Square & Fair Table
Vom Rollcontainer in die Regale
Vierter Donnerstag-Talk im bioPress Square & Fair Table, jede Woche ab 15 Uhr
Rund ums Thema Logistik drehte sich der gestrige bioPress Donnerstag-Talk. Interessenten sprachen darüber, wie Bio-Großhändler Deutschland versorgen können und wie Kaufleute und Hersteller sich zusammenbringen lassen. Außerdem erhielten sie Einblicke in die nachhaltige Ummantelung von Rollcontainern.
Um die 70.000 Lebensmittel-Verkaufsstellen gebe es in Deutschland, sagte bioPress Herausgeber Erich Margrander zu Beginn des Talks. „Wie können sie alle mit Bio beliefert werden?“
„Die Einzelhändler suchen sich in der Regel einen Hauptgroßhändler aus und ergänzen den dann durch regionale", erklärte Sonja Schreyögg vom bayerischen Bio-Großhändler Ökoring. Bundesweit sehr präsent seien etwa dennree und Weiling.
Dazu kämen noch Streckenlieferanten, ergänzte Margrander. Der bekannte Kaufmann Jörg Hieber etwa hätte seine Warenwirtschaft unabhängig von der Vorstufe und beziehe einen Großteil seiner Produkte über Hunderte von Direktlieferanten. Ein anspruchsvoller Inhaber, der viel auf Kundenwünsche eingehe, müsse sich auch viel auf Strecke liefern lassen – oder einen Bio-Großhändler haben, der liefert.
Kulturstreit oder Bio für alle?
Viele Bio-Großhändler aber belieferten Kaufleute nicht und stünden so deren Bestreben, Kundenwünsche zu erfüllen, entgegen. Es sei schade, diesen Kulturstreit zu erleben, der die Entwicklung von Bio ausbremse. „Wir würden uns zumindest bei den regionalen Großhändlern mehr Toleranz wünschen“, so Margrander. Würde Ökoring auch bei einem Edeka-Kaufmann Halt machen?
„Für eine Zusammenarbeit wäre uns wichtig zu sehen, dass der Kaufmann auch wirklich hinter den Werten von Bio steht“, stellte Schreyögg klar. Greenwashing wolle man nicht unterstützen. Deshalb sei Ökoring ein Großhändler für den Fachhandel und nicht für Konventionelle.
„Aber können Kaufleute etwas dafür, wo sie herkommen?“, warf Margrander ein. Sollte Neugierde an Bio nicht ausreichend sein und auch belohnt werden? Aldi sei mittlerweile mit 1,4 Milliarden Bio-Umsatz der größte Biohändler in Deutschland geworden. Obwohl er mit den Werten von Bio nicht viel am Hut habe, sorge er so dafür, dass viele Bio-Bauern von ihren Produkten leben können.
Eine internationale Perspektive brachte Martin Schröck von der ICE, Italienische Agentur für Außenhandel, in das Gespräch ein. Er unterstützt italienische Firmen dabei, Bio-Produkte in deutsche Regale zu bringen. „Deutschland ist in Italien Zielhandelspartner Nummer 1“, erzählte er. Es gebe in Deutschland aber auch schon viele italienische Produkte.
Kaufleute und Hersteller zusammenbringen
Margrander verwies in diesem Kontext auf sein Projekt bioVollsortiment.de. Die Plattform listet mittlerweile 20.000 bis 30.000 Bio-Produkte von rund 470 Marken und knapp 400 Herstellern. Kaufleute sollen darüber in die Lage versetzt werden, zu sehen, wer ihnen was liefern kann, ihr Sortiment auszuweiten und zu spezialisieren. Außerdem sollen Hemmnisse überwunden und die Produzenten näher an die Verbraucher gebracht werden.
Wie die Lieferung nachhaltiger werden kann, erklärte Jürgen Eberle aus Bodnegg bei Ravensburg. Er hat die RolliCoat GmbH gegründet, die sich der nachhaltigen Ummantelung von Rollcontainern verschrieben hat. Dafür hat das Start-up ein Textilgewebe aus 100 Prozent Recycling entwickelt, das gewaschen und wiederverwendet werden kann und so den enormen Abfallberg an Stretchfolie, der normalerweise bei der Umwickelung von Rollcontainern anfällt, einsparen soll. Seit 2017 habe man den RolliCoat im eigenen Käse-Großhandel im Test, erzählte Eberle. Heute seien dort bereits 100 Stück täglich im Einsatz.
Ökoring-Vertreterin Schreyögg ist interessiert an der Innovation. Ein Plus neben der Abfallvermeidung wäre es, wenn der Mantel zusätzlich thermische Eigenschaften hätte, überlegte sie. Schließlich könne die Kühlkette oft nicht über alle Transportschritte hinweg gewährleistet werden.
Auch Margrander zeigte sich angetan. Er erinnerte sich, wie seit Mitte der 90er Jahre die Holzkisten nach und nach durch Plastik ersetzt wurden, die heute in der ganzen Biobranche gang und gäbe seien. „Wenn man Plastik einsparen kann, ist das super!“
Lena Renner