Belgien
Schlemmen auf Belgisch
Flandern liefert Bio-Spezialitäten für Genießer

Schokolade, Bier und Spekulatius – mit seinen traditionellen Genuss-Lebensmitteln muss sich Belgien nicht verstecken. Die meisten Hersteller sind im nördlichen Flandern angesiedelt. Hier entstehen Heidelbeersaft und Gewürzkuchen, aber auch Neuheiten wie Kokosnussaufstrich und Lupinen-Burger in Bio-Qualität. Der wachsende Bio-Markt ermöglicht jetzt den Export in die Nachbarländer – zum Beispiel nach Deutschland.
Der Bio-Boom der letzten Jahre macht sich auch in der Region Flandern bemerkbar. Jedes Jahr nimmt der Konsum laut dem BioForum, dem Dachverband des flämischen Biosektors, um zehn bis 20 Prozent zu. 229 Millionen Euro haben die rund 6,6 Millionen Flamen im Jahr 2020 für frische Bio-Lebensmittel ausgegeben – das ist doppelt so viel wie noch vor zehn Jahren. Die beliebtesten Bio-Produkte sind Kartoffeln, Obst und Gemüse.
Bio-Kunden besorgen sich ihre Einkäufe hauptsächlich im konventionellen Supermarkt (Marktanteil 38 Prozent), etwa beim großen Einzelhändler Colruyt, der mit Bio-Planet auch eine eigene Bio-Kette etabliert hat. „Colruyt arbeitet sehr effizient und bietet niedrige Preise – aber er bezahlt auch die Landwirte gut und bietet langfristige Verträge“, erklärt Paul Verbeke, Food Chain Manager beim BioForum. Viel Bio werde von Aldi und Lidl verkauft, aber auch der Fachhandel (inklusive Bäckereien und Metzgereien) sei mit einem Marktanteil von 34 Prozent gefragt.
Die Landwirtschaft hat sich der Nachfrage bereits angepasst: Seit 2006 ist die biologische Anbaufläche um 180 Prozent auf 9.124 Hektar angewachsen. Damit macht die Bio-Fläche derzeit 1,5 Prozent der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche in Flandern aus. Bewirtschaftet wird sie hauptsächlich von kleinen Betrieben: 49 Prozent der flämischen Bio-Landwirte besitzen eine Fläche von maximal fünf Hektar und nur zwei Prozent bestellen mehr als 100 Hektar.
Mit Blick auf die produzierten Produkte ist der Gemüseanbau mit 28 Prozent vorherrschend, gefolgt vom Ackerbau mit 18 Prozent, der Tierproduktion mit 17 Prozent und dem Obstanbau mit 14 Prozent. Eine Besonderheit sei in Flandern die Ziegenhaltung, die in der Wallonie weniger betrieben werde. „Der Markt für Ziegenmilch wächst schnell“, bemerkt Verbeke. Knapp jeder fünfte Bio-Bauer übt neben dem Landbau auch noch eine weitere Tätigkeit aus, wie die Verarbeitung oder den Verkauf von Bio-Produkten.
Spezialisten und Nischenplayer
Die Zahl der biologischen Handels-, Verkaufs- und Herstellungsbetriebe ist seit 2016 um 46 Prozent gewachsen und umfasst jetzt 1.325 Unternehmen. 890 davon sind als biologische Hersteller zertifiziert, wobei nur 17 Prozent dieser Hersteller rein biologisch arbeiten. Ein großer Teil der flämischen Bio-Verarbeiter kann in der Produktkategorie ‚Sonstiges‘ angesiedelt werden: 42 Prozent stellen Schokolade oder Zucker, Diätlebensmittel, Fertiggerichte oder Saucen her. Danach kommen mit 17 Prozent der Bereich Kartoffeln, Obst und Gemüse inklusive Säfte und mit 14 Prozent die Teig- und Backwaren.
„Die Bio-Fläche in der Wallonie ist zehn Mal so groß wie die in Flandern“, gesteht Verbeke. In den wallonischen Ardennen werde seit jeher mehr extensive Landwirtschaft betrieben, während im flachen Flandern der industrielle Landbau überwiege. „Dafür haben wir viel mehr Verarbeiter“, fügt er hinzu. Insgesamt ist die Ernährungsindustrie der größte industrielle Arbeitgeber in Flandern. Bereits 57 der Bio-Hersteller exportieren ihre Produkte laut dem Verband Fevia auch nach Deutschland, das mit den Niederlanden und Frankreich zu den wichtigsten Exportländern gehört. „Wir haben hier viele Nischenplayer und Spezialisten“, meint Steven Vavedin vom Spekulatius-Produzenten Vermeiren. Gerade das macht flämische Bio-Produkte auch für deutsche Kunden interessant. Von traditionellen Spezialitäten bis zu innovativen Trend-Lebensmitteln gibt es viel zu entdecken.
Lena Renner
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