100 Prozent Bio
Solidarität für Sri Lanka
Internationale Bio-Bewegung unterstützt Engagement des Inselstaats

Sri Lanka will auf 100 Prozent biologischen Landbau umstellen. Mit einer Verordnung hat Präsident Gotabaya Rajapaksa im Mai das ehrgeizige Ziel für sein Land vorgegeben. In einem internationalen Webinar, organisiert vom Lanka Organic Agriculture Movement (LOAM), IFOAM und weiteren Bio-Allianzen, sprach die globale Bio-Gemeinschaft Sri Lanka gestern ihre Unterstützung aus.
„Wir müssen weg von schädlichen chemischen Düngern und hin zu moderner Technologie, um mit Hilfe des Ökolandbaus eine gesunde Gesellschaft zu schaffen“, sagte Shashindra Rajapaksa, der für Bio-Lebensmittel und High-Tech-Landwirtschaft zuständige Staatsminister Sri Lankas. In den nächsten zehn Jahren solle der Traum von einem 100 Prozent biologischen Sri Lanka erfüllt werden.
Vandana Shiva, Gründerin der indischen NGO Navdanya, die sich für Biodiversität und Ökolandbau stark macht, brachte ihre Begeisterung über die „fantastische Entscheidung“ zum Ausdruck. „Das ist die Antwort auf den Klimawandel!“, ist sie überzeugt. Sri Lanka könne sich dadurch gleichzeitig aus der Abhängigkeit von Importen befreien, dem Artensterben und dem Rückgang kleiner bäuerlicher Betriebe entgegentreten und für eine nachhaltige und gesunde Gesellschaft sorgen.
Die Agrochemie-Lobby schwächen
„Für 50 Prozent der Treibhausgase ist die industrielle Landwirtschaft global verantwortlich“, betonte Shiva. Außerdem seien im Fall von Indien 53 neue Schädlingsarten erst durch chemische Dünger gebracht worden, welche die Pflanzen schwächten und den Bodenorganismus töteten. Auch die Produktivität und die Qualität der Lebensmittel würden dadurch beeinträchtigt. „Die Erde verliert, die Landwirte verlieren, die Konsumenten verlieren – nur das Giftkartell gewinnt!“ Jetzt müssten andere Regierungen folgen und der Agrochemie-Lobby ihre Grundlage entziehen.
Bio zur Politk machen
Auch Hans Herren, Präsident des Millenium Institutes, beklagte, wie die mächtige Lobby der Agrarwirtschaft den notwendigen Systemwandel verhindere. Dass billiges Essen und Profit über alles gestellt werde, sei Ursache des Problems. Kurzfristiges Denken und übermäßige Exportorientierung müssten endlich ein Ende haben. „Wir haben uns von den Dienstleistungen wegbewegt, welche die Natur uns bietet“, bedauerte er. Umso wichtiger, dass unter den Verantwortlichen langsam ein Umdenken stattfinde. Gesunde Ernährung sei ein Bürgerrecht und die Regierung müsse dafür handeln – nicht der Privatsektor. „Machen wir Bio zur Politik!“, rief er auf.
Gesunde Böden für gesunde Ernten
Auf die Wichtigkeit gesunder Böden im Klimawandel ging Ranil Senanayake, Gründer des Internationalen Netzwerks für Analoge Forstwirtschaft, verstärkt ein. Millionen Bakterien und Mikroorganismen machten den Wert des Bodens aus. Durch vermehrtes Extremwetter und Temperaturen von über 39 Grad in mehreren Regionen werde die landwirtschaftliche Produktivität sinken, Pflanzen und Regenwürmer würden sterben und Hungersnöte die Folge sein. Auch die externe Energie der konventionellen Landwirtschaft zerstöre Biomasse, Böden und Biodiversität.
„Aber wir können die Böden wieder aufbauen und Leben zurückbringen“, meinte er. Bäume reinigten das Grundwasser, Pflanzen veränderten durch ihre Wurzeln die Bodenqualität und kühlten ihre Umgebungsluft durch Transpiration. Daher sei es etwa eine gute Idee, Bäume als kühlende Elemente um Felder herum zu platzieren. „Wenn wir bei Monokulturen bleiben, wird biologische Landwirtschaft alleine nicht ausreichen“, warnte er. „Wir brauchen ein neues Design der Landwirtschaft!“
Andre Leu, der das Netzwerk ‚Regeneration International‘ leitet, untermauerte die These der höheren Erträge im Ökolandbau. Mit Hilfe von ‚Biologically Enhanced Agricultural Management‘ (Biologisch verbessertes landwirtschaftliches Management) sei es australischen Landwirten gelungen, die Bodengesundheit zu erhöhen und ihre Ernteerträge zu verdoppeln. Eine bessere Reis-Ernte lieferte auch das in Madagaskar entwickelte ‚System of Rice Intensification‘, bei dem viel Rücksicht auf das Wurzelwachstum genommen wird.
Mit Unterstützung zum Ziel
„Indem wir die organische Bodensubstanz erhöhen, erhöhen wir auch Stabilität, mikrobielle Aktivität und Wasseraufnahme“, erklärte Leu. Der Boden erodiere nicht, die Nährstoffe würden nicht weggewaschen und das Wasser könne effizienter genutzt werden. „Die Verordnung des Präsidenten kann umgesetzt werden!“, ist er überzeugt. Sri Lanka werde dadurch seine Landwirtschaft resilienter machen, höhere Erträge erzielen, Biodiversität zurückbringen und das Einkommen der Landwirte verbessern.
Am Ende der Veranstaltung richteten sich viele internationale Bio-Organisationen mit solidarischen Botschaften an Sri Lanka. „Unsere Unterstützung ist nicht nur formal“, betonte Salvadore Basile, Vizepräsident der Global Alliance of Organic Districts (GAOD). Man werde helfen wo immer nötig und die eigenen Erfahrungen gerne teilen. Miyoshi Satoko bedankte sich im Namen von ALGOA (Asian Local Governments for Organic Agriculture) für die Ermutigung für andere Regierungen und blickte zuversichtlich auf Sri Lankas Ziel. „Mit starken Partnerschaften können wir es schaffen.“
Lena Renner