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Quinoa-Haferdrink – made in Belgium

Das Unternehmen ‚Land, Farm & Men‘ bietet bio-regionale Körnerprodukte ‚für Neugierige‘

Quinoa-Haferdrink – made in Belgium © Jean-Pierre Gabriel

Kichererbsen, Buchweizen und Quinoa: Der wallonische Bio-Hersteller ‚Land, Farm & Men‘ hat sich ganz dem Anbau ungewöhnlicher Kulturen verschrieben. Die Idee: Feldfrüchte vor Ort und für die menschliche Ernährung anstatt für Tierfutter produzieren und die wirtschaftliche Grundlage der Erzeuger verbessern – mit Hilfe von Wertschöpfung in einer Hand. Unter der Marke ‚Graines de Curieux‘ hat das junge Unternehmen bereits 25 Bio-Körnerprodukte für Endverbraucher etabliert und will damit weiter expandieren: in belgische Supermärkte und auch in den deutschen LEH.

Zum Unternehmen gehörten quasi drei Abteilungen, berichtet die Gründerin und Geschäftsführerin Isabelle Coupienne: die Landwirte, die für die Erzeugung verantwortlich sind; die Verarbeitung; sowie Logistik und Vertrieb.

Vor gut zehn Jahren ist ‚Land, Farm & Men‘ (LFM) mit dem Pseudogetreide Quinoa als erste Anbaukultur gestartet, zunächst nur mit zwei Landwirten als Partner und zwölf Hektar Fläche. „Damals war Quinoa in Nordeuropa noch nicht etabliert“, erklärt Coupienne. Der Versuch war jedoch sofort ein Erfolg: „Sobald der Bio-Handel mitbekam, dass es Quinoa aus Belgien gibt, wurde die ganze Ernte abgenommen.“

Im folgenden Jahr schlug LFM den Landwirten weitere Kulturen vor: Linsen, Hafer, Buchweizen, Kichererbsen oder Einkorn. „Alle sind ein bisschen innovativ in Belgien“, so Coupienne. 15 verschiedene Feldfrüchte, deren Anbau zuvor wenig geläufig war, verarbeitet das Unternehmen heute.

Am Anfang sei es nicht leicht gewesen, Landwirte für den Anbau neuer Kulturen zu begeistern. Inzwischen seien sie selbst interessiert an der Diversifizierung der Feldfrüchte. „Sie sehen, dass es läuft, und haben Vertrauen“, erklärt Coupienne. 

Ein paar Kulturen wie Kichererbsen würden von manchen nach wie vor als zu riskant betrachtet. „Wir haben hier ja keine Temperaturen wie in Italien“, räumt Coupienne ein. Nicht jede Lage ist für die wärmeliebende Pflanze geeignet, durch den Klimawandel sei der Anbau mittlerweile aber auch in Belgien möglich. 

Um das Unkrautwachstum natürlich zu begrenzen und eine verbesserte Resistenz gegen Krankheiten und Schädlinge sowie eine höhere Produktivität zu erreichen, propagiert ‚Land, Farm & Men‘ Mischkulturen. Kombiniert werden von den Erzeugern etwa Linsen mit Hafer oder Leindotter mit Dinkel. Durch die Integration von Leguminosen in den Ackerbau sowie Zwischenfrüchte soll der Stickstoffkreislauf verbessert werden, die Diversifizierung der Kulturen sorge für gesündere, widerstandsfähigere Böden. „Und gesunder Boden führt auch zu nährstoffreichen Lebensmitteln!“, weiß Coupienne. 

Wert schöpfen durch Verarbeitung

Heute sind 50 Bio-Landwirte als Lieferanten mit dabei, verteilt über die ganze Wallonie plus einer Handvoll in Brüssel und Flandern. Neben dem agrarökologischen Anbau besteht das Ziel des Unternehmens in einem auskömmlichen Einkommen für die Erzeuger. Die Rohstoffe in großen Mengen von den Landwirten zu bekommen, sei nicht so schwierig, wie sie anschließend gewinnbringend zu verkaufen, so Coupienne. Indem aus einem Rohstoff viele verschiedene Sub-Produkte hergestellt werden, sodass im Markt ein breites Portfolio angeboten werden kann, will LFM die Wertschöpfung steigern.

