, den Legislativvorschlag SUR (‚Sustainable Use of Plant Protection Products Regulation‘) zügig und konstruktiv zu verhandeln.
Im Juni wurde der Vorschlag für die ersten rechtlich verbindlichen Pestizideinschränkungen von der Europäischen Kommission vorgelegt. Nach dem Gesetzesentwurf soll der Einsatz von Pestiziden bis 2030 um 50 Prozent reduziert werden. Nun wird jedoch befürchtet, dass die Agrarminister den Vorschlag der Kommission ablehnen könnten.
Am 26. September hat im EU-Agrarministerrat eine Gruppe von zehn Mitgliedsstaaten, nämlich Österreich, Bulgarien, Estland, Ungarn, Lettland, Malta, Polen, Rumänien, Slowakei und Slowenien, in einem gemeinsamen Non-Paper eine ‚ergänzende Folgenabschätzung‘ (‚impact assessment‘) zum Gesetzesvorschlag der EU-Pestizidreduktion gefordert. Seitdem ist der Kreis der Blockierer beträchtlich gewachsen.
Einem nicht-öffentlichen Protokoll zufolge, das der österreichischen Umweltschutzorganisation Global 2000 vorliegt, ist die Zahl der Mitgliedstaaten, die die Forderung nach einer weiteren Folgenabschätzung unterstützen, inzwischen auf 17 gestiegen. Neu hinzugekommen sind Italien, Litauen, Finnland, Portugal, Luxemburg, Irland und Griechenland. Eine Minderheit der Mitgliedstaaten: Belgien, Deutschland, Frankreich, Kroatien, Spanien, Schweden und Zypern, lehnt eine weitere Folgenabschätzung klar ab.
Bereits am kommenden Samstag sollen die Ministervertreter in Brüssel eine endgültige Abstimmung über den Plan, eine zusätzliche Folgenabschätzung zu fordern, abhalten. Um die Abstimmung zu gewinnen, ist eine qualifizierte Mehrheit erforderlich. Eine Verzögerung würde implizieren, dass das geplante Gesetz möglicherweise nicht vor den nächsten Europawahlen verabschiedet werden kann, was sein Aus bedeuten könnte.
„Einige Agrarminister:innen – leider auch der von Österreich – scheinen auf das Prinzip 'Paralyse durch Analyse' zu setzen, um die Pestizidreduktionspläne der EU-Kommission zu Fall zu bringen”, warnt Helmut Burtscher-Schaden, Mit-Initiator der Europäischen Bürgerinitiative ‚Bienen und Bauern retten‘ und Biochemiker von Global 2000. Der Erkenntnisgewinn der geforderten Folgenabschätzung sei äußerst fraglich.
„Die Verringerung des Einsatzes synthetischer Pestizide und die Erhöhung der landwirtschaftlichen Vielfalt sind unerlässlich, um die natürlichen Ressourcen zu schützen, auf die wir für die Erzeugung unserer Lebensmittel angewiesen sind“, sagte Jan Plagge, Präsident von IFOAM Organics Europe. Alle Mitgliedstaaten seien daher aufgefordert, weiterhin konstruktiv am SUR zu arbeiten.