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Claus-Gruppe weiter im Wandel

Ein Großhändler, vier Länder und ein expandierendes Vertriebs- und Servicenetzwerk

Claus-Gruppe weiter im Wandel © Claus GmbH
Das Großhandelslager umfasst 12.000 Quadratmeter und bietet in großzügigen Büros ökologisch ausgerichtete Arbeitsplätze für alle Abteilungen.

Das Familien-Unternehmen Claus, vor fast 60 Jahren gegründet, hat auch in den letzten Jahren wieder viele Herausforderungen gemeistert: Nach der Umstellung auf ein neues Lagerverwaltungssystem und der Übernahme eines Reformwarengroßhändlers Ende 2019 mussten 2020 alle Ressourcen mobilisiert werden, um den Anforderungen der Corona-Krise zu begegnen.

Deutschland, Frankreich, Österreich und die Schweiz – das sind die Länder, in die das Familienunternehmen Claus aus Baden-Baden den größten Teil seiner Waren liefert. Hier agiert es als Mittler zwischen den europäischen Handelswelten und als Service-Vollanbieter für Logistik, Produkteinführung und Produktmarketing.

Die Unternehmensgruppe besteht aus der Claus Reformwaren Service Team GmbH, der Pural Vertriebs GmbH, der französischen Pur Aliment S.A.R.L. und der Schweizer Phag GmbH. Aktuell erzielt die Claus-Gruppe einen Jahresumsatz von 200 Millionen Euro und sie beschäftigt rund 480 Mitarbeiter.

Ein Vollsortimenter für Reformhäuser und den Naturkostfachhandel

Das Sortiment von Claus besteht aus über 400 Marken und etwa 22.000 Produkten. Entsprechend der internationalen Ausrichtung werden manche der Marken auch mehrfach betreut. Schwerpunkte des Sortiments liegen auf veganen und/oder glutenfreien Produkten und Rohkostprodukten aus verschiedensten Warengruppen. Über 5.500 vegane Produkte gibt es im Frische- und im Trockensortiment, mehr als 1.000 Produkte sind mit dem Zeichen der Deutschen Zöliakie Gesellschaft als glutenfrei gekennzeichnet. Auch Nahrungsergänzungsmittel zählen zu den zentralen Produktgruppen, genauso Kosmetik.

Zirka 50 eigene LKWs verteilen die Waren europaweit, als Verteilplattformen dienen zusätzlich zum großen Lager in Baden-Baden die Standorte Fürstenfeldbruck, Dortmund und das südhessische Stockstadt. In diesen drei Standorten sind vor allem Schnelldreher und regionale Produkte gelagert. Sie werden üblicherweise mit den Vollsortiment-Lieferungen aus Baden-Baden zusammengeführt.

Um die Kunden auch mit Obst und Gemüse versorgen zu können, gibt es eine Kooperation im Bereich Frische mit dem Handelskontor Willmann. Dazu kommt seit zwei Jahren eine Zusammenarbeit auf Logistikebene mit dem Naturkost-Großhändler Bodan. Während Bodan für die Claus-Gruppe Ware in Südtirol mit ausliefert, übernimmt Claus die Auslieferung für Bodan an dessen Kunden in Österreich.

40 Prozent der Waren gehen nach Frankreich

Ungefähr 12.000 Quadratmeter umfasst die 2018 mit einem Neubau erweiterte Lagerfläche in Baden-Baden. Eine der Hallen dort nennt der Gründer Heinz Claus einfach nur die ‚Frankreich-Halle‘. Die hier lagernden Produkte fallen auf den ersten Blick durch ihre französischsprachigen Beschriftungen auf – damit zeigt Claus auch seine Wertschätzung den französischen Kunden gegenüber.

Immerhin 40 Prozent der umgeschlagenen Waren gehen an die über 2.000 Kunden nach Frankreich. 150 der Mitarbeiter bei Claus sind Franzosen.  Zweisprachigkeit ist hier die Regel, über die Schreibtische hinweg unterhält man sich in verschiedenen Sprachen. Heinz Claus genießt die kulturelle Vielfältigkeit und ist darauf genauso stolz wie auf die vielen Auszubildenden. In fünf verschiedenen Ausbildungsgängen können sie hier ihren beruflichen Weg im Unternehmen beginnen.

Insgesamt sind es etwa 7.000 Kunden, die Claus bedient oder wie Heinz Claus es ausdrückt: „Wir haben die Eier in unglaublich vielen Nestern.“ Dies mache zwar viel Arbeit, schaffe jedoch auf Dauer große Unabhängigkeit.
Zu den kleineren Lagern in Fürstenfeldbruck mit 4.500 Quadratmetern und in Dortmund mit 2.500 Quadratmetern ist Ende 2019 ein weiteres Lager dazu gekommen. Durch die Eingliederung der Rhein-Main-Reformwaren in Stockstadt in die Claus-Gruppe stehen dort weitere 3.700 Quadratmeter Lagerfläche zur Verfügung.

Vertriebsweg LEH durch Rhein-Main-Reformwaren ausgebaut

Da die Rhein-Main-Reformwaren neben Reformhäusern und Naturkostfachgeschäften auch den LEH belieferte, hat Claus mit deren Integration seinen Vertrieb auf ein wichtiges zukunftsweisendes Feld erweitert. Speziell für diesen Vertriebsweg wurde ein Webshop mit den für den LEH freigegebenen Produkten eingerichtet.
Ulrike Claus betont: „Wir unterstützen die Marken, mit denen wir eine aktive Vereinbarung für diesen Vertriebsweg haben.“ Die Betreuung dieser Kunden erfolge in Zusammenarbeit mit Handelsagenturen.

Transparenz groß geschrieben –gerade zu Corona-Zeiten

Transparenz wird großgeschrieben bei der Claus Reformwaren GmbH. Auch zu Zeiten der völlig unvorhersehbaren Anforderungen der Corona-Pandemie wurden die Kunden regelmäßig über wichtige Informationen auf dem Laufenden gehalten. Das Unternehmen war auch deshalb besonders stark betroffen, weil 40 Prozent der Mitarbeiter in Baden-Baden üblicherweise jeden Tag aus Frankreich pendeln.

Das Familienunternehmen Claus wird repräsentiert von zwei Generationen. Bild Mitte: die Gründer Heinz und Sonja Claus, rechts Tochter Beate und Ehemann Christoph Scharfenberg, links die Geschäftsführerin Ulrike Claus mit Ehemann Fritz Großholz.

Ulrike Claus erinnert sich mit Schrecken an die schlimmsten Zeiten: „Die Kollegen standen teilweise jeden Tag stundenlang an der Grenze, mussten Kontrollen über sich ergehen lassen oder konnten gar nicht mehr kommen. Zusätzlich hatten viele Familien plötzlich keine Kinderbetreuung mehr.“
Es wurden Home-Office-Möglichkeiten eingerichtet, Wochenendschichten an-gesetzt und vorübergehend Werkstudenten und Zeitarbeitskräfte eingestellt. Die Belastung durch Personalkosten verdoppelte sich entsprechend. Außendienstmitarbeiter betreuten die Kunden nur noch telefonisch.

Neben der schwierigen Personalsituation seien auch die Probleme bei der Warenbeschaffung sehr belastend gewesen. In Zeiten von Corona hätten die Menschen sich mehr mit dem Thema gesunde Ernährung beschäftigt und auch wieder viel mehr selbst gekocht – was zu einer stark erhöhten Nachfrage nach Bio-Produkten führte.

Stark gestiegene Nachfrage nach Bio-Produkten

Schon am Anfang der Pandemie stieg bei Claus Reformwaren die Auslastung der Logistik enorm: Es fielen 32 Prozent mehr Paletten an, 53 Prozent mehr an Gewicht, und eine Steigerung von 40 Prozent bei der Warenanlieferung, sowie 10 bis 15 mehr Waren-Abholungen bei den Lieferanten pro Woche. Es gab Lieferengpässe, hauptsächlich bei Getreide, Getreideprodukten, Nudeln, Reis, Manuka-Honigen, Backmischungen, Konserven, Desinfektionsmittel, Handseifen, Hefe und natürlich beim Toilettenpapier. In der Corona-Zeit stieg die Nachfrage zeitweise um ein Viertel und es konnte ein Umsatzplus von zirka 35 Prozent verzeichnet werden.

Bei einigen Markenprodukten mit besonders starker Nachfrage führte dies zu Lücken in der Auslieferung. Top-Seller mussten kontingentiert werden. Vor allem durch eine Aufstockung der Lagervorräte habe Claus Reformwaren inzwischen wieder einen Stand erreicht, bei dem sie den Bestellungen gerecht werden konnten.

Am Ende ist sich Ulrike Claus vor allem bei einer Sache sicher: „Es hat sich gezeigt, dass wir bisher in der Lage waren, die Herausforderungen der Pandemie zu meistern. Wir haben viel dazu gelernt und hoffen, dass wir auch weitere künftige Auswirkungen bewältigen können.“

Elke Reinecke

 

Claus Reformwaren von 1964 bis heute
1964: Gründung von Claus Reformwaren durch Heinz und Sonja Claus
1991: Claus engagiert sich beim österreichischen Großhändler Bio-Vollwert
1992: Übernahme von Pur Aliment S.A.R.L.in Frankreich 
1994: Übernahme des Schweizer Großhändlers PHAG GmbH
1996: Gründung der Pural Vertriebs GmbH
1999: Erweiterung der Vertriebsstrukturen auf den Naturkostfachhandel
2002: Die Pural Vertriebs GmbH geht zu 100 Prozent an Ulrike Claus über
2009: Claus übernimmt die Firma Richter in Gilching (2014 Neubau und Umzug nach Fürstenfeldbruck)
2012: Claus übernimmt die Firma Kirchner in Dortmund
2018: Übernahme der Bestellannahme und Auslieferung aller Großhandelswaren des Reformwarenhändlers Bösen
2019: Übernahme der Rhein-Main-Reformwaren Kraushaar in Stockstadt
Eigene Marken: Bio-Label Pural und Naturkosmetikmarke eubiona
Exklusivmarke Organyc (Damenhygieneartikel aus 100% Bio-Baumwolle)
Während Beate Scharfenberg die Geschäfte im österreichischen und Schweizer Markt mitführt, ist ihre Schwester Ulrike Claus als Geschäftsführerin der Pural Vertriebs GmbH, der Claus Reformwaren Service Team GmbH und der Pur Aliment S.A.R.L. für den deutschen und französischen Markt verantwortlich. Firmengründer Heinz Claus, inzwischen über 80 Jahre alt, ist immer noch regelmäßig im Unternehmen anzutreffen und ist stolz, die meisten Mitarbeiter persönlich zu kennen. Auf das große Familienfoto in seinem Büro legt er besonderen Wert. Schon heute freut er sich darauf, dass auch seine Enkel mithelfen werden, die Firma weiter voranzubringen.
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