Haferflocken waren das erste Produkt unter der Marke ‚Graines de Curieux‘, übersetzt etwa ‚Körner der Neugierigen‘. Daneben gibt es heute nicht nur pure Linsen, verschiedene Körner-Artikel und Mehle, sondern auch weiterverarbeitete Produkte wie Shortbread aus Dinkel, Sesam-Cracker, Raps- und Leindotteröl, Hummus aus Kichererbsen oder einen Pflanzendrink aus Quinoa und Hafer. Letzterer ist laut Coupienne der Verkaufsschlager des Unternehmens. Allgemein nehme mit der Verarbeitung auch die Wertschöpfung zu, von den Flocken über Mehl bis hin zum Pflanzendrink. Insgesamt gehören inzwischen rund 25 Produkte zum Portfolio. 

Gesicherte Qualität in der eigenen Produktion

2020 hat das Unternehmen in Maschinen investiert und eine eigene Produktionsanlage in der Nähe vom Firmensitz bei Namur gebaut. „Vorher wurde die Verarbeitung ganz von Kooperationspartnern übernommen“, berichtet Coupienne. Nun reihen sich hier Silos, Sortieranlagen und jede Menge große Getreidesäcke.  

Nach der Anlieferung werden die nach der Ernte feuchten Saaten in Steinsilos getrocknet, bei niedrigen Temperaturen von unter 40 Grad. „So behalten die Körner ihre Keimfähigkeit und ihren Nährwert“, erklärt Coupienne. 

In einem ersten Sortierer wird das Getreide mit verschiedenen Siebgrößen von unerwünschten Bestandteilen getrennt. Eine weitere Maschine sortiert die Körner nach ihrer Form und entfernt zu runde oder zu lange Fremdkörner. Linsen werden via Zentrifugalkraft in einem Steinausleser von kleinen Steinen getrennt. In einem Trenntisch erfolgt die Sortierung nach unterschiedlichem Gewicht. Zu guter Letzt perfektioniert ein optischer Sortierer die Qualitätssicherung: Er erkennt Fremdkörper an ihrer Farbe und entfernt sie durch einen Druckluftstrahl. 

Im Nebenraum stehen zwei Ölpressen, die für die Erzeugung von Raps- und Leindotteröl eingesetzt werden. Der proteinreiche Ölkuchen, der als Nebenprodukt anfällt, wird als Tierfutter verwertet. 

Neue Flocken-Anlage verspricht neue Dimension

Aktuell produziert LFM jährlich Ware mit einem Volumen von 1.000 Tonnen. „Bis 2030 wollen wir 10.000 Tonnen erreichen“, so die Geschäftsführerin. Die Kapazität nehme kontinuierlich zu. „Wir müssen unsere Landwirte bremsen, damit wir am Ende nicht mehr haben, als wir brauchen.“ Teure Vorratslagerung will das Unternehmen so weit wie möglich vermeiden. 

Die große anvisierte Menge ist vor allem auf ein kapitalintensives Investitionsprojekt zurückzuführen: eine neue Produktionsanlage für die Flocken-Herstellung, mit der die Sparte ausgebaut werden soll. Bisher wird die Flockenverarbeitung noch von externen Partnern übernommen. Jetzt hat ‚Land, Farm & Men‘ den Zuschlag für die Unterstützung der EU im Rahmen des Programms für Ernährungssouveränität bekommen, sodass die Umsetzung des Bauprojekts möglich ist. 

Aufbruch in den Mainstream

„Unsere ersten Abnehmer waren Bioläden“, erzählt Coupienne. Daneben beliefert das Unternehmen inzwischen aber auch den Lebensmitteleinzelhandel sowie Bäckereien und die Lebensmittelindustrie mit Bulkware. Mit der neuen Flockenanlage sind nun perspektivisch Verträge mit großen Supermarktketten wie Carrefour geplant. „Während Corona haben sie gesehen, wie fragil die Versorgungssicherheit ist, wenn man sich zu sehr auf Importware verlässt“, erklärt die Unternehmerin. Deshalb stehen die Handelshäuser hinter der Mission des regionalen Anbaus von ‚Land, Farm & Men‘. 

In Deutschland arbeitet der Hersteller bereits mit Rohstoffkunden zusammen. „Wir haben zu viel Hafer – und im deutschen Markt gibt es eine große Nachfrage nach Haferprodukten, Müsli und Flocken“, so Coupienne. Mit der eigenen Marke einen Fuß in die Tür des LEHs zu bekommen, bleibe allerdings schwierig. Graines de Curieux ist dafür auf der Suche nach einem geeigneten Distributeur. 

Auch wenn die Erzeugung vor Ort mehr kostet als in anderen Regionen der Welt und es teurere Qualitätsprodukte im Moment – angesichts der Inflation und preissensibler Konsumenten – nicht leicht haben: Isabelle Coupienne ist vom Modell ihres Unternehmens überzeugt. „Die Produktion zu relokalisieren ist ein wichtiger Teil eines zukunftsfähigen Ernährungssystems.“

Lena Renner

